Sagt es niemand, nur den Weisen, Weil die Menge gleich verhöhnet, Das Lebend'ge will ich preisen, Das nach Flammentod sich sehnet. In der Liebesnächte Kühlung, Die dich zeugte, wo du zeugtest, Überfällt dich fremde Fühlung, Wenn die stille Kerze leuchtet. Nicht mehr bleibest du umfangen In der Finsternis Beschattung, Und dich reißet neu Verlangen Auf zu höherer Begattung. Keine Ferne macht dich schwierig, Kommst geflogen und gebannt, Und zuletzt, des Lichts begierig, Bist du, Schmetterling, verbrannt. Und so lang du das nicht hast, Dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trüber Gast Auf der dunklen Erde. Tut ein Schilf sich doch hervor, Welten zu versüßen! Möge meinem Schreibe-Rohr Liebliches entfließen!
Sechs Gedichte aus der "westöstliche Divan" , opus 73
by Hermann Reutter (1900 - 1985)
1. Selige Sehnsucht  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Selige Sehnsucht", written 1814, appears in West-östlicher Divan, in 1. Buch des Sängers -- Moganni Nameh, first published 1816
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "Blissful yearning", copyright ©
- SPA Spanish (Español) (Rodrigo Ruiz) , "Bendito anhelo", copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
2. Es ist gut  [sung text not yet checked]
Bei Mondenschein im Paradeis Fand Jehovah im Schlafe tief Adam versunken, legte leis Zur Seit ein Evchen, das auch entschlief. Da lagen nun in Erdeschranken Gottes zwei lieblichste Gedanken-- "Gut!!!" rief er sich zum Meisterlohn, Er ging sogar nicht gern davon. Kein Wunder, daß es uns berückt, Wenn Auge frisch in Auge blickt, Als hätten wir's so weit gebracht, Bei dem zu sein, der uns gedacht. Und ruft er uns, wohlan, es sei! Nur, das beding ich, alle zwei! Dich halten dieser Arme Schranken, Liebster von allen Gottesgedanken.
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Es ist gut", written 1815, appears in West-östlicher Divan, in 10. Buch der Parabeln -- Mathal Nameh
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "C'est bien", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
3. Der Winter und Timur  [sung text not yet checked]
So umgab sie nun der Winter Mit gewaltgem Grimme. Streuend Seinen Eishauch zwischen alle, Hetzt' er die verschiednen Winde Widerwärtig auf sie ein. über sie gab er Gewaltkraft Seinen frostgespitzten Stürmen, Stieg in Timurs Rat hernieder, Schrie ihn drohend an und sprach so: "Leise, langsam, Unglücksel'ger! Wandle, du Tyrann des Unrechts! Sollen länger noch die Herzen Sengen, brennen deinen Flammen? Bist du der verdammten Geister Einer: wohl! ich bin der andre. Du bist Greis; ich auch! Erstarren Machen wir so Land als Menschen. Mars, du bist's! Ich bin Saturnus; übeltätige Gestirne, Im Verein die schrecklichsten. Tötest du die Seele, kältest Du den Luftkreis: meine Lüfte Sind noch kälter, als du sein kannst. Quälen deine wilden Heere Gläubige mit tausend Martern: Wohl! in meinen Tagen soll sich, Geb es Gott! was Schlimmres finden, Und, bei Gott! dir schenk ich nichts. Hör es Gott, was ich dir biete! Ja, bei Gott! von Todeskälte Nicht, o Greis, verteidigen soll dich Breite Kohlenglut vom Herde, Keine Flamme des Dezembers!"
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Der Winter und Timur", written 1814, appears in West-östlicher Divan, in 7. Buch des Timur -- Timur Nameh
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Woher ich kam?  [sung text not yet checked]
Woher ich kam? Es ist noch eine Frage; Mein Weg hierher, der ist mir kaum bewußt, Heut nun und hier am himmelfrohen Tage Begegnen sich, wie Freunde, Schmerz und Lust. O süßes Glück, wenn beide sich vereinen! Einsam, wer möchte lachen, möchte weinen?
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Woher ich kam?", appears in West-östlicher Divan, in 4. Buch der Betrachtungen -- Tefkir Nameh, first published 1827
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. In tausend Formen magst du dich verstecken  [sung text not yet checked]
In tausend Formen magst du dich verstecken, Doch, Allerliebste, gleich erkenn ich dich; Du magst mit Zauberschleiern dich bedecken, Allgegenwärt'ge, gleich erkenn ich dich. An der Zypresse reinstem jungem Streben, Allschöngewachsne, gleich erkenn ich dich. In des Kanales reinem Wellenleben, Allschmeichelhafte, wohl erkenn ich dich. Wenn steigend sich der Wasserstrahl entfaltet, Allspielende, wie froh erkenn ich dich! Wenn Wolke sich gestaltend umgestaltet, Allmannigfaltge, dort erkenn ich dich. An des geblümten Schleiers Wiesenteppich, Allbuntbesternte, schön erkenn ich dich; Und greift umher ein tausendarmger Eppich, O Allumklammernde, da kenn ich dich. Wenn am Gebirg der Morgen sich entzündet, Gleich, Allerheiternde, begrüß ich dich, Dann über mir der Himmel rein sich ründet, Allherzerweiternde, dann atm' ich dich. Was ich mit äußerm Sinn, mit innerm kenne, Du Allbelehrende, kenn ich durch dich; Und wenn ich Allahs Namenhundert nenne, Mit jedem klingt ein Name nach für dich.
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, written 1815, appears in West-östlicher Divan, in 8. Buch Suleika -- Suleika Nameh
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "In a thousand different forms you may hide yourself", copyright ©
6. Unbegrenzt  [sung text not yet checked]
Daß du nicht enden kannst, das macht dich groß,
Und daß du nie beginnst, das ist dein Los.
Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,
Anfang und Ende immerfort dasselbe,
Und, was die Mitte bringt, ist offenbar
Das, was zu Ende bleibt und Anfangs war.
[ ... ]
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Unbegrenzt", written 1815, appears in West-östlicher Divan, in 2. Buch Hafis -- Hafis Nameh
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