Verzauberte : wie kann der Einklang zweier erwählter Worte je den Reim erreichen, der in dir kommt und geht, wie auf ein Zeichen. Aus deiner Stirne steigen Laub und Leier, und alles Deine geht schon im Vergleich durch Liebeslieder, deren Worte, weich wie Rosenblätter, dem, der nicht mehr liest, sich auf die Augen legen, die er schließt, um dich zu sehen : hingetragen, als wäre mit Sprüngen jeder Lauf geladen und schösse nur nicht ab, solang der Hals das Haupt ins Horchen hält : wie wenn beim Baden im Wald die Badende sich unterbricht, den Waldsee im gewendeten Gesicht.
Rilke Songs
Song Cycle by Julian James Wachner (b. 1969)
1. Die Gazelle  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Gazelle", subtitle: "Antilope dorcas", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Gesammelte Werke, Band III, Leipzig: Insel-verlag, 1929, p.45
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
2. Der Panther  [sung text not yet checked]
Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Panther", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La panthère", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
3. Die Flamingos  [sung text not yet checked]
In Spiegelbildern wie von Fragonard ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte nicht mehr gegeben, als dir einer böte, wenn er von seiner Freundin sagt : sie war noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, beisammen, blühend, wie in einem Beet, verführen sie verführender als Phryne sich selber ; bis sie ihres Auges Bleiche hinhalsend bergen in der eignen Weiche, in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt. Auf einmal kreischt ein Neid durch die Volière ; sie aber haben sich erstaunt gestreckt und schreiten einzeln ins Imaginäre.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Flamingos", subtitle: "Paris, jardin des plantes", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Gesammelte Werke, Band III, Leipzig: Insel-verlag, 1929, p.236
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4. Der Schwan  [sung text not yet checked]
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes schwer und wie gebunden hinzugehn, gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes. Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn, seinem ängstlichen Sich-Niederlassen - : in die Wasser, die ihn sanft empfangen und die sich, wie glücklich und vergangen, unter ihm zurückziehen, Flut um Flut; während er unendlich still und sicher immer mündiger und königlicher und gelassener zu ziehn geruht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Schwan", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le cygne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
5. Schwartze Katze  [sung text not yet checked]
Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle, dran dein Blick mit einem Klange stößt ; aber da an diesem schwarzen Felle wird dein stärkstes Schauen aufgelöst : wie ein Tobender, wenn er in vollster Raserei ins Schwarze stampft, jählings am benehmenden Gepolster einer Zelle aufhört und verdampft. Alle Blicke, die sie jemals trafen, scheint sie also an sich zu verhehlen, um darüber drohend und verdrossen zuzuschauern und damit zu schlafen. Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt, ihr Gesicht und mitten in das deine : und da triffst du deinen Blick im geelen Amber ihrer runden Augensteine unerwartet wieder : eingeschlossen wie ein ausgestorbenes Insekt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Schwarze Katze", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Gesammelte Werke, Band III, Leipzig: Insel-verlag, 1929, p.181
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6. Das Einhorn  [sung text not yet checked]
Der Heilige hob das Haupt, und das Gebet fiel wie ein Helm zurück von seinem Haupte: denn lautlos nahte sich das niegeglaubte, das weiße Tier, das wie eine geraubte hülflose Hindin mit den Augen fleht. Der Beine elfenbeinernes Gestell bewegte sich in leichten Gleichgewichten, ein weißer Glanz glitt selig durch das Fell, und auf der Tierstirn, auf der stillen, lichten, stand, wie ein Turm im Mond, das Horn so hell, und jeder Schritt geschah, es aufzurichten. Das Maul mit seinem rosagrauen Flaum war leicht gerafft, so daß ein wenig Weiß (weißer als alles) von den Zahnen glänzte; die Nüstern nahmen auf und lechzten leis. Doch seine Blicke, die kein Ding begrenzte, warfen sich Bilder in den Raum und schlossen einen blauen Sagenkreis.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das Einhorn", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La licorne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission