by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Johanna Sebus See original
Language: German (Deutsch)
Der Damm zerreißt, das Feld erbraust, Die Fluthen spülen, die Fläche saust. »Ich trage dich, Mutter, durch die Fluth, Noch ist sie nicht hoch, ich wate gut.« - »Auch uns bedenke, bedrängt wie wir sind, Die Hausgenossin, drey arme Kind! Die schwache Frau! ... sie eilt davon, Sie trägt die Mutter durchs Wasser schon.« »Zum Bühle da rettet euch! harret derweil; Gleich kehr' ich zurück, uns allen ist Heil. Zum Bühl ist's noch trocken und wenige Schritt; Doch nehmt auch mir meine Ziege mit!« Der Damm zerschmilzt, das Feld erbraust, Die Fluthen wühlen, die Fläche saust. Sie setzt die Mutter auf sichres Land, Schön Suschen, gleich wieder zur Fluth gewandt. »Wohin? Wohin? Die Breite schwoll, Des Wassers ist hüben und drüben voll. Verwegen in's Tiefe willst du hinein!« - »Sie sollen und müssen gerettet seyn!« Der Damm verschwindet, die Welle braust, Eine Meereswoge, sie schwankt und saust. Schön Suschen schreitet gewohnten Steg, Umströmt auch gleitet sie nicht vom Weg, Erreicht den Bühl und die Nachbarin; Doch der und den Kindern kein Gewinn! Der Damm verschwand, ein Meer erbraust's, Den kleinen Hügel im Kreis umsaust's. Da gähnet und wirbelt der schäumende Schlund Und ziehet die Frau mit den Kindern zu Grund; Das Horn der Ziege faßt das ein', So sollten sie alle verloren seyn! Schön Suschen steht noch strack und gut: Wer rettet das junge, das edelste Blut! Schön Suschen steht noch wie ein Stern; Doch alle Werber sind alle fern. Rings um sie her ist Wasserbahn, Kein Schifflein schwimmet zu ihr heran. Noch einmal blickt sie zum Himmel hinauf, Da nehmen die schmeichelnden Fluthen sie auf. Kein Damm, kein Feld! Nur hier und dort Bezeichnet ein Baum, ein Thurn den Ort. Bedeckt ist alles mit Wasserschwall; Doch Suschens Bild schwebt überall. - Das Wasser sinkt, das Land erscheint, Und überall wird schön Suschen beweint. - Und dem sey, wer's nicht singt und sagt, Im Leben und Tod nicht nachgefragt!
Beneath the title: "Zum Andenken der Siebzehnjährigen Schönen Guten aus dem Dorfe Brienen, die am 13. Januar 1809 bei dem Eisgange des Rheins und dem großen Bruche des Dammes von Cleverham Hülfe reichend unterging."
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Composition:
- Set to music by Franz Peter Schubert (1797 - 1828), "Johanna Sebus", D 728 (1821), published 1895 [ voice, piano ], note: unfinished fragment, breaking off at the end of the second stanza; a performing edition has been prepared by Reinhard van Hoorickx
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Johanna Sebus", written 1809, first published 1809
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Joanna Sebus", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Johanna Sebus", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Thomas A. Gregg) , "[To] Johanna Sebus", copyright © 2007, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "À Johanna Sebus", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
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