Maria kam auf ihrer Flucht'gen Mittag in ein ödes Tal, Da war kein Baum mit Laub und Frucht, der Rasen dürr, die Felsen kahl, Und sengend fiel der Mittagsstrahl. Es schmachten Kind und Mutter sehr, Sie schaut nach einem Quell umher, Jedoch umsonst, kein Quell, kein Tau Tränkt dieses Tal, so nachkt und rauh. Das schmerzt die Frau der Lieb' und Huld, Das Knäblein trug es mit Geduld. Jetzt kommt ein Mägdlein wohl gemut Mit Milch daher, ein junges Blut, Zwar gelb und häßlich von Gesicht, Doch klingt gar lieblich, was es spricht. Es nimmt herab den Topf geschwind Und bietet ihn der Jungfrau an Und freut sich, daß es geben kann: »Heil, Mutter, dir! Und dreimal Glück dir und dem Kind! Ich trüg' es gern nur einen einz'gen Augenblick; So schön ist nicht Der Morgenstern!« Die Mutter legt von ihrer Brust Den Knaben in des Mägdleins Arm; Die Maid ihn herzt mit frommer Lust, Sie küßt sein Mündlein, rot und warm, Und wünscht der Mutter nochmals Glück! Und geht und blickt noch oft zurück. Und als sie kommt mit frohem Sinn zu ihrer Hütte still und klein, Da tritt sie an den Brunnen fein Und wäscht von Staub das Antlitz rein. Jedoch ein fremdes schönes Bild Strahlt aus dem Wasser klar und mild. Sie teilt das Wasser mit der Hand, Das Bild kommt wieder, wie's verschwand, Sie lacht es an, es lacht sie an, Sie ist es selbst, es ist kein Wahn. Vom Kuß des Knäbchens kam alsbald Ihr diese himmlishce Gestalt. Doch quillt ihr in dem Busen auch Ein Sehnen, wie beim Frühlingshauch, Und Alles ist ihr fremd, als wär Die Erd' nicht ihre Heimat' mehr!
Legende, Heft IV , opus 36
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Maria und das Milchmädchen  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Authorship:
- by Aloys Wilhelm Schreiber (1761 - 1841)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Sankt Mariens Ritter  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
"Jung stritt ich einst um Accons Schloß; Und wenn ich froh bestieg mein Roß, Mit Inbrunst blick' ich da empor, Und aus den Lippen quoll hervor: Ave Maria! Ave Maria! Ich stritt in Manneskraft und alt Wo breiten Stroms die Weichsel wallt; Und zog ich aus, kam aus der Schlacht, Dann hab' ich still gefleht, gedacht: Ave Maria, Ave Maria! Nun traf mich hier der Todespfeil, Mein Lebensblut entfließt in Eil: Dein Ritter, end' ich meinen Lauf, Du Heil'ge hilf hinauf, hinauf! Ave Maria, Ave Maria!" Er hüllt sich in den Mantel ein, Und in der Abendröte Schein Entflieht die Seele, friedlich hallt Sanft Abendläuten durch den Wald; Ave Maria; Ave Maria! Und wo des Ritters Grab gemacht, Wächst eine Blume über Nacht, In deren Kelchen weiß und hold Geschrieben steht mit lichtem Gold: Ave Maria, Ave Maria!
Authorship:
- by (Heinrich) Ludwig Theodor Giesebrecht (1792 - 1873), appears in Gedichte, in 21. Buch der heiligen Jungfrau
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Il cavaliere di Santa Maria", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
3. Der ewige Jude  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Von des Hügels kahlem Rücken Wankt ein hagrer Greis herab, Wandelt fort mit stieren Blicken Über Bäche ohne Brücken; Nimmer ruht sein Wanderstab. Unter Bäumen sieht erblinken Einen Quell im Abendlicht, Aus der Quelle will ertrinken, In den Schatten will ersinken, Doch ihn treibet das Gericht. Eine Blume will erpflücken, Laben sich an ihrem Duft: Nieder kann er sich nicht bücken, An sein Herz kein Wesen drücken, Denn der Geist der Rache ruft. Unter abgestorb'nen Eiben Über Gräber geht sein Lauf: »Wird es mich denn ewig treiben, Darf ich auch bei euch nicht bleiben, Nimmt auch hier mich Keiner auf?« Und die alten Gräber dröhnen, Geisterstimme ruft ihm zu: »Gott läßt nimmer sich verhöhnen; Eile fort, ihn zu versöhnen, Störe nicht auch unsre Ruh!« Und er irrt mit scheuem Tritte Immer weiter ohne Plan, Und es suchen seine Schritte Keine Heimat, keine Hütte, Er gehöret Niemand an! Unter alten Zwillingseichen Sieht er jetzt ein Denkmal stehn. Weh', es ist des Mittlers Zeichen, Ängstlich will er ihm entweichen, Will ihn auch in Stein nicht sehn. Doch es drängt ihn, hin zu wallen Zu dem heil'gen Angesicht, Auf die Knie kann er fallen und mit schwacher Stimme lallen: »Floß für mich dein Blut denn nicht? Ach! In deiner Todesstunde Raubt' ich dir die kleine Rast, Mit der Frevler Schar im Bunde, Höhnt' ich dich aus frechem Munde Unter deines Kreuzes Last! Dein Gericht hat schwer getroffen; Ewig irrt mein Wanderstab Ohne Ruhe, ohne Hoffen. Ach! Kein Arm ist für mich offen, Und kein Himmel und kein Grab.« Sieben goldne Strahlen reihen Jetzt sich um des Mittlers Haupt: »Wer gefehlt hat, darf bereuen, Und mein Antlitz Keiner scheuen, Der mich liebt und an mich glaubt. Alle sind zu mir berufen, Alle durch des Vaters Huld; Hättest an des Kreuzes Stufen Früher du zu mir gerufen, Längst getilgt wär deine Schuld.« Und der Wandrer sieht die Wunden Und das Blut, das ewig wallt. Plötzlich ist sein Geist entschwunden, Und vom Leben losgebunden Kniet am Kreuze die Gestalt.
Authorship:
- by Aloys Wilhelm Schreiber (1761 - 1841)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]