Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.
Songs from Rilke's Book of Hours
Song Cycle by Raymond Murray Schafer (b. 1933)
1. Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 2, first published 1905
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- ENG English (Walter A. Aue) , "I'm living my life in spiraling gyres", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Je vis ma vie en cercles croissants", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 157.
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2. Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden  [sung text not yet checked]
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden, in welchen meine Sinne sich vertiefen; in ihnen hab ich, wie in alten Briefen, mein täglich Leben schon gelebt gefunden und wie Legende weit und überwunden. Aus ihnen kommt mir Wissen, daß ich Raum zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe. Und manchmal bin ich wie der Baum, der, reif und rauschend, über einem Grabe den Traum erfüllt, den der vergangne Knabe (um den sich seine warmen Wurzeln drängen) verlor in Traurigkeiten und Gesängen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 5, first published 1905
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "J'aime les heures obscures de mon être", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 158.
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3. Du, Nachbar Gott  [sung text not yet checked]
Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manchesmal in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, - so ists, weil ich dich selten atmen höre und weiß: Du bist allein im Saal. Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da, um deinem Tasten einen Trank zu reichen: Ich horche immer. Gieb ein kleines Zeichen. Ich bin ganz nah. Nur eine schmale Wand ist zwischen uns, durch Zufall; denn es könnte sein: ein Rufen deines oder meines Munds - und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut. Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut. Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen. Und wenn einmal in mir das Licht entbrennt, mit welchem meine Tiefe dich erkennt, vergeudet sichs als Glanz auf ihren Rahmen. Und meine Sinne, welche schnell erlahmen, sind ohne Heimat und von dir getrennt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Du, Nachbar Gott", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 6, first published 1905
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 159.
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4. Was wirst du tun  [sung text not yet checked]
Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe? Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?) Ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?) Bin dein Gewand und dein Gewerbe mit mir verlierst du deinen Sinn. Nach mir hast du kein Haus, darin dich Worte, nah und warm, begrüssen. Es fällt von deinen müden Füssen die Samtsandale, die ich bin. Dein großer Mantel läßt dich los. Dein Blick, den ich mit meiner Wange warm, wie mit einem Pfühl, empfange, wird kommen, wird mich suchen, lange -- und legt beim Sonnenuntergange sich fremden Steinen in den Schoss. Was wirst du tun, Gott? Ich bin bange.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 36, first published 1905
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Que feras-tu, Dieu, quand je mourrai", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
5. Ich verrinne  [sung text not yet checked]
Ich verrinne, ich verrinne wie Sand, der durch Finger rinnt. Ich habe auf einmal so viele Sinne, die alle anders durstig sind. Ich fühle mich an hundert Stellen schwellen und schmerzen. Aber am meisten mitten im Herzen. Ich möchte sterben. Lass mich allein. Ich glaube, es wird mir gelingen, so bange zu sein, dass mir die Pulse zerspringen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Stimme eines jungen Bruders", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 23, first published 1905
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Das waren Tage Michelangelo's  [sung text not yet checked]
Das waren Tage Michelangelo's, von denen ich in fremden Büchern las. Das war der Mann, der über einem Maß, gigantengroß, die Unermesslichkeit vergaß. Das war der Mann, der immer wiederkehrt, wenn eine Zeit noch einmal ihren Wert, da sie sich enden will, zusammenfasst. Da hebt noch einer ihre ganze Last und wirft sie in den Abgrund seiner Brust. Die vor ihm hatten Leid und Lust; er aber fühlt nur noch des Lebens Masse und dass er Alles wie ein Ding umfasse, - nur Gott bleibt über seinem Willen weit: da liebt er ihn mit seinem hohen Hasse für diese Unerreichbarkeit.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das waren Tage Michelangelo's", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 29, first published 1905
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