Noch kehrt in mich der süße Frühling wieder, noch altert nicht mein kindischfröhlich Herz, noch rinnt vom Auge mir der Tau der Liebe nieder, noch lebt in mir der Hoffnung Lust und Schmerz. Noch tröstet mich mit süßer Augenweide der blaue Himmel und die grüne Flur, mir reicht die Göttliche den Taumelkelch der Freude, die jugendliche, freundliche Natur. Getrost! Es ist der Schmerzen wert, dies Leben, solang uns Armen Gottes Sonne scheint und Bilder bessrer Zeit um unsre Seele schweben und, ach, mit uns ein freundlich Auge weint.
Sieben Lieder , opus 32
by Josef Matthias Hauer (1883 - 1959)
1. Lebensgenuß  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Lebensgenuss"
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2. An eine Rose  [sung text not yet checked]
Ewig trägt im Mutterschoße, Süße Königin der Flur, Dich und mich die stille, große, Allbelebende Natur. Röschen! unser Schmuck veraltet, Sturm entblättert dich und mich, Doch der ew'ge Keim entfaltet Bald zu neuer Blüthe sich!
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "An eine Rose", appears in Gedichte 1784-1800
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Wolff's Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes: Ein Buch für Schule und Haus, erneuert von Carl Ostrogge, Leipzig, Verlag von Otto Wigand, 1874, pages 150-151.
Modernized spelling would change "Blüthe" to "Blüte".3. Der Gott der Jugend  [sung text not yet checked]
Gehn dir im Dämmerlichte, Wenn in der Sommernacht Für selige Gesichte Dein liebend Auge wacht, Noch oft der Freunde Manen Und, wie der Sterne Chor, Die Geister der Titanen Des Altertums empor, Wird da, wo sich im Schönen Das Göttliche verhüllt, Noch oft das tiefe Sehnen Der Liebe dir gestillt, Belohnt des Herzens Mühen Der Ruhe Vorgefühl, Und tönt von Melodien Der Seele Saitenspiel; So such im stillsten Tale Den blütenreichsten Hain, Und gieß aus goldner Schale Den frohen Opferwein! Noch lächelt unveraltet Des Herzens Frühling dir, Der Gott der Jugend waltet Noch über dir und mir. Wie unter Tiburs Bäumen, Wenn da der Dichter saß, Und unter Götterträumen Der Jahre Flucht vergaß, Wenn ihn die Ulme kühlte, Und wenn sie stolz und froh Um Silberblüten spielte, Die Flut des Anio; Und wie um Platons Hallen, Wenn durch der Haine Grün, Begrüßt von Nachtigallen, Der Stern der Liebe schien, Wenn alle Lüfte schliefen, Und, sanft bewegt vom Schwan, Cephissus durch Oliven Und Myrtensträuche rann; So schön ist's noch hienieden! Auch unser Herz erfuhr Das Leben und den Frieden Der freundlichen Natur; Noch blüht des Himmels Schöne, Noch mischen brüderlich In unsers Herzens Töne Des Frühlings Laute sich. Drum such im stillsten Tale Den düftereichsten Hain, Und gieß aus goldner Schale Den frohen Opferwein, Noch lächelt unveraltet Das Bild der Erde dir, Der Gott der Jugend waltet Noch über dir und mir.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Der Gott der Jugend"
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4. An Ihren Genius  [sung text not yet checked]
Send' ihr Blumen und Frücht' aus nieversiegender Fülle, Send' ihr, freundlicher Geist, ewige Jugend herab! Hüll' in deine Wonnen sie ein und laß sie die Zeit nicht Sehn, wo einsam und fremd sie, die Athenerin, lebt, Bis sie im Lande der Seeligen einst die fröhlichen Schwestern, Die zu Phidias Zeit herrschten und liebten, umfängt.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "An Ihren Genius", appears in Gedichte 1784-1800
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "À son génie", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
5. Am Abend  [sung text not yet checked]
Geh unter, schöne Sonne, sie achteten Nur wenig dein, sie kannten dich, Heilge, nicht. Denn mühelos und stille bist du Über den Mühsamen aufgegangen. Mir gehst du freundlich unter und auf, o Licht, Und wohl erkennt mein Auge dich, herrliches! Denn göttlich stille ehren lernt ich, Da Diotima den Sinn mir heilte. O du, des Himmels Botin, wie lauscht ich dir, Dir, Diotima! Liebe! wie sah von dir Zum goldnen Tage dieses Auge Glänzend und dankend empor. Da rauschten Lebendiger die Quellen, es atmeten Der dunkeln Erde Blüten mich liebend an, Und lächelnd über Silberwolken Neigte sich segnend herab der Äther.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Geh unter, schöne Sonne...", written 1799
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- ENG English (John Glenn Paton) , "Go down, lovely sun", copyright © 2004, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
Note provided by John Paton: Hölderlin borrowed the name Diotima from Plato's Symposium and applied it to Susette Gontard, whose children he tutored. She was the secret, unrequited love of his life.
6. Empedokles  [sung text not yet checked]
Das Leben suchst du, suchst, und es quillt und glänzt Ein göttlich Feuer tief aus der Erde dir, Und du in schauderndem Verlangen Wirfst dich hinab, in des Aetna Flammen. So schmelzt' im Weine Perlen der Übermuth Der Königin; und mochte sie doch! hättst du Nur deinen Reichtum nicht, o Dichter Hin in den gährenden Kelch geopfert! Doch heilig bist du mir, wie der Erde Macht, Die dich hinwegnahm, kühner Getödteter! Und folgen möcht' ich in die Tiefe, Hielte die Liebe mich nicht, dem Helden.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Empedokles", appears in Gedichte 1784-1800
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7. Gesang des Deutschen  [sung text not yet checked]
O heilig Herz der Völker, o Vaterland! Allduldend, gleich der schweigenden Mutter Erd, Und allverkannt, wenn schon aus deiner Tiefe die Fremden ihr Bestes haben! Sie ernten den Gedanken, den Geist von dir, Sie pflücken gern die Traube, doch höhnen sie Dich, ungestalte Rebe! daß du Schwankend den Boden und wild umirrest. Du Land des hohen ernsteren Genius! Du Land der Liebe! bin ich der deine schon, Oft zürnt ich weinend, daß du immer Blöde die eigene Seele leugnest. Doch magst du manches Schöne nicht bergen mir, Oft stand ich überschauend das holde Grün, Den weiten Garten hoch in deinen Lüften auf hellem Gebirg und sah dich. An deinen Strömen ging ich und dachte dich, Indes die Töne schüchtern die Nachtigall Auf schwanker Weide sang, und still auf Dämmerndem Grunde die Welle weilte. Und an den Ufern sah ich die Städte blühn, Die Edlen, wo der Fleiß in der Werkstatt schweigt, Die Wissenschaft, wo deine Sonne Milde dem Künstler zum Ernste leuchtet. Kennst du Minervas Kinder? sie wählten sich Den Ölbaum früh zum Lieblinge; kennst du sie? Noch lebt, noch waltet der Athener Seele, die sinnende, still bei Menschen, Wenn Platons frommer Garten auch schon nicht mehr Am alten Strome grünt und der dürftge Mann Die Heldenasche pflügt, und scheu der Vogel der Nacht auf der Säule trauert. O heilger Wald! o Attika! traf Er doch Mit seinem furchtbarn Strahle dich auch, so bald, Und eilten sie, die dich belebt, die Flammen entbunden zum Aether über? Doch, wie der Frühling, wandelt der Genius Von Land zu Land. Und wir? ist denn Einer auch Von unsern Jünglingen, der nicht ein Ahnden, ein Rätsel der Brust, verschwiege? Den deutschen Frauen danket! sie haben uns Der Götterbilder freundlichen Geist bewahrt, Und täglich sühnt der holde klare Friede das böse Gewirre wieder. Wo sind jetzt Dichter, denen der Gott es gab, Wie unsern Alten, freudig und fromm zu sein, Wo Weise, wie die unsre sind? die Kalten und Kühnen, die Unbestechbarn! Nun! sei gegrüßt in deinem Adel, mein Vaterland, Mit neuem Namen, reifeste Frucht der Zeit! Du letzte und du erste aller Musen, Urania, sei gegrüßt mir! Noch säumst und schweigst du, sinnest ein freudig Werk, Das von dir zeuge, sinnest ein neu Gebild, Das einzig, wie du selber, das aus Liebe geboren und gut, wie du, sei - Wo ist dein Delos, wo dein Olympia, Daß wir uns alle finden am höchsten Fest? - Doch wie errät der Sohn, was du den Deinen, Unsterbliche, längst bereitest?
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Gesang des Deutschen"
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission