by Eduard Mörike (1804 - 1875)
Aus der Ferne
Language: German (Deutsch)
Our translations: FRE
Weht, o wehet, liebe Morgenwinde! Tragt ein Wort der Liebe hin und wieder! Er: Vor der Stadt, wo du hinausgeritten, Auf dem Maultier, du mit den Begleitern, - Stund um Stunde sitz ich dort in Trauer, Wie ein scheuer Geist am hellen Tage. Sie: Weder Freude hab ich, die mich freute, Weder Kummer, der mir nahe ginge, Als nur jene, daß du mein gedenkest, Als nur diesen, daß ich dich nicht habe. Er: Ist ein Stein, darauf dein Fuß getreten, Fliegt ein Vogel, der vielleicht dich kennte, Jedem Höckenweibe möcht ichs sagen, Laut am offnen Markte könnt ich weinen. Weht, o wehet, liebe Morgenwinde! Tragt ein Wort der Liebe hin und wieder! Er: Sollt ich Trost bei den Genossen suchen? Noch kein Fröhlicher hat wahr getröstet. Sie: Kann ich Meinesgleichen mich vertrauen? Halb mit Neid beklagten sie mich Arme. Er: In der Halle, wo sie abends trinken, Sang ein hübsches Mädchen zu der Harfe; Ich kam nicht zur Halle, saß alleine, Wie ein kranker Sperber auf der Stange. Sie: Auf den Altan zogen mich die Mädchen: "Komm, die schönen Jünglinge zu sehen, Die vorüberziehn im Waffenschmucke." Ungern folgt ich, mit verdroßnen Augen. Weht, o wehet, liebe Morgenwinde! Tragt ein Wort der Liebe hin und wieder! Er: Die Korallenschnur von deinem Halse, Die du noch zum Abschied mir gegeben, Tausendmal am langen Tage drück ich, Tausendmal bei Nacht sie an den Busen. Sie: Dieses Balsamfläschchen an der Kette, Weg muß ichs von meinem Herzen nehmen, Mich befängt ein Liebeszauberschwindel, Wohlgeruch der Liebe will mich töten. Er: Eine Nacht, ach, hielt ich dich im Arme, Unter Küssen dich auf meinem Schoße; Ein Jasminzweig blühte dir im Haare, Kühle Lüfte kamen durch das Fenster. Sie: Heut im Bette, früh, es dämmert? eben, Lag ich in Gedanken an den Liebsten: Unwillkürlich küßt ich, wie du küssest, Meinen Arm, und mußte bitter weinen. Still, o stille nun, ihr Morgenwinde! Wehet morgen in der Frühe wieder!
View text with all available footnotes
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
Text Authorship:
- by Eduard Mörike (1804 - 1875), "Aus der Ferne" [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hans Huber (1852 - 1921), "Aus der Ferne ", op. 58 (Fünf Gesänge für 2 Stimme mit Pianofortebegleitung) no. 5, published 1881 [ vocal duet with piano ], Leipzig, Breitkopf & Härtel [sung text not yet checked]
- by Robert Kahn (1865 - 1951), "Aus der Ferne", op. 10 (Zwei Gesänge für Solostimmen, vierstimmigen Frauenchor und Orchester oder Pianoforte) no. 2, published 1891 [ voice, women's chorus, and orchestra or piano ] [sung text not yet checked]
- by Othmar Schoeck (1886 - 1957), "Aus der Ferne", op. 62 no. 17 (1948-9) [ voice and piano ], from Das holde Bescheiden: Lieder und Gesänge nach Gedichten von Eduard Mörike, no. 17, Wien: Universal Edition [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "À distance", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2005-07-17
Line count: 59
Word count: 308