by Friedrich von Schiller (1759 - 1805)
Die Erwartung See original
Language: German (Deutsch)
Hör' ich das Pförtchen nicht gehen? Hat nicht der Riegel geklirrt? Nein, es war des Windes Wehen, Der durch diese Pappeln schwirrt. O schmücke dich, du grün belaubtes Dach, Du sollst die Anmuthstrahlende empfangen, Ihr Zweige, baut ein schattendes Gemach, Mit holder Nacht sie heimlich zu umfangen, Und all ihr Schmeichellüfte werdet wach Und scherzt und spielt um ihre Rosenwangen, Wenn seine schöne Bürde, leicht bewegt, Der zarte Fuß zum Sitz der Liebe trägt. Stille, was schlüpft durch die Hecken Raschelnd mit eilendem Lauf? Nein, es jagte nur der Schrecken Aus dem Busch den Vogel auf. O! lösche deine Fackel, Tag! Hervor, Du geist'ge Nacht, mit deinem holden Schweigen, Breit' um uns her den purpurrothen Flor, Umspinn uns mit geheimnißvollen Zweigen, Der Liebe Wonne flieht des Lauschers Ohr, Sie flieht des Strahles unbescheidnen Zeugen! Nur Hesper, der verschwiegene, allein Darf still herblickend ihr Vertrauter seyn. Rief es von ferne nicht leise, Flüsternden Stimmen gleich? Nein, der Schwan ists, der die Kreise Ziehet durch den Silberteich. Mein Ohr umtönt ein Harmonienfluß, Der Springquell fällt mit angenehmem Rauschen, Die Blume neigt sich bey des Westes Kuß, Und alle Wesen seh ich Wonne tauschen; Die Traube winkt, die Pfirsche zum Genuß, Die üppig schwellend hinter Blättern lauschen; Die Luft, getaucht in der Gewürze Flut, Trinkt von der heißen Wange mir die Glut. Hör' ich nicht Tritte erschallen? Rauscht's nicht den Laubgang daher? Nein, die Frucht ist dort gefallen, Von der eig'nen Fülle schwer. Des Tages Flammenauge selber bricht In süßem Tod, und seine Farben blassen, Kühn öffnen sich im holden Dämmerlicht Die Kelche schon, die seine Gluten hassen, Still hebt der Mond sein strahlend Angesicht, Die Welt zerschmilzt in ruhig große Massen, Der Gürtel ist von jedem Reiz gelöst, Und alles Schöne zeigt sich mir entblößt. Seh' ich nichts weißes dort schimmern? Glänzt's nicht wie seidnes Gewand? Nein, es ist der Säule Flimmern An der dunkeln Taxuswand. O! sehnend Herz, ergötze dich nicht mehr Mit süßen Bildern wesenlos zu spielen, Der Arm, der sie umfassen will, ist leer, Kein Schattenglück kann diesen Busen kühlen; O! führe mir die Lebende daher, Laß ihre Hand, die zärtliche, mich fühlen, Den Schatten nur von ihres Mantels Saum, Und in das Leben tritt der hohle Traum. Und leis', wie aus himmlischen Höhen Die Stunde des Glückes erscheint, So war sie genaht, ungesehen, Und weckte mit Küssen den Freund.
Composition:
- Set to music by Georg Gerson (1790 - 1825), "Die Erwartung", G. 28 (1809) [ voice and piano ]
Text Authorship:
- by Friedrich von Schiller (1759 - 1805), "Die Erwartung", written 1799, first published 1800
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "L’esperada", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "De verwachting", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "Expectation", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "L'attente", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
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