Ich sah den Wald sich färben, Die Luft war grau und stumm; Mir war betrübt zum Sterben, Und wußt' es kaum, warum. Durchs Feld vom Herbstgestäude Hertrieb das dürre Laub; Da dacht' ich: Deine Freude Ward so des Windes Raub. Dein Lenz, der blütenvolle, Dein reicher Sommer schwand; An die gefrorne Scholle Bist du nun festgebannt. Da plötzlich floß ein klares Getön in Lüften hoch: Ein [Wandervogel]1 war es, Der nach dem Süden zog. Ach, wie der Schlag der Schwingen, Das Lied ins Ohr mir kam, Fühlt' ich's wie Trost mir dringen Zum Herzen wundersam. Es mahnt' aus [heller Kehle]2 Mich ja der flücht'ge Gast: Vergiß, o Menschenseele, Nicht, daß du Flügel hast!
Sechs Gesänge für drei Frauenstimmen Solo oder Chor mit Begleitung des Pianoforte , opus 30
by Heinrich Triest (1808 - 1885)
1. Wandervogel  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Juniuslieder, in Vermischte Gedichte
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View original text (without footnotes)1 Schnaubelt: "Wundervogel"
2 Schnaubelt: "hellen Kehlen"
2. Herr Frühling  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Herr Frühling zog in's Land hinein, Der fürstliche Geselle, Mit goldnen Locken kraus und fein, Mit Augen sternenhelle. Sein Rösslein war ein Schmetterling, Darauf er sass mit Lächeln, Und vor ihm her als Page ging Ein lustig Maienfächeln. Und als er kam in cinen Wald, Da war es öd' und traurig; Als wär' es ihnen gar zu kalt Standen die Bäume schaurig. Er aber sah den Wald sich an Und sprach: "Hier will ich hausen!" Sah Thal hinab und Berg himm Und sprach: "Hier will ich schmausen!" Mailüftchen flog gen Himmel schnell, Da riss der Wolkenschleier, Die guldne Sonne lachte hell Zur süssen Frühlingsfeier. Mailüftchen flog hinab in's Thal, Die Quellen liess er springen, Das gab im ersten Sonnenstrahl Ein Rauschen und ein Klingen. Und in den welken Blättern drauf Wie regt es sich behende! Sie sprossen, keimen, blühen auf Als grüne Laubenwände. Dazwischen ward von grünem Moos Urin duft'ge Beeren lagen, Gestickt mit Blumen klein und gross, Das Tischtuch aufgeschlagen. Und in den Bäumen bauten bald Die Vöglein ihre Nester, Das war, versteckt im Blüthenwald, Ein lustiges Orchester. Duch wenn mit lautem Sang und Klang, Die Vöglein sich ermattet, Da wird ein Lied, nur nicht zu lang, Den Fröschen auch verstattet. Als nun der Mai mit munterm Sinn Die Tafel sah bereitet, Da schickt er schnell zum Küster hin, Dass er die Tischglock' läutet; Der Kuckuck rief, und nah und fern Nachhallt es in den Gründen, Allüberall den edeln Herrn, Den Frühling, anzukünden. So sitzt er nun beim frohen Schmaus, Der fürstliche Geselle, Mit goldnen Locken fein und kraus, Mit Augen sternenhelle. Und wie ein König mildgesinnt Lädt er uns All' zum Feste; Doch Dichter und Verliebte sind Die rechten Ehrengäste.
Text Authorship:
- by Robert Eduard Prutz (1816 - 1872), "Der Frühling"
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3. Um Mitternacht  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
[Um]1 Mitternacht in ernster Stunde, Tönt oft ein wundersamer Klang: 'S ist wie aus liebem Muttermunde Ein freundlich tröstender Gesang. In süßen, unbelauschten Thränen Löst er des Herzens bange Pein, Und alles unmuthvolle Sehnen Und allen Kummer wiegt er ein. Als käm' der Mai des Lebens wieder, Regt sich's im Herzen wunderbar: Da quillen Töne, keimen Lieder, Da wird die Seele jung und klar. So tönt das stille Läuten Doch ich versteh' die Weise nie, Und nur mitunter möcht' ich's deuten Als wär's der Kindheit Melodie.
