Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben. Ich ahne die Winde, die kommen, und muß sie leben, während die Dinge unten sich noch nicht rühren; die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille; die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer. Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer. Und breite mich aus und falle in mich hinein und werfe mich ab und bin ganz allein in dem großen Sturm.
Fünf Lieder von Rainer Maria Rilke , opus 5
by Gustav Schwickert (1855 - 1901)
1. Vorgefühl  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Vorgefühl", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Pressentiment", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
2. Sturm  [sung text not yet checked]
Wenn die Wolken, von Stürmen geschlagen, jagen: Himmel von hundert Tagen über einem einzigen Tag –: Dann fühl ich dich, Hejtman von fern (der du deine Kosaken gern zu dem größesten Herrn führen wolltest). Deinen wagrechten Nacken fühl ich, Mazeppa. Dann bin auch ich an das rasende Rennen eines rauchenden Rückens gebunden; alle Dinge sind mir verschwunden, nur die Himmel kann ich erkennen: Überdunkelt und überschienen lieg ich flach unter ihnen, wie Ebenen liegen; meine Augen sind offen wie Teiche, und in ihnen flüchtet das gleiche Fliegen.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Sturm", appears in Das Buch der Bilder, first published 1906
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Berlin / Leipzig, Stuttgart: Axel Junker, 1906, p.56
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Ernste Stunde  [sung text not yet checked]
Wer jetzt weint irgendwo in der Welt, ohne Grund weint in der Welt, weint über mich. Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht, ohne Grund lacht in der Nacht, lacht mich aus. Wer jetzt geht irgendwo in der Welt, ohne Grund geht in der Welt, geht zu mir. Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt, ohne Grund stirbt in der Welt: sieht mich an.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ernste Stunde", appears in Das Buch der Bilder, first published 1906
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Solemn hour", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Heure grave", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
4. Lied  [sung text not yet checked]
Du, der ichs nicht sage, daß ich bei Nacht weinend liege, deren Wesen mich müde macht wie eine Wiege. Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht Meinetwillen: wie, wenn wir diese Pracht ohne zu stillen in uns ertrügen?
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1910, appears in Aus dem Nachlaß, in Lied, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "You, whom I am not telling", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Toi, à qui je ne dis pas", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, rilke.de/gedichte/lied.htm, Note: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
Research team for this page: Jeroen Scholten , Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Der Knabe  [sung text not yet checked]
Ich möchte einer werden so wie die, die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren, mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haaren in ihres Jagens großem Winde wehn. Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne, groß und wie eine Fahne aufgerollt. Dunkel, aber mit einem Helm von Gold, der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht zehn Männer aus derselben Dunkelheit mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind, bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind. Und einer steht bei mir und bläst uns Raum mit der Trompete, welche blitzt und schreit, und bläst uns eine schwarze Einsamkeit, durch die wir rasen wie ein rascher Traum: Die Häuser fallen hinter uns ins Knie, die Gassen biegen sich uns schief entgegen, die Plätze weichen aus: wir fassen sie, und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Knabe", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The lad", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le garçon", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, page 332.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]