by Annette Elisabeth, Freiin von Droste-Hülshoff (1797 - 1848)
Der Weiher
Language: German (Deutsch)
Our translations: ENG
Er liegt so still im Morgenlicht, So friedlich, wie ein fromm Gewissen; Wenn Weste seinen Spiegel küssen, Des Ufers Blume fühlt es nicht; Libellen zittern über ihn, Blaugoldne Stäbchen und Karmin, Und auf des Sonnenbildes Glanz Die Wasserspinne führt den Tanz; Schwertlilienkranz am Ufer steht Und horcht des Schilfes Schlummerliede; Ein lindes Säuseln kommt und geht, Als flüstre's: Friede! Friede! Friede! - Das Schilf «Stille, er schläft! stille, stille! Libelle, reg' die Schwingen sacht, Daß nicht das Goldgewebe schrille, Und, Ufergrün, halt gute Wacht, Kein Kieselchen laß niederfallen. Er schläft auf seinem Wolkenflaum, Und über ihn läßt säuselnd wallen Das Laubgewölb' der alte Baum; Hoch oben, wo die Sonne glüht, Wieget der Vogel seine Flügel, Und wie ein schlüpfend Fischlein zieht Sein Schatten durch des Teiches Spiegel. Stille, stille! er hat sich geregt, Ein fallend Reis hat ihn bewegt, Das grad zum Nest der Hänfling trug; Su, Su! breit', Ast, dein grünes Tuch - Su, Su! nun schläft er fest genug.» Die Linde «Ich breite über ihn mein Blätterdach So weit ich es vom Ufer strecken mag. Schau her, wie langaus meine Arme reichen, Ihm mit den Fächern das Gewürm zu scheuchen, Das hundertfarbig zittert in der Luft Ich hauch' ihm meines Odems besten Duft, Und auf sein Lager lass' ich niederfallen Die lieblichste von meinen Blüten allen; Und eine Bank lehnt sich an meinen Stamm, Da schaut ein Dichter von dem Uferdamm, Den hör' ich flüstern wunderliche Weise, Von mir und dir und der Libell' so leise, Daß er den frommen Schläfer nicht geweckt; Sonst wahrlich hätt' die Raupe ihn erschreckt, Die ich geschleudert aus dem Blätterhag. Wie grell die Sonne blitzt! schwül wird der Tag. O könnt' ich, könnt' ich meine Wurzeln strecken Recht mitten in das tief kristall'ne Becken, Den Fäden gleich, die, grünlicher Asbest, Schaun so behaglich aus dem Wassernest, Wie mir zum Hohne, der im Sonnenbrande Hier einsam niederlechzt vom Uferrande.» Die Wasserfäden «Neid' uns! neid' uns! laß die Zweige hangen, Nicht weil flüssigen Kristall wir trinken, Neben uns des Himmels Sterne blinken, Sonne sich in unserm Netz gefangen - Nein, des Teiches Blutsverwandte, fest Hält er all uns an die Brust gepreßt, Und wir bohren unsre feinen Ranken In das Herz ihm, wie ein liebend Weib, Dringen Adern gleich durch seinen Leib Dämmern auf wie seines Traums Gedanken; Wer uns kennt, der nennt uns lieb und treu, Und die Schmerle birgt in unsrer Hut Und die Karpfenmutter ihre Brut; Welle mag in unserm Schleier kosen; Uns nur traut die holde Wasserfei, Sie, die Schöne, lieblicher als Rosen. Schleuß, Trifolium, die Glocken auf, Kurz dein Tag, doch königlich sein Lauf!» Kinder am Ufer «O sieh doch! siehst du nicht die Blumenwolke Da drüben in dem tiefsten Weiherkolke? O, das ist schön! hätt' ich nur einen Stecken, Schmalzweiße Kelch' mit dunkelroten Flecken, Und jede Glocke ist frisiert so fein Wie unser wächsern Engelchen im Schrein. Was meinst du, schneid' ich einen Haselstab, Und wat' ein wenig in die Furt hinab? Pah! Frösch' und Hechte können mich nicht schrecken - Allein, ob nicht vielleicht der Wassermann Dort in den langen Kräutern hocken kann? Ich geh', ich gehe schon - ich gehe nicht - Mich dünkt', ich sah am Grunde ein Gesicht - Komm, laß uns lieber heim, die Sonne sticht!»
Text Authorship:
- by Annette Elisabeth, Freiin von Droste-Hülshoff (1797 - 1848), "Der Weiher" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hermann Bischoff (1868 - 1936), "Der Weiher", op. 11 no. 1, published 1901 [ high voice and piano ], from Der Weiher. Fünf Gedichte für 1 hohe Singstimme und Pianoforte, no. 1, Berlin, Ries & Erler [sung text not yet checked]
- by Gustav Hasse (1834 - 1889), "Der Weiher", op. 29 (Vier Gesänge) no. 2, published 1879 [ voice and piano ], Berlin, Bote und Bock [sung text not yet checked]
- by Robert Kahn (1865 - 1951), "Der Weiher", op. 3 (Vier Lieder) no. 1, published 1885 [ voice and piano ], Berlin, Bote & Bock [sung text not yet checked]
- by Robert Kahn (1865 - 1951), "Der Weiher", op. 17 (Fünf Gesänge für drei Frauenstimme) no. 5, published 1892 [ vocal trio for female voices or three-part women's chorus with piano ] [sung text not yet checked]
- by Wilhelm Carl Mühldorfer (1836 - 1919), "Der Weiher", op. 48 (Sechs Gesänge für drei Frauenstimme) no. 1, published 1879 [ vocal trio for 2 sopranos and alto with piano ], Leipzig, Kistner [sung text not yet checked]
- by Siegfried Salomon (flourished 1895+), "Der Weiher", op. 6 (Sieben Lieder für 1 Singstimme mit Pianoforte) no. 7, published 1897 [ voice and piano ], Hamburg, Leichssenring [sung text not yet checked]
- by (Peter) Nicolai von Wilm (1834 - 1911), "Der Weiher", op. 124 (Zwei Duette für Sopran und Tenor (oder Bariton) mit Pianoforte) no. 1, published 1894 [ vocal duet for soprano and tenor or baritone with piano ], Magdeburg, Wernthal [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Jane K. Brown) , "The pond", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2009-04-17
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