Fühlst du, Liebster, dieser Lüfte Süß ambrosisch weiches Regen, Wie sie voller Amberdüfte Mir um Busen und um Hüfte Aphroditens Schleier legen? Alle Geigen, alle Lauten Seufzen leis' so lieb und wehe, Machen nocheinmal bewußt Jede alte süße Lust. Traurig rufen sie dem trauten Mädchen zu ein mild' "Vergehe!" Höre, Liebster, wie sie wissen Mit dem dunklen Klang der Stimmen, Daß in einem Meer von Küssen Huld und Gunst von dannen fließen Morgen, wenn die Lichter glimmen. Alle Lauten, alle Geigen Schwinden in ein süß Ermatten, Jede Stimme leis verschwebt, Einen letzten Schleier webt, Demutsvoll ein hold' Verneigen Vor der Gattin und dem Gatten.
Lieder der Braut
Song Cycle by Konrad Rötscher (1910 - 1979)
1. Hochzeitsvorabend
Subtitle: Serenade
Text Authorship:
- by Otto Wiener (b. 1909)
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Eve of the wedding day", subtitle: "Serenade", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
2. Hochzeitsmorgen
Auf einer Woge durch die Nacht getragen In einem Meere des Begehrens Erwacht der Morgen blaß und fahl. Nie sollst du um die Träume fragen, Um all' die Trauer des Verwehrens, Du Liebster, die noch einmal Sich qualenvoll in meine Sinne stahl! Ich habe nur dies Eine zu vergeben, Den Glanz aus meinen Mädchentagen, Der sich dem Meere blind vertraut. Mein ganzes Lieben und mein Leben, Als reine Flut soll es verschäumen, Im Traume nur und volle Scham geschaut, Soll wirklich es nun sein und brennen laut.
Text Authorship:
- by Otto Wiener (b. 1909)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Wedding morning", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
3. In Schleier und Myrte
Im weißen Kleid, mit Schleier und mit Myrte, Doch bin ich wie der firne Schnee! Wie heiße Brände auch die Sonne schürte Und strahlte sie auch wild und weh, Jetzt erst will ich in dir ertauen, Du meine Seele, dir ins Auge schauen Und wie ein Hauch vor dir vergehn. Im weißen Kleid, mit Myrte und mit Schleier, Ein Opfer will ich sein dem Licht! Ihr dunklen Gluten süßer Todesfeier Ergreift mich und verschont mich nicht! Und wenn mich deine Arme finden, Du meine Seele, will ich ganz erblinden Und nur mit deinen Augen sehn.
Text Authorship:
- by Otto Wiener (b. 1909)
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- ENG English (Sharon Krebs) , "In veil and myrtle", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
4. Hochzeitsabend
Der Tag vergeht. Die Stunden rinnen aus, Nicht einer mehr der bunten Falter rauscht, Die mit den feuerfarbnen Schwingen Wie Lichtfontänen schmückten unser Hochzeitshaus. Die Gäste tanzen nur wie Schatten, Die einst im Lichte volles Leben hatten. Ich bin so leer, so ausgebrannt und leer! O Liebster, lebe ich nicht mehr? Ich habe dich! Und daß ich dich nun hab', Das denken rinnt in mich wie süßer Wein Und füllt die ausgebrannte Leere auf's neu'. Ich preise Gott, dank' ihm, der dich mir gab. Und bitte ihn, aus seinen Händen mag Er mich wie eine Schale spenden, Aus der sich voll ein reiner Strom ergießt Und, dich erfüllend, ewig fließt!
Text Authorship:
- by Otto Wiener (b. 1909)
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- ENG English (Sharon Krebs) , "The evening of the wedding day", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission