Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.
Lieder
Song Cycle by Wilhelm Peter Radt (1899 - ?)
1. Der Panther  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Panther", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La panthère", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
2. Mädchenklage  [sung text not yet checked]
Diese Neigung, in den Jahren, da wir alle Kinder waren, viel allein zu sein, war mild; andern ging die Zeit im Streite, und man hatte seine Seite, seine Nähe, seine Weite, einen Weg, ein Tier, ein Bild. Und ich dachte noch, das Leben hörte niemals auf zu geben, dass man sich in sich besinnt. Bin ich in mir nicht im Größten? Will mich meines nicht mehr trösten und verstehen wie als Kind? Plötzlich bin ich wie verstoßen, und zu einem Übergroßen wird mir diese Einsamkeit, wenn, auf meiner Brüste Hügeln stehend, mein Gefühl nach Flügeln oder einem Ende schreit.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Mädchen-Klage", written 1906, appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig : Insel-Verlag, 1907, p.2
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Ein Frauenschicksal  [sung text not yet checked]
So wie der König auf der Jagd ein Glas ergreift, daraus zu trinken, irgendeines, - und wie hernach der welcher es besaß es fortstellt und verwahrt als wär es keines: so hob vielleicht das Schicksal, durstig auch, bisweilen Eine an den Mund und trank, die dann ein kleines Leben, viel zu bang sie zu zerbrechen, abseits vom Gebrauch hinstellte in die ängstliche Vitrine, in welcher seine Kostbarkeiten sind (oder die Dinge, die für kostbar gelten). Da stand sie fremd wie eine Fortgeliehne und wurde einfach alt und wurde blind und war nicht kostbar und war niemals selten.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ein Frauen-Schicksal", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Der Engel  [sung text not yet checked]
Wie ist der hülflos, der mit nichts als Worten aussagen soll wie er dich fühlt und sieht; dieweil dein Leben festlich sich vollzieht wie aufgehoben, wie in Sopraporten in welchen neben dir ein Engel kniet. Ein Engel - : ein im Himmlischen Zerstreuter, der um dich ist seitdem du hier erschienst; kaum jemals trauriger, kaum je erfreuter, doch immer strahlender in deinem Dienst: so hingegeben wie an große Räume an dich, du weite, unbekannte Welt, und wie ein Kind in seine ersten Träume so atemlos in dich hineingestellt. Beschäftigt, dir dein Leben hinzureichen, die Stunde, die du grade ihm bestimmst, und schwindelnd von der Größe ohne gleichen mit der du sie aus seinen Händen nimmst: verbraucht er seine vielen Ewigkeiten in deiner Zeit wie einen kurzen Tag. Er wird nie wieder heimgekehrt zu seiten der andern Engel im Aeropag des Himmels stehn; auch nicht im Weltgerichte. Sein Platz wird leer sein auf der Engelsbank. Doch man wird sagen von dem Angesichte an dem ein Engel lebte und ertrank.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Engel", appears in Die Gedichte 1906 bis 1910
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rilke.de
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Die Treppe der Orangerie  [sung text not yet checked]
Wie Könige die schließlich nur noch schreiten fast ohne Ziel, nur um von Zeit zu Zeit sich den Verneigenden auf beiden Seiten zu zeigen in des Mantels Einsamkeit -: so steigt, allein zwischen den Balustraden, die sich verneigen schon seit Anbeginn, die Treppe: langsam und von Gottes Gnaden. und auf den Himmel zu und nirgends hin; als ob sie allen Folgenden befahl zurückzubleiben, --so daß sie nicht wagen von ferne nachzugehen; nicht einmal die schwere Schleppe durfte einer tragen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Treppe der Orangerie", subtitle: "Versailles", written 1906, appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig: Insel-Verlag, 1907, p.68
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
6. Der Schwan  [sung text not yet checked]
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes schwer und wie gebunden hinzugehn, gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes. Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn, seinem ängstlichen Sich-Niederlassen - : in die Wasser, die ihn sanft empfangen und die sich, wie glücklich und vergangen, unter ihm zurückziehen, Flut um Flut; während er unendlich still und sicher immer mündiger und königlicher und gelassener zu ziehn geruht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Schwan", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le cygne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
7. Das Karussell  [sung text not yet checked]
Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden, alle aus dem Land, das lange zögert, eh es untergeht. Zwar manche sind an Wagen angespannt, doch alle haben Mut in ihren Mienen; ein böser roter Löwe geht mit ihnen und dann und wann ein weißer Elefant. Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald, nur daß er einen Sattel trägt und drüber ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt. Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge und hält sich mit der kleinen heißen Hand, dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge. Und dann und wann ein weißer Elefant. Und auf den Pferden kommen sie vorüber, auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge schauen sie auf, irgendwohin, herüber - Und dann und wann ein weißer Elefant. Und das geht hin und eilt sich, daß es endet, und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel. Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet, ein kleines kaum begonnenes Profil -. Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet, ein seliges, das blendet und verschwendet an dieses atemlose blinde Spiel...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Das Karussell", subtitle: "Jardin du Luxembourg", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le carrousel", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission