Schnurre, schnurre, meine Spindel,
Dreh' dich ohne Rast und Ruh'!
Totenhemd und Kinderwindel
Und das Brautbett rüstest du.
Goldner Faden, kann nicht sagen,
Welch ein Schicksal dir bestimmt,
Ob mit Freuden, ob mit Klagen
Das Gespinst ein Ende nimmt.
Schnurre, Spindel, schnurre leise,
Rund ist wie dein Rad [das]1 Glück;
Gehst du selig auf die Reise,
Kehrst du weinend wohl zurück.
[ ... ]
In die Wolken geht die Sonne,
Schnell verweht im Wind ein Wort;
Wie der Faden rollt die Wonne
Rollen Lieb' und Treue fort.
Schnurre, Spindel, schnurr' im Kreise,
Dreh' dich ohne Rast und Ruh' -
Und ihr Tränen, fließet leise,
Fließet unaufhaltsam zu!
Sieben Gedichte von Emanuel Geibel , opus 19
by Walter Courvoisier (1875 - 1931)
1. Lied der Spinnerin  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Lied der Spinnerin", appears in Jugendgedichte, in 3. Drittes Buch, in Athen
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View original text (without footnotes)1 Courvoisier: "dein"
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Die Verlassene  [sung text checked 1 time]
O singt nur, ihr Schwestern, mit fröhlichem Mund Und führet den Reigen im Lindengrund Mit den Burschen bei Zithern und Geigen! - Mich aber laßt gehn und schweigen! Was blickt ihr mir nach, und was wollt ihr von mir? Ich habe die Freude getragen wie ihr In der Brust mit Lachen und Scherzen - Nun trag' ich den Tod im Herzen. Die Treue, die Treue, darauf ich gebaut, Sie ist mit dem Schnee vor der Sonne zertaut; Wie Spreu vor dem Winde, so stiebet Meine Liebe, die ich geliebet.
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Die Verlassene", appears in Juniuslieder, in Lieder, , in Lieder
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
3. Mädchenlied  [sung text checked 1 time]
[Gute Nacht mein Herz]1 und schlummre ein! In diesen Herbstestagen Ohne Blumen und [Sonnenschein]2 Was willst du schlagen? Dein Schmerz ist aus, deine Lust ist tot, Verweht [sind Lenz und]3 Lieder; Der Liebe Röslein purpurroth Blüht nimmer wieder. Singend zog er [ins]4 Land hinein, Der falsche, liebe Knabe -- Und du? - [Im stillen Grabe]5 Schlafe mein Herz, schlaf' ein!
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Jugendgedichte, in 2. Zweites Buch, in Berlin, in Mädchenlieder, no. 3
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Emanuel Geibels Gesammelte Werke in acht Bänden, Erster Band, Jugendgedichte. Zeitstimmen. Sonette, Dritte Auflage, Stuttgart: Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger, 1893, page 69.
1 Goldschmidt's setting begins "Gut Nacht, gut Nacht, mein Herz" ; further changes may exist not shown above. Courvoisier: "Gute Nacht, mein Herz, gute Nacht"; Hecht, Pohlig, Sturm: "Gut' Nacht, mein Herz"; further changes may exist not shown above.2 Schnorr von Carolsfeld: "ohne Sonnenschein"
3 Andersson: "ist Lenz, verweht sind"
4 Andersson: "in das"
5 Bolko von Hochberg: "In deinem Grabe"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor] , Johann Winkler
4. Elfenlied  [sung text checked 1 time]
Blutrot ist die Sonn' versunken, umwallet von nebligem Flor; kommt, Schwestern, es rufen die Unken uns singend zum düsteren Moor. Blau hüpfen die Irrlichtflammen, matt flimmert der Sterne Schein; so eilt denn und laßt mitsammen uns schlingen den fröhlichen Reih'n. Kommt, lasset die Freude uns kosten die lange, herrliche Nacht, bis fern im flammenden Osten der purpurne Morgen erwacht.
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Schweigend bei des Mittags Schwüle  [sung text checked 1 time]
Schweigend bei des Mittags Schwüle Träumt die Nachtviol` im Hain; Schweigend lausch ich im Gewühle In mein eigen Herz hinein. Denn ein Leben rührt sich drinnen Märchenhaft geheimnisvoll, Heimlich Lodern, stummes Minnen, Das die Welt nicht kennen soll. Erst bei Nacht, wenn in der Runde Die Viole Gluthauch zieht, Steigt aus meines Herzens Grunde Wie ein Duft der Sehnsucht Lied.
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884)
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Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]6. Überfall  [sung text checked 1 time]
(Zu einem alten Holzschnitte.) Am Monde hin streichen Die Wolken im Flug; Auf der Heide, der bleichen, Geht leise der Zug. Nur ein heimliches Rufen Läuft fort durch die Reihn, Und es klirrt wie von Hufen Und Harnischen drein. Schwer zwischen den Reitern Die Kartaune hinfährt; Mit Pechkranz und Leitern Sind sie bewehrt. Sie ziehen zur Feste, Entgegen der Schanz', Ungeladene Gäste Zum blutigen Tanz. Hintan reitet einer Auf dürr, dürrem Tier, Sein Antlitz grinst beinern Aus dem rost'gen Visier. Um das Panzerhemd schlottern Grablinnen ihm her; Seine Zügel sind Ottern, Eine Sens' ist sein Speer. Jetzt lauscht er vom Rößlein, Jetzt spornt er's zum Lauf; -- O da drüben im Schlößlein, Ihr Schläfer, wacht auf!
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Überfall", appears in Spätherbstblätter, in Gelegenheitsgedichte. Sprüche
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]7. Lied des Rattenfängers  [sung text checked 1 time]
Ich kenn' eine Weise, Und stimm' ich mein Rohr, Da spitzen die Mäuse, Die Ratten das Ohr; Sie kommen gesprungen, Als ging' es zum Fest, Die alten, die jungen Aus jeglichem Nest; Aus Ritzen und Pfützen, aus Keller und Dach, Da hüpft es und schlüpft es und wimmelt mir nach. Und greif' ich mit Schalle Den Triller dazu, So scharen sich alle Gehorsam im Nu. Sie lüpfen, vom Zauber Der Töne gepackt, Die Schwänzelein sauber Und springen im Takt. Sie springen und schwingen sich hinter mir drein Und munter hinunter zum strudelnden Rhein. Und blas' ich dann tiefer Die Fuge zum Schluß, Da rennt das Geziefer Wie toll in den Fluß; Da rettet kein Schnaufen, Kein Zappeln sie mehr, Sie müssen ersaufen Wie Pharaos Heer; Die Welle verschlingt sie mit Saus und mit Braus, Dann schwing' ich den Hut, und das Elend ist aus.
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Lied des Rattenfängers", appears in Spätherbstblätter, in Nachlese älterer Gedichte, in Lieder aus einem Singspiele: Der Rattenfänger von Bacharach, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chanson du preneur de rats", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission