"Du, deren Kunst die Toten ruft,
Laß des Propheten Geist mich sehen!"
"Steig', Samuel, aus deiner Gruft!
Du siehst ihn, König, vor dir stehen."
Die Erde gähnt; von Finsternis umwallt,
Wovor das Licht entflieht, steht die Gestalt.
Aus seinen Augen starrt der Tod heraus;
Die Hand, die Adern, Moder ist's und Graus;
Sein Fuß, wie ausgegrabenes Gebein,
Nackt, sehnenlos, strahlt einen bleichen Schein,
Der Laut von seinem unbewegten Mund
Heult, wie der Wind tief in der höhlen Schlund.
Saul sieht's und fällt; so wie die Eiche fällt
Auf einmal, von dem Donnerkeil zerschellt.
"Warum wird mein Schlaf gestört?
Wessen Ruf hab' ich gehört?
Deinen, König? blutlos, kalt
Siehst du meine Geistgestalt:
Wie du mich erblickst mit Grau'n,
Bist du morgen selbst zu schaun;
...
Fahre wohl! noch einen Tag,
Dann liegst du, da wo ich lag."
Du alsdann und dein Geschlecht
Seid gefallen im Gefecht,
Und das Schwert hat deine Hand
Gegen deine Brust gewandt.
Kronlos, leblos stürzt hinab
Saul, sein Sohn, sein Haus, ins Grab.
Hebräische Gesänge , opus 14
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Saul und Samuel
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Franz Theremin (1780 - 1846), "Saul und Samuel", appears in Hebräische Gesänge, first published 1820
Based on:
- a text in English by George Gordon Noel Byron, Lord Byron (1788 - 1824), "Saul", appears in Hebrew Melodies, no. 19, first published 1815
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2. Eliphas' Gesicht
Language: German (Deutsch)
An mir vorüber ging ein Geist; das Bild Der Ewigkeit erschien mir unverhüllt. Schlaf fiel auf jedes Aug, nur meines nicht; Und formlos stand, doch göttlich das Gesicht. Das Haar auf meinem Haupte stieg empor, Mein Fleisch erbebte; und so klangs dem Ohr: Wie mag der Mensch gerechter sein denn Gott, Denn Er, deß Tadel selbst dem Seraph droht? Was bist du mehr, Geschlecht aus Ton und Staub, Als jener Wurm, dem du einst wirst zum Raub? Du währst vom Morgen bis der Abend graut; Du stirbst -- und hast die Wahrheit nicht geschaut.
Text Authorship:
- by Franz Theremin (1780 - 1846), "Eliphas Gesicht, aus dem Hiob", appears in Hebräische Gesänge, first published 1820
Based on:
- a text in English by George Gordon Noel Byron, Lord Byron (1788 - 1824), "A spirit pass'd before me", appears in Hebrew Melodies, no. 28, first published 1815 [an adaptation]
Based on:
- a text in Latin by Bible or other Sacred Texts , Job 4
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3. Davids Harfe  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
O Harfe, die des Gottgeliebten Hand, Des königlichen Sängers, hat geschlagen, Die, was die Andacht Innigstes empfand, Auf den geweihten Tönen hat getragen, Wie muß jetzt fromme Kunst dein Schweigen klagen! Es ward Gemüthern, die von Erz, Durch dich die ungewohnte Sanftmuth theuer; Es war kein Ohr so stumpf, so roh kein Herz, Das nicht empfand, nicht glüht' von heilgem Feuer; Und mächt'ger als sein Thron, ward Davids Leier! Es feierte den Ewigen ihr Klang; Ihr Ton war seiner großen Werke Spiegel; Es horchten froh die Thäler dem Gesang, Die Zedern ließ er hüpfen und die Hügel, Und drang zu Gott auf der Begeistrung Flügel. Verklungen ist er jedem Ohr, Von Andacht nur und Liebe noch vernommen. Für diese bricht ihr hoher Geist hervor. In Tönen, Träumen, die vom Himmel kommen, Und die kein Tageslicht entführt dem Herz der Frommen.
Text Authorship:
- by Franz Theremin (1780 - 1846), "Davids Harfe", appears in Hebräische Gesänge, first published 1820
Based on:
- a text in English by George Gordon Noel Byron, Lord Byron (1788 - 1824), "The harp the monarch minstrel swept", appears in Hebrew Melodies, no. 2, first published 1815
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4. Saul
Language: German (Deutsch)
Dein Leben schliesst, dein Ruhm begann; dein Volk, o teurer Held erzählt im Lied, was du getan, wie du gekämpft im Feld, wie uns dein Mut'den Sieg gewann, die Freiheit hergestellt. Die Freiheit, die du gabst, entreisst auch dich dem Todeslos. Dein edles Heldenblut zerfleusst nicht in der Erde Schoss. Es wall' in uns mit deinem Geist der sich in uns ergoss. Dein Heldenname tön' entlang, als Schlachtruf, unsre Reihn. Von deinem Fall sei der Gesang, so dir die Jungfrau'n weihn. Die Klage wär kein würd'ger Dank, beweint sollst du nicht sein.
Text Authorship:
- by Franz Theremin (1780 - 1846), appears in Hebräische Gesänge, first published 1820
Based on:
- a text in English by George Gordon Noel Byron, Lord Byron (1788 - 1824), "Thy days are done", appears in Hebrew Melodies, no. 11, first published 1815
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5. Jerusalems Zerstörung durch Titus
Language: German (Deutsch)
Von dem Berge, wo zuletzt noch ein Tempel sich zeigt, Da schaut' ich dich, Zion, als Rom dich gebeugt. Deiner Abende letzter ging unter, und Brand Schlug entgegen dem Blick, den ich auf dich gewandt. Den Tempel, mein Haus, wollt' ich sehn noch einmal Und vergaß drob der Knechtschaft mein harrender Qual. Doch das Feuer nur schaut' ich, vom Tempel genährt. Und die Fessel des Arms, die mir Rache verwehrt. Wie oft stand auf eben dem Hügel ich nicht, Wenn die Sonn' ihn bestrahlte mit scheidendem Licht! Wie oft hat mich mich da nicht ihr Schwinden entzückt, Wenn die Zinne des Tempels dem Aug' sie entrückt! Der Hügel auch war es, wo wieder ich stand, Nicht achtend des Sonnenlichts, wie es verschwand. O hätt' ich statt dessen den Blitz aus den Höhn Und den Donner die Feinde zerschmettern gesehn. Doch stets sei entweihen der Gõtzendienst fern Von dem Ort, der zur Wohnung gefallen dem Herrn! So zerstreut und verachtet dein Volk auch mag sein, Anbetung, o Vater, sie dir nur allein!
Text Authorship:
- by Franz Theremin (1780 - 1846), appears in Hebräische Gesänge, first published 1820
Based on:
- a text in English by George Gordon Noel Byron, Lord Byron (1788 - 1824), "On the Day of the Destruction of Jerusalem by Titus", appears in Hebrew Melodies, no. 22, first published 1815
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