Indem das Leben nimmt und gibt und nimmt Entstehen wir aus Geben und aus Nehmen: Ein Schwankendes, sich Wandelndes, ein Schemen Und doch in unserer Seele so bestimmt. Hindurchzugehen durch dieses Sich-verschieben Unangezweifelt, aufrecht, unbeirrt Von Tag zu Nacht, von Nacht zu Tag getrieben, aus denen unaufhaltsam Leben wird von unserm Leben von unserm Blut, Lust von der unsern, Leid das wir erkennen, von dem wir uns auf einmal wieder trennen weil unsre Seele, einsam, schon geruht vorauszugehn…
14 Lieder
Song Cycle by Anton Schoendlinger (1919 - 1983)
1. Widmung  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gesammelte Werke (Gedichte), Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, 2020
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
2. Volksweise  [sung text not yet checked]
Mich rührt so sehr böhmischen Volkes Weise, schleicht sie ins Herz sich leise, macht sie es schwer. Wenn ein Kind sacht singt beim Kartofeljäten, klingt dir sein Lied im späten Traum noch der Nacht. Magst du auch sein weit über Land gefahren, fällt es dir doch nach Jahren stets wieder ein.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Volksweise", appears in Erste Gedichte, in Larenopfer
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Sämtliche Werke, Band I, Frankfurt am Main : Insel-Verlag, 1955, p.39
Research team for this page: Peter Donderwinkel , Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Vorfrühling  [sung text not yet checked]
Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung an der Wiesen aufgedecktes Grau. Kleine Wasser ändern die Betonung. Zärtlichkeiten, ungenau, greifen nach der Erde aus dem Raum. Wege gehen weit uns Land und Zeigens. Unvermutet siehst du seines Steigens Ausdruck in dem leeren Baum.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Vorfrühling", appears in Die Gedichte 1922-1926
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Zum Licht  [sung text not yet checked]
Nur nicht im Dunkel schmählich erschlaffen! Im Lichtgefunkel leben und schaffen. Nur im Verstecke nicht müd versiechen , kränkeln und kriechen nur das nicht! Richte und recke auf dich zum Licht! ★ Siegende Sonne hellt dir die Brust, wogende Wonne wird dir bewußt, unter der Decke ängstlicher Kleinheit wärmt sich ― nur das nicht ! Gemeinheit ; Richte und recke auf dich zum Licht! ★ Sowie des Lichtes Funken sich heben, sieh, des Gedichtes rhythmisches Schweben, daß es dich wecke aus deinen Träumen ... Zaudern und säumen? Nur das nicht! Richte und recke auf dich zum Licht!
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Zum Licht", appears in Aus der Frühzeit
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Aus der Frühzeit Rainer Maria Rilkes, Vers, Prosa, Drama (1894-1899), Leipziger Bibliophilen-Abend, 1921
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Nein ich vergesse dich nicht;  [sung text not yet checked]
Nein, ich vergesse Dich nicht, was ich auch werde, liebliches zeitiges Licht, Erstling der Erde. Alles, was du versprachst, hat sie gehalten, seit du das Herz mir erbrachst ohne Gewalten Flüchtigste frühste Figur, die ich gewahrte: nur weil ich Stärke erfuhr, rühm ich das Zarte.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
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Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]6. Von den Mädchen  [sung text not yet checked]
Mädchen, Dichter sind, die von euch lernen das zu sagen, was ihr einsam seid; und sie lernen leben an euch Fernen, wie die Abende an großen Sternen sich gewöhnen an die Ewigkeit. Keine darf sich je dem Dichter schenken, wenn sein Auge auch um Frauen bat; denn er kann euch nur als Mädchen denken: das Gefühl in euren Handgelenken würde brechen von Brokat. lasst ihn einsam sein in seinem Garten, wo er euch wie Ewige empfing auf den Wegen, die er täglich ging, bei den Bänken, welche schattig warten, und im Zimmer, wo die Laute hing. Geht! ... es dunkelt. Seine Sinne suchen eure Stimme und Gestalt nicht mehr. Und die Wege liebt er lang und leer und kein Weißes unter dunklen Buchen, - und die stumme Stube liebt er sehr. ... Eure Stimmen hört er ferne gehn (unter Menschen, die er müde meidet) und: sein zärtliches Gedenken leidet im Gefühle, dass euch viele sehn.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Das Buch der Bilder, in Von den Mädchen, no. 2
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rainer-maria-rilke.de/06a006vondenmaedchen.html
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
7. Falter und Rose  [sung text not yet checked]
Ein Falter, der begehrte die Rose. Loser Knab! Die Rose aber wehrte sein stürmisch Werben ab. Und wie er fort auch mühte sich, und keinen Deut die Blüte wich, — ... ei, hüte dich ! 's war eine Wasserrose, die ihm so gut gefiel. — Jetzt trotzte er im Moose, gab scheinbar auf sein Spiel . Doch sann der kleine Wüterich : Bis nur der Tag verglühte sich, ... dann hüte dich. Und als die Nacht vom Hügel herabstieg, — voll Begier spannt er die Pracht der Flügel und flatterte zu ihr ... Doch sein Triumph verfrühte sich ! — Es schloß ganz leis die Blüte sich, jetzt — hüte dich.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Falter und Rose", appears in Aus der Frühzeit
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Aus der Frühzeit Rainer Maria Rilkes, Vers, Prosa, Drama (1894-1899), Leipziger Bibliophilen-Abend, 1921
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
8. Das war der Tag  [sung text not yet checked]
Das war der Tag der weißen Chrysanthemen, -- mir bangte fast vor seiner Pracht... Und dann, dann kamst du mir die Seele nehmen tief in der Nacht. Mir war so bang, und du kamst lieb und leise, -- ich hatte grad im Traum an dich gedacht. Du kamst, und leis wie eine Märchenweise erklang die Nacht....
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Traumgekrönt, in Lieben, no. 2
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Coronat de somnis", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "Crowned by a dream", copyright ©
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Coronamento del sogno", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- POR Portuguese (Português) (Elke Beatriz Riedel) , "Coroado em sonhos", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Erste Gedichte von Rainer Maria Rilke, Leipzig, Im Insel-Verlag, 1913.
Note: some lines of this poem were used in Zanettovich's Lied (mond - nacht - liebes - traum - lied)
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
9. Träumen  [sung text not yet checked]
Mir ist ein Häuschen wär' mein Eigen ; Vor seiner Thüre säss ich spät. Wenn hinter violetten Zweigen Bei halbverhalltem Grillengeigen Die rothe Sonne sterben geht. Wie eine Mütze grünlich-sammten Steht meinem Haus das moos'ge Dach, Und seine kleinen, dickumrammten Und blankverbleiten Scheiben flammten Dem Tage heisse Grüsse nach. Ich träumte und mein Auge langte Schon nach den blassen Sternen hin, Vom Dorfe her ein Ave bangte, Und ein verlorner Falter schwankte Im schneeig schimmernden Jasmin. Die müde Herde trollte trabend Vorbei, der kleine Hirte pfiff, Und in die Hand das Haupt vergrabend. Empfand ich wie der Feierabend In meiner Seele Saiten griff.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Traumgekrönt, in Träumen, no. 3
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Traumgekrönt: neue Gedichte, Verlag von P. Friesenhahn, 1897, p.13
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
10. Am Rande der Nacht  [sung text not yet checked]
Meine Stube und diese Weite, wach über nachbetendem Land, - ist Eines. Ich bin eine Saite, über rauschende breite Resonanzen gespannt. Die Dinge sind Geigenleiber, von murrendem Dunkel voll; drin träumt das Weinen der Weiber, drin rührt sich im Schlafe der Groll ganzer Geschlechter..... Ich soll silbern erzittern: dann wird Alles unter mir leben, und was in den Dingen irrt, wird nach dem Lichte streben, das von meinem tanzenden Tone, um welchen der Himmel wellt, durch schmale, schmachtende Spalten in die alten Abgründe ohne Ende fällt...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Am Rande der Nacht", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Au bord de la nuit", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
11. So würden wir verträumte Geiger die leise aus den Türen treten  [sung text not yet checked]
Mein Vater war ein verbannter König von überm Meer. Ihm kam einmal ein Gesandter: sein Mantel war ein Panther, und sein Schwert war schwer. Mein Vater war wie immer ohne Helm und Hermelin; es dunkelte das Zimmer wie immer arm um ihn. Es zitterten seine Hände und waren blaß und leer, - in bilderlose Wände blicklos schaute er. Die Mutter ging im Garten und wandelte weiß im Grün, und wollte den Wind erwarten vor dem Abendglühn. Ich träumte, sie würde mich rufen, aber sie ging allein, - ließ mich vom Rande der Stufen horchen verhallenden Hufen und ins Haus hinein: Vater! Der fremde Gesandte...? Der reitet wieder im Wind... Was wollte der? Er erkannte dein blondes Haar, mein Kind. Vater! Wie war er gekleidet! Wie der Mantel von ihm floß! Geschmiedet und geschmeidet war Schulter, Brust und Roß. Er war eine Stimme im Stahle, er war ein Mann aus Nacht, - aber er hat eine schmale Krone mitgebracht. Sie klang bei jedem Schritte an sein sehr schweres Schwert, die Perle in ihrer Mitte ist viele Leben wert. Vom zornigen Ergreifen verbogen ist der Reifen, der oft gefallen war: es ist eine Kinderkrone, - denn Könige sind ohne; - gieb sie meinem Haar! Ich will sie manchmal tragen in Nächten, blaß vor Scham. Und will dir, Vater, sagen, woher der Gesandte kam. Was dort die Dinge gelten, ob steinern steht die Stadt, oder ob man in Zelten mich erwartet hat. Mein Vater war ein Gekränkter und kannte nur wenig Ruh. Er hörte mir mit verhängter Stirne nächtelang zu. Mir lag im Haar der Ring. Und ich sprach ganz nahe und sachte, daß die Mutter nicht erwachte, - die an dasselbe dachte, wenn sie, ganz weiß gelassen, vor abendlichen Massen durch dunkle Garten ging. * ... So wurden wir verträumte Geiger, die leise aus den Türen treten, um auszuschauen, eh sie beten, ob nicht ein Nachbar sie belauscht. Die erst, wenn alle sich zerstreuten, hinter dem letzten Abendläuten, die Lieder spielen, hinter denen (wie Wald im Wind hinter Fontänen) der dunkle Geigenkasten rauscht. Denn dann nur sind die Stimmen gut, wenn Schweigsamkeiten sie begleiten, wenn hinter dem Gespräch der Saiten Geräusche bleiben wie von Blut; und bang und sinnlos sind die Zeiten, wenn hinter ihren Eitelkeiten nicht etwas waltet, welches ruht. Geduld: es kreist der leise Zeiger, und was verheißen ward, wird sein: Wir sind die Flüstrer vor dem Schweiger, wir sind die Wiesen vor dem Hain; in ihnen geht noch dunkles Summen - (viel Stimmen sind und doch kein Chor) und sie bereiten auf die stummen tiefen heiligen Haine vor...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Sohn", appears in Das Buch der Bilder
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Insel-Verlag, 1923, p. 98
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]
12. Eva  [sung text not yet checked]
Einfach steht sie an der Kathedrale großem Aufstieg, nah der Fensterrose, mit dem Apfel in der Apfelpose, schuldlos-schuldig ein für alle Male an dem Wachsenden, das sie gebar, seit sie aus dem Kreis der Ewigkeiten liebend fortging, um sich durchzustreiten durch die Erde, wie ein junges Jahr. Ach, sie hätte gern in jenem Land noch ein wenig weilen mögen, achtend auf der Tiere Eintracht und Verstand. Doch da sie den Mann entschlossen fand, ging sie mit ihm, nach dem Tode trachtend; und sie hatte Gott noch kaum gekannt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Eva", written 1908
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Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]13. Sankt Georg  [sung text not yet checked]
Und sie hatte ihn die ganze Nacht angerufen, hingekniet, die schwache wache Jungfrau: Siehe, dieser Drache, und ich weiß es nicht, warum er wacht. Und da brach er aus dem Morgengraun auf dem Falben, strahlend Helm und Haubert, und er sah sie, traurig und verzaubert aus dem Knieen aufwärtsschaun zu dem Glanze, der er war. Und er sprengte glänzend längs der Länder abwärts mit erhobnem Doppelhänder in die offene Gefahr, viel zu furchtbar, aber doch erfleht. Und sie kniete knieender, die Hände fester faltend, daß er sie bestände; denn sie wußte nicht, daß Der besteht, den ihr Herz, ihr reines und bereites, aus dem Licht des göttlichen Geleites niederreißt. Zuseiten seines Streites stand, wie Türme stehen, ihr Gebet.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Sankt Georg", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil, first published 1908
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]14. In meine abgenutzten Hände Herr wie darf ich meine schwere Seele nehmen  [sung text not yet checked]
In meine abgenutzten Hände, Herr: wie darf ich meine schwere Seele nehmen in meine abgenutzten Hände: Herr. Vielleicht sind jene Stellen grad noch rein, an denen ich im Heben sie berühre: vielleicht sind jene Stellen grad noch rein. Und dann: erheb ich sie, mein Gott, wer weiß. Ich hab mich nie an solcher Last versucht. Wer weiß erheb ich sie, mein Gott, und dann: Nimmst du sie ab, wenn ich sie aufwärts halte so lange und so hoch ich halten kann: Nimmst du sie ab, wenn ich sie aufwärts halte?
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Suhrkamp Verlag, 2010
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]