Sei mir gegrüßt, du stille Rose In deiner düstern Einsamkeit, Entsprossen dunklem Waldesmoose In märchenvoller Sommerzeit. Wenn längst im warmen Lenzeshauche Mit bunten Blüten prangt die Welt, Schlägst du dein träumerisches Auge Erst schüchtern auf im Waldeszelt. Mit ihren letzten Liedern grüßen Die Nachtigallen deine Pracht, Es lagert sich zu deinen Füßen Das scheue Reh in kühler Nacht. Mit raschem Sprunge stürzt die Quelle Vom Felsen, wie sie dich erschaut, Und ruht als Spiegel klar und helle Vor dir, du Nachtigallenbraut. Wenn Schmetterlinge dich umgaukeln, Wenn Abendwinde dich umwehn Und dich in holde Träume schaukeln, Wie ist dein Leben reich und schön! Und wenn sich deine Blätter färben, O, wie beneid' ich da dein Los! Du neigst das Haupt und streust im Sterben Sie schmerzlos auf das weiche Moos. Die Vöglein alle in den Bäumen, Sie klagen nicht in herbem Leid; Sie zwitschern nur von Blütenträumen Und Wiedersehn zur Lenzeszeit. Die Sonne grüßt noch durch die Gipfel, Bevor sie scheidend niedergeht, Und rauschend neigen sich die Wipfel, Als sprächen sie ein still Gebet.
Sieben Gesänge , opus 185
by Joseph (Gabriel) Rheinberger (1839 - 1901)
1. Die Waldrose  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Georg Scherer (1824 - 1909), "Die Waldrose", appears in Gedichte von Georg Scherer, in 1. Erstes Buch
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The forest rose", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gedichte von Georg Scherer, vierte, vermehrte Auflage, Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien: Deutsche Verlags-Anstalt, 1894, pages 19-20
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
2. Cita mors ruit  [sung text not yet checked]
Der schnellste Reiter ist der Tod; Er überreitet das Morgenrot, Des Wetters rasches Blitzen; Sein Roß ist fahl und ungeschirrt, Die Senne schwirrt, der Pfeil erklirrt, Und muß im Herze sitzen. Durch Stadt und Dorf, über Berg und Tal, Im Morgenrot, im Abendstrahl Geht's fort in wildem Jagen, Und wo er floh mit Ungestüm, Da schallen die Glocken hinter ihm, Und Grabeslieder klagen. Er tritt herein in den Prunkpalast, Da wird so blaß der stolze Gast Und läßt von Wein und Buhle; Er tritt zum lustigen Hochzeitsschmaus, Ein Windstoß löscht die Kerzen aus, Bleich lehnt die Braut im Stuhle. Dem Schöffen blickt er ins Gesicht, Der just das weiße Stäblein bricht, Da sinkt's ihm aus den Händen; Ein Mägdlein windet Blüt' und Klee, Er tritt heran; ihr wird so weh -- Wer mag den Strauß vollenden! Drum sei nicht stolz, o Menschenkind! Du bist dem Tod wie Spreu im Wind, Und magst du Kronen tragen. Der Sand verrinnt, die Stunde schlägt, Und eh' ein Hauch dies Blatt bewegt, Kann auch die deine schlagen.
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Cita mors ruit"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Cita mors ruit", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
3. Zugvögel  [sung text checked 1 time]
Ihr flüchtigen Gäste in fernem Land, wann kehret ihr wieder zum heimischen Strand? Wenn lenzliches Glühen die Täler erhellt und Duften und Blühen durchziehet die Welt, dann hebt ihr die Schwingen, es lässt euch nicht mehr, und jubelnd mit Singen zieht fern ihr daher; und ob durch die Weite am himmlischen Plan euch niemand geleite, ihr findet die Bahn. O