Es waren einmal acht lustige Könige; die lebten. Sie hießen aber so und so. Wer heißt überhaupt? Man nennt ihn. Eines Tages aber sprachen die lustigen Könige zueinander, wie Könige zueinander sprechen. "Die Welt ist ohne Salz; laßt uns nach Salz gehen!" sagte der zweite. "Und wenn es Pfeffer wäre", meinte der sechste. "Wer weiß das Neue?" fragte der fünfte. "Ich!" rief der siebente. "Wie nennst du's?" fragte der erste. "Das Unterirdische", erwiderte der siebente, "das Links, das Rechts, das Dazwischen, das Nächtliche, die Quadrate des Unsinnlichen über den drei Seiten des Sinnlichen." "Und der Weg dazu?" fragte der achte. "Das einarmige Kreuz ohne Kopf mit der Basis über dem Winkel", sagte der siebente. "Also der Galgen!" sagte der vierte. "Esto", sprach der dritte. Und alle wiederholten: "Esto", das heißt "Jawohl". Und die acht lustigen Könige rafften ihre Gewänder und ließen sich von ihrem Narren hängen. Den Narren aber verschlang alsogleich der Geist der Vergessenheit. - [Betrachten wir den "Galgenberg" als ein Lugaus der Phantasie ins Rings. Im Rings befindet sich noch viel Stummes. Die Galgenpoesie ist ein Stück Weltanschauung. Es ist die skrupellose Freiheit des Ausgeschalteten, Entmaterialisierten, die sich in ihr ausspricht. Man weiß, was ein "mulus" ist: die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Schulbank und Universität. Nun wohl: ein Galgenbruder ist die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Mensch und Universum. Nichts weiter. Man sieht vom Galgenberg die Welt anders an, und man sieht andre Dinge als andre.]1
Galgenlieder , opus 5
by Eduard de Boer (b. 1957)
1. Wie die Galgenlieder entstanden  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), no title, from Die Galgenlieder, in Dem Kind im Manne, Teil 1
See other settings of this text.
View original text (without footnotes)1 omitted by Eckert. (requires confirmation)
2. Es pfeift der Wind
Language: German (Deutsch)
Es pfeift der Wind. Was pfeift er wohl? Eine tolle, närrische Weise. Er pfeift auf einem Schlüssel hohl, bald gellend und bald leise. Die Nacht weint ihm den Takt dazu mit schweren Regentropfen, die an der Fenster schwarze Ruh ohn End eintönig klopfen. Es pfeift der Wind. Es stöhnt und gellt. Die Hunde heulen im Hofe. - Er pfeift auf diese ganze Welt, der große Philosophe.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Es pfeift der Wind"
See other settings of this text.
3. Gruselett
Language: German (Deutsch)
Der Flügelflagel gaustert durchs Wiruwaruwolz, die rote Fingur plaustert, und grausig gutzt der Golz.
4. Der Dämon  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Zeig mir, sprach zu mir ein Dämon, zeig mir das Symbol des Menschen und ich will dich ziehen lassen. Ich darauf, mir meine schwarzen Stiefel von den Zehen ziehend sprach, dies, Dämon, ist des Menschen schauerlich Symbol, ein Fuß aus grobem Leder, nicht Natur mehr, doch auch noch nicht Geist geworden, eine Wanderform vom Tierfuß zu Merkurs geflügelter Sohle. Als ein Bildnis des Gelächters stand ich da, ein neuer Heiliger. Doch der Dämon, unbestimmbar seufzend, bückte sich und schrieb mit seinem Finger auf die Erde.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Zeig mir, spricht zu mir ein Dämon", appears in Galgenlieder
Go to the general single-text view
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Montre-moi, me dit un démon", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
5. Feuerprobe  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
In das Museum der Gegenbeispiele zu Stuttgart kommt nach dem Münchner Elektra-Weihspiele Palmström und überreicht dem Kustos, Herrn Kriegar-Ohs sardonisch ein Partiturexemplar von Figaros Hochzeit. Kriegar-Ohs nimmt sich Muße, den Fall zu buchen, und spricht dann: "Dürften wir nicht vielmehr um Sie selber ersuchen, statt des -" Drauf eilt Palmström vor das Tor der Stadt Stuttgart voll Rührung und zieht dort bis auf die Erde den Hut ab: Ave!
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Feuerprobe"
Go to the general single-text view
6. Die wiederhergestellte Ruhe  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Aus ihrem Bette stürzt sie bleich im langen Hemd und setzt sich gleich. Die Zofe bringt ihr Rock und Schuh und führt sie sanft dem Divan zu. Todmüd in grauen Höhlen liegt der Blick, den Fieber fast besiegt. Ihr ganzer Leib ist wie verzehrt, als hätt' in ihm gewühlt ein Schwert. Der Arzt verkündet aller Welt, sie sei nun wieder hergestellt. Die Zofe kniet vor ihr und gibt ihr von den Blumen, die sie liebt, und schmückt sie zärtlich aus der Truhe: Die wiederhergestellte Ruhe.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Die wiederhergestellte Ruhe"
See other settings of this text.
7. Gruselett II
Language: German (Deutsch)
Der Flügelflagel gaustert durchs Wiruwaruwolz, die rote Fingur plaustert, und grausig gutzt der Golz.
8. Plötzlich...  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Plötzlich staunt er vor seinem Zwicker, dass er nicht "gehe", gleich als ob das Glas wie eine Uhr, nun eben: "gehen" müßte. Wie? war er - stehen geblieben? - Lebenswitz. Auf zwei Sekunden Wahrheit, hier für drei zuviel schon. Gleichwohl. "Plötzlich" ... Schluss.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Plötzlich"
Go to the general single-text view