Text Authorship:
- by Robert Eduard Prutz (1816 - 1872), "Um Mitternacht"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (David Arkell) , copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Jacques Jobard) , "À minuit", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
1 Nolopp: "Zur"; further changes may exist not shown above.
4. Spurlos  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Schneeflocken schweben, sinken, Rieseln hernieder leis; Befiederte Sternchen blinken Auf Wies' und spiegelndem Eis; Kaum gaukelt eins hernieder, So decken die andern es dicht, Kein Aug' erblickt es wieder -- Schneeflocken zählen sich nicht. Der Frühling kommt; die Quellchen Erwachen aus dumpfem Traum; Thalabwärts hüpfen die Wellchen Mit dem Helm von Silberschaum; Sie rinnen, rollen, rauschen, Umfassen und küssen sich lieb -- Kein Auge mag's belauschen, Wo Well' und Wellchen blieb. Aus dichten Moose ringen Tief in schweigsamem Wald An's Licht aus Brombeerschlingen Sich Blumen mannigfalt. Sich still entfalten und färben Ist ihre Seligkeit, Und wenn sie welken und sterben, Trägt keiner um sie Leid. Und auch in Dichter-Herzen Stehn Blum' an Blume gedrängt, Genährt vom Thau der Schmerzen, Vom Thau der Lust getränkt; Sie duften, sie welken wieder, Von keinem Auge gesehn: Wollen denn Blumen und Lieder Mehr als blühn und vergehn?
Text Authorship:
- by Franz Bernhard Heinrich Wilhelm, Freiherr von Gaudy (1800 - 1840), "Spurlos"
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5. Im Winter  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Es lacht der [Wintersonne Schein]1 Verlockend mir in's Herz hinein Und möcht' es gern bethören. Schlaf' ruhig, Herz, und laß dich nicht Vom kalten falschen Winterlicht In deinen Träumen stören. Wann erst die Veilchen wieder blühn Und mit dem ersten Frühlingsgrün Die Wiesen sich bedecken, Die Knospe birst am Lindenbaum, Dann, Herz, soll dich aus deinem Traum Die erste Lerche wecken.
Text Authorship:
- by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896), "Im Winter"
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View original text (without footnotes)1 Neugebauer: "Wintersonnenschein"; further changes may exist not shown above.
6. Frühlingseinzug  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Der alte Winter will heraus, Er trippelt ängstlich durch das Haus, Er windet bang sich in der Brust Und kramt zusammen seinen Wust. Geschwinde! Geschwinde! Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Er spürt den Frühling vor dem Thor, Der will ihn zupfen bei dem Ohr, Ihn zausen an dem weißen Bart Nach solcher wilden Buben Art. Geschwinde! Geschwinde! Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Der Frühling pocht und klopft ja schon, Horcht, horcht, es ist sein lieber Ton! Er pocht und klopfet, was er kann Mit kleinen Blumenknospen an. Geschwinde! Geschwinde! Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Es kommt der Junker Morgenwind, Ein bausebackig rothes Kind, Und blast, daß alles klingt und klirrt, Bis seinem Herrn geöffnet wird. Geschwinde! Geschwinde! Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Es kommt der Ritter Sonnenschein, Der bricht mit goldnen Lanzen ein, Der sanfte Schmeichler Blüthenhauch Schleicht durch die engsten Ritzen auch. Geschwinde! Geschwinde! Die Fenster auf, die Herzen auf! Geschwinde! Geschwinde! Zum Angriff schlägt die Nachtigal, Und horch, und horch, ein Wiederhall, Ein Wiederhall aus meiner Brust! Herein, herein, du Frühlingslust! Geschwinde! Geschwinde!
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), "Frühlingseinzug", appears in Lyrische Reisen und epigrammatische Spaziergänge, in Frühlingskranz
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (Francis L. Soper) , "Spring Song. To the woods away" [an adaptation]
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Entrée du printemps", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission