Wo bist du? trunken dämmert die Seele mir Von all deiner Wonne; denn eben ist's, Daß ich gelauscht, wie goldner Töne Voll der entzückende Sonnenjüngling Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt'; Es tönten rings die Wälder und Hügel nach. Doch fern ist er zu frommen Völkern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen.
Drei Lieder nach Gedichten von Friedrich Hölderlin , opus 67
by Hermann Reutter (1900 - 1985)
1. Sonnenuntergang
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Sonnenuntergang", appears in Gedichte 1784-1800
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John H. Campbell) , no title, copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Où es-tu ?", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Coucher de soleil", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
2. Die Nacht
Language: German (Deutsch)
Ringsum ruhet die Stadt; still wird die erleuchtete Gasse, Und, mit Fackeln geschmückt, rauschen die Wagen hinweg. Satt gehn heim, von Freuden des Tags zu ruhen die Menschen, Und Gewinn und Verlust wäget ein sinniges Haupt Wohlzufrieden zu Haus; leer steht von Trauben und Blumen Und von Werken der Hand ruht der geschäftige Markt. Aber das Saitenspiel tönt fern aus Gärten; vielleicht daß Dort ein Liebender spielt, oder ein einsamer Mann Ferner Freunde gedenkt und der Jugendzeit; und die Brunnen, Immerquillend und frisch, rauschen am duftenden Beet, Still in dämmriger Luft ertönen geläutete Glocken, Und der Stunden gedenk rufet ein Wächter die Zahl. Jetzt auch kommet ein Wehn und reget die Gipfel des Hains auf, Sieh!, und das Ebenbild unserer Erde, der Mond Kommet geheim nun auch, die Schwärmerische, die Nacht kommt; Voll mit Sternen und wohl wenig bekümmert um uns Glänzt die Erstaunende dort, die Fremdlingin unter den Menschen Über Gebirgeshöhn traurig und prächtig herauf.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Brot und Wein", appears in Gedichte 1800-1804, in Elegien, first published 1800
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John Glenn Paton) , "The night", copyright © 2000, (re)printed on this website with kind permission
3. Lebenslauf
Language: German (Deutsch)
Größeres wolltest auch du, aber die Liebe zwingt All uns nieder, das Leid beugt gewaltiger, Doch es kehret umsonst nicht Unser Bogen, woher er kommt. Aufwärts oder hinab ! herrschet in heiliger Nacht, Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt, Herrscht im schiefesten Orkus Nicht ein Grades, ein Recht noch auch ? Dies erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich, Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, Daß ich wüßte, mit Vorsicht Mich des ebenen Pfads geführt. Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für alles lern, Und verstehe die Freiheit, Aufzubrechen, wohin er will.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Lebenslauf", written 1800
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