Singe, o singe dich, Seele1, über den Eintag empor in die himmlischen Reiche der Schönheit! Bade in goldenen Strömen der Töne dich rein vom Staube der Sorgen! Was dir die Welt geraubt, vergiss es! Was dir dein Ich verwehrt, genieß es im Traum! Auf klingenden Wellen kommen die heimlichsten Wunder wie Düfte ferner Gärten zu deinen leis zitternden Sinnen. Singe, singe, Seele des Menschen, vom Grauen der Nächte bedroht, dich empor, wo, lichtumgürtet, der Phantasien jungfräulicher Reigen die zierlichen Füße auf nie verblühenden Wiesen verführerisch setzt.
Neun Lieder , opus 70
by Willy Burkhard (1900 - 1955)
1. Präludium  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Präludium"
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View original text (without footnotes)1 Jochum: first line given as "Singe dich, Seele, empor!" in Günther, Georg Hesse-Vertonungen; further changes may exist not noted.
2. Wandernde Stille  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Wie die Stille übers weite Wasser hergewandert kommt -! während Tages letzte Rosenglut verglimmt, verschwimmt. Wie die Stille übers weite Wasser hergewandert kommt -! während schwärzlichen Gebirgen düsterroter Mond entflammt. Wie die Stille übers weite Wasser hergewandert kommt -! Zornig schreit im tiefen Wald ein Vogel - und verstummt. Wie die Stille übers weite Wasser hergewandert kommt -!
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Wandernde Stille", appears in Ein Sommer, Verse
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3. Herbst
Language: German (Deutsch)
Zu Golde ward die Welt; Zu lange traf Der Sonne süßer Strahl Das Blatt, den Zweig. Nun neig Dich, Welt hinab In Winterschlaf. Bald sinkt's von droben dir In flockigen Geweben Verschleiernd zu - Und bringt dir Ruh, O Welt, O dir, zu Gold geliebtes Leben, Ruh.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Herbst", appears in Ein Sommer, Verse
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Peter Palmer) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Automne", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
4. Erster Schnee  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Die in Wolkenkukuksheim zerreißen ihre Manuskripte, und in unzähligen, weißen Schnitzelchen flattert und fliegt es mir um die Schläfen. Die Unzufriednen! Nie noch blieben der Lieder sie froh, die im Lenz ihnen knospeten, nie noch der dithyrambischen Chöre, die durch glühende Julinächte von ihren Munden wie Donner brachen. Immer wieder zerstören gleichmütig sie, was sie gedichtet: und in unzähligen, weißen Stückchen flattert es aus dem grauen Papierkorb, den sie schelmisch zur Erde kehren. Große, redliche Geister! Ich, der Erde armer Poet, versteh Euch. Wenn wir uns selbst genügen wollen, ehrlich Schaffende wir, müssen wir unsren Gedanken wieder all die bunten Hüllen ausziehn. Ach! Allein in der Maske des Worts wird unser Tiefstes dem Nächsten sichtbar! Ihr Stolzen verschmäht es, den Wortewerken, die Ihr erschuft, Dauer zu leihen, und Ihr könnt es - denn Ihr seid Götter! Keiner von Euch will Trost, will Erlösung, weiß von dem Wahnsinn Glückes und Leides: in Euch selbst seid Ihr Euch ewig genug! Aber wir Menschen, wir Selig-Unseligen, tief in gemeinsame Lose verstrickten, müssen einander die Herzen erschließen, müssen einander fragen, belehren, trösten, befreien, stärken, erheitern, und zu all Dem raten und planen, formen und bauen, rastlos, mühvoll, an dem Menschheitstempel "Kultur". Ich stehe stumm in den wirbelnden Flocken und denke mit Schwermut meines Stückwerks. Doch streue ich selbst nichts in den lustigen Tanz. Meine Werke, Ihr Götter, stürben wie roter Schnee, wollt ich sie opfern! Ich schrieb mit Herzblut . . . Homo sum.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Erster Schnee"
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5. So ziehn zwei Flammen, inniglich verschwistert  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
So ziehn zwei Flammen, inniglich verschwistert, die eine silberlicht, die andre dunkelgolden, dem Himmel zu vom marmornen Altare. Umschlingen sich, durchdringen sich im holden Verbund, und wie sie glühn und glühn, verknistert in ihnen Erdrest langer unerlöster Jahre.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), no title, appears in Ich und Du, in Ritornelle
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6. Kleine Erde  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Kleine Erde! Kleine Werde! Bist viel leicht ein Dutzendball! Unerschöpflich ist das All. Bist vielleicht kein sondrer Himmel im Gewimmel der Myriaden, bloß ein Himmelchen und Höllchen, bloß ein spärlich Nebenröllchen, Boden zwar für Gottaufgänge, aber selbst voll Not und Enge. Und doch, doch, du karge Scholle, dürftst du noch einmal mich laden, jawohl viele Male noch! Du aus Mann und Weib geballte, gottesjunge, gottesalte! Du - trotz aller Abseitsrolle - Göttin mit den Möglichkeiten allerletzter Tragischheiten, allerletzten Glücks und Leides, - Mutter und Geliebte . . . beides . . .
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Kleine Erde!"
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7. Stilles Reifen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Alles fügt sich und erfüllt sich, mußt es nur erwarten können und dem Werden deines Glückes Jahr' und Felder reichlich gönnen. Bis du eines Tages jenen reifen Duft der Körner spürest und dich aufmachst und die Ernte in die tiefen Speicher führest.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Stilles Reifen", appears in Ich und Du
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8. Auf leichten Füßen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
So sein heitres Gleichgewicht allem mitzuteilen, in des Abends liebem Licht leicht dahinzueilen - Eine wilde Rose wo im Vorübergehn zu küssen, und dem stillen Walde so sich gestehn zu müssen - Wieder dann aus Luft und Licht seidne Verse fangend, nur sein heitres Gleichgewicht auszuruhn verlangend -!
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Auf leichten Füssen"
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9. Genügsamkeit  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Ich brauche nur den Duft der Welt, die ganze Welt zu haben, ich hab mein' Sach' auf nichts gestellt, gleich manchem leichten Knaben. Du lächelst mir, so wird mir gut, als wärst du ganz mein eigen, und aus der Seele Mutterflut die süßesten Lieder steigen.
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Genügsamkeit"
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