Als ich zum letzten Mal dich sah,
Da sprach mein Mund kein Wort,
Kein' Thräne fiel aus meinem Aug',
Stillschweigend ging ich fort.
Ich habe mich nicht umgekehrt,
Dich noch einmal zu sehn;
Der weite Weg, er liegt vor mir,
Ich muß ihn einsam gehn.
An keines Freundes Busen wein'
Ich meine Schmerzen aus;
Allein kam ich zum Thor herein,
Allein geh' ich hinaus.
Der Wald ergrünt nicht mehr für mich,
Die Quelle bleibt mir stumm,
Die Nachtigall, sie ruft mir nach,
Ich kehre mich nicht um.
...
Dein Weg ist dort, der meine hier;
Einst trafen sie sich fast.
Geh immer hin, so leicht und frei!
Vergiß den finstern Gast!
Seh' ich dich einst nach manchem Jahr,
So spricht mein Mund kein Wort,
Kein' Thräne fällt aus meinem Aug',
Stillschweigend geh' ich fort.
Vier Gesänge , opus 21
by Walter von Goethe (1817 - 1885)
1. Abschied
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by (Friedrich) Viktor von Strauss und Torney (1809 - 1899), "Abschied", appears in Gedichte, in Lieder
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Farewell", copyright © 2025, (re)printed on this website with kind permission
2. Der Schlaf unter der Eiche
Language: German (Deutsch)
O rausche nur sanft und leise Du schattiger Eichenbaum, Daß du die arme Waise Nicht weckest aus ihrem Traum! Ihre Ältern sind schlafen gegangen Ins letzte Kämmerlein; Mit stummer Liebe Verlangen Ist sie auf Erden allein. Empor aus dem Todtenreiche Ihr alter Vater wallt; Der Traum verwandelt die Eiche In seine liebe Gestalt. Mit seinen Armen vertauschen Die Äste sich, streicheln das Kind; Als Wörtlein der Liebe rauschen Die grünen Blätter im Wind. Noch schlafend giebt sie ihm Antwort: "Ach, mache den Heinrich mir gut, Sonst nimm mich in's Todtenland fort, Weil so weh mein Herze mir thut!" Was knistert da? geht doch leiser, Sonst wird ihr Schlummer gestört. Heinrich schleicht über die Reiser; Der hat wol Alles gehört? Er beugt sich behutsam nieder Auf seinen köstlichen Fund Und drückt auf die Augenlieder sic Ihr sanft den glühenden Mund. "Ach! Heinrich!" -- Rausche nur, Eiche! Sie schweigen stille vor Lust: Sind offen die Himmelreiche, Dann schweigt ja das Herz in der Brust.
Text Authorship:
- by Wilhelm Jordan (1819 - 1904), "Der Schlaf unter der Eiche"
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4. Trost
Language: German (Deutsch)
Als ich jüngst am frühen Morgen Von der Quelle wiederkam Und des braunen Rosses Wiehern Aus dem Stalle her vernahm, Hab' ich meinen blanken Eimer Vor die Thüre hingesetzt. Drinnen fand ich meinen Selmas, Doch sein Auge war benetzt. "Sprich, was weinst Du, lieber Jüngling? Schöner Reiter, sag' es mir! Meine Liebe wend' ich nimmer, Nimmer wieder ab von Dir!" "Mädchen, wie die Lilie bist Du, Die im offnen Garten steht, Welche Jeder, dem es einfällt, Unbarmherzig pflücken geht. Ach, sie haben dich verläumdet Und gesagt: sie hat beim Tanz Ihren Ring verschenkt, im Gasthaus Gar verloren ihren Kranz!" "Sieh, die Hand, die jetzt Dich streichelt, Glänzt am Finger nicht Dein Ring? Frag', ob in der Mutter Kammer Wohlverwahrt mein Kranz nicht hing. Wasser in der reinen Quelle Bleibet ja doch immer rein: Wird nicht immer treu die Liebe In dem treuen Herzen sein?"
Text Authorship:
- by Wilhelm Jordan (1819 - 1904), "Trost"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Comfort", copyright © 2025, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Litthauische Volkslieder und Sagen bearbeitet von Wilhelm Jordan, Berlin: Verlag von Julius Springer, 1844, pages 26-27.