by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826)
Weihe der Schönheit
Language: German (Deutsch)
Die Schönheit ist des Guten Hülle; Der Schönheit wollen wir uns freun, Und bei der schönen Gaben Fülle Nicht Menschen nur auch menschlich sein. Du, Blume, sollst uns kränzen; Du, edler Wein, uns glänzen! Schenk' ein, o Mädchen! Schall', o Chor! Das schone Mädchen singt uns vor! Ich schenk' in hellgeschlissne Becher Euch gern den edlen Feiertrank; Als weise Trinker, nicht als Zecher, Genießt ihr menschlich mit Gesang. Die Seele schweb' erhaben Zum Geber aller Gaben, Der uns dies schöne Paradies Mit Menschensinn bewohnen hieß! In tausendfacher Schönheit pranget Nicht Blume nur, auch Blüthenbaum, Auch Frucht und Traube; daß verlanget Der Geist und nicht allein der Saum. Es blühe nicht vergebens Die Blum' auch unsres Lebens! Des Blattes schöne Raupe kreucht, Entschläft, wird schöner Sylph', und steigt! Wo ist er, der uns Menschen wieder Als Waldgeschlecht nur weiden heißt, Ohn' einmal aufzuschaun, wer nieder Vom schönen Baum die Eichel geußt? Sein Herz erfreute nimmer Der Blume Duft und Schimmer ; Sein Ohr, zu fühllos für Gesang, Vernahm nur Golds- und Schellenklang! Die Harmonie gemeßner Rede Rief Waldgeschlecht, zu baun das Feld ; Die Harmonie entschied die Fehde Dem Volk, das Dorf und Stadt gesellt. Durch Lieder lehrt' Erfahrung, Und Gottes Offenbarung; In Liedern trug der fromme Chor Der Erstlingsopfer Dank empor. Der Menschenrede Reiz und Klarheit Erhob des Denkers kühnern Flug: Von Wahrheit flog er auf zu Wahrheit, Und sah herab auf Wahn und Trug. Doch niemals lockt er Hörer, Der hohen Weisheit Lehrer; Ward nicht in schöner Rede Bild Ihr Götterstrahl sanft eingehüllt? Der Weise lehrt das Herz der Menge Sich edler Menschlichkeit erfreun; Ihm ward's durch Red' und Gesänge Ein Volksverschönerer zu sein. Wenn gleich durch Zwang gelähmet, Sein armes Volk sich grämet; Durch ihn an Geist und Sinn geklärt, Erhebt sich's einst der Freiheit werth. Nicht fröhnet, niedres Geizes Diener, Der freie Geist nur Brot zu baun; Geweiht der Schönheit, strebt er kühner Aus unsrer Sklavenzeiten Graun. Ihm tanzt der Musen Reihen Mit Grazien im Freien Und hoch entzückt ein Grieche schon, Bemerkt er weder Dank noch Hohn.
H. Nägeli sets stanzas 1-2, 5-6
Authorship:
- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Weihe der Schönheit", appears in Oden und Lieder [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hans Georg Nägeli (1773 - 1836), "Weihe der Schönheit", published 1817, stanzas 1-2,5-6 [ men's chorus ], from XXXVI Lieder und Rundgesänge für den Männerchor, no. 15, Zürich, bey Hans Georg Nägeli; confirmed with Gesangbildungslehre für das Männerchore: Chorgesangschule (Zürich: bei H. G. Nägeli, 1821) [sung text checked 1 time]
- by Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814), "Weihe der Schönheit", published 1795 [ voice and piano ], in Die Horen eine Monatsschrift herausgegeben von [Fr.] Schiller, Tübingen in der Cottaischen Buchhandlung [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2010-06-22
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