Wer der Meine wohl wird werden?
Ob mein [Aug' ihn wohl]1 schon sah?
Wo er wandeln mag auf Erden?
Ist er ferne oder nah'?
Wird er schön von Angesichte
Oder doch nicht häßlich sein?
Krause Locken? Augen lichte?
Groß von Wuchse oder klein?
Stark von Gliedern oder schmächtig?
Ob er leicht im Tanz sich [schwenkt]2?
Ob er [nüchtern, streng, bedächtig]3,
Oder recht romantisch denkt?
[ ... ]
Sagt mir's, holde Blütendüfte,
Die ihr weht in's Kämmerlein,
Sagt mir's, [leise]4 Abendlüfte,
Sag' mir's, sanfter Mondenschein!
Sagt mir's, Elfen, kleine, lose,
Die ihr lauscht und lacht und nickt,
Sag' mir's, süße, rothe Rose,
Die mir in das Fenster blickt!
Saget mir's, ihr klugen Sterne,
Die herauf am Himmel zieh'n!
Triebe schwellen in die Ferne,
Und sie wissen nicht, wohin?
Liebesarme stehen offen,
Ach, wen sollen sie empfah'n?
Lippen, die auf Küsse hoffen,
Ach, wer wird zum Kusse nah'n?
Oder soll ich lieber sagen,
Lieblich sei's, so blind zu sein?
Dieses Klagen, dieses Fragen
Sei uns Mädchen süße Pein?
Träume können sel'ger spielen
Kindern gleich im leeren Haus,
Wenn nach unbekannten Zielen
Holde Wünsche ziehen aus?
Freudig Bangen! Bange Freude!
Ungewisser, finde mich!
Leid in Lust und Lust im Leide!
Künftiger, ich liebe dich!
Vier Lieder für 1 Singstimme mit Pianoforte , opus 78
by Ignaz Brüll (1846 - 1907)
1. Mädchens Abendgedanken  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Friedrich Theodor Vischer (1807 - 1887), "Mädchens Abendgedanken", appears in Lyrische Gänge, first published 1882
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Evening thoughts of a maiden", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
1 Brüll: "Auge ihn"
2 Brüll: "dreht"
3 Brüll: "nüchtern und bedächtig"
4 Brüll: "holde"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
2. Gern am kühlen Waldessaume  [sung text checked 1 time]
Gern am kühlen Waldessaume, Weil' ich und gedenke dein; Ueber mir im blüh'nden Baume Singt sein Lied ein Vögelein. Ströme, kleine Liederseele, All' dein Sehnen in den Duft! Weißt du doch, daß eine Kehle Tief im Busch dir Antwort ruft; Weißt, daß zwischen dichten Zweigen Sie dich lockt zum Neste bald, Während in dem Frühlingsreigen Ungehört mein Lied verhallt.
Authorship:
- by Georg Scherer (1824 - 1909), appears in Gedichte von Georg Scherer, in 2. Zweites Buch, in Neuer Frühling, in Zum ersten Mai, no. 6
Go to the single-text view
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Happily at the cool edge of the forest", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gedichte von Georg Scherer, vierte, vermehrte Auflage, Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien: Deutsche Verlags-Anstalt, 1894, page 141
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
3. O gieb die Seele mir zurück  [sung text checked 1 time]
"O gib die Seele mir zurück," Klagt ich, "die du geraubt!" Da neigte sie, o Wonneglück, Zu mir ihr lockig Haupt. Sie lächelte: "Doch sage mir, Wo nimmt sie wohl den Weg?" "O komm," sprach ich, "ich zeige dir Der Seelen Purpursteg! Berühre mit der Lippe leis' Und linde meinen Mund!" Sie that's, - da flammte glühend heiß, Ein Kuß aus Herzensgrund: Und eine Seele zog berauscht Ins Herz im Kuße mir - Doch war's die ihre, holdvertauscht, Die meine bleib bei ihr!
Authorship:
- by Robert Hamerling (1830 - 1889), no title
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
4. Am Weissdorn  [sung text checked 1 time]
O sage, willst du mit mir geh'n? Der Weissdorn blüht im tiefen Walde, Die lauen Lenzeslüfte wehn, Die Bienen schwärmen auf der Halde. Und kommt die schwüle Sommerzeit, Belauschen wir die Turteltäubchen, Der Tauber gurrt und macht sich breit, Im weichen Neste sitzt das Weibchen. Und bricht der rauhe Herbst herein, So seh'n wir, wie die Nebel wallen, Und lächeln, wenn im welken Hain Die rothen Blätter niederfallen. Und schneit der Winter uns in's Haar, Dann träumen wir in stillen Stunden, Wie schön es einst im Frühling war, Als wir am Weissdorn uns gefunden.
Authorship:
- by Max Kalbeck (1850 - 1921)
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "By the white hawthorn", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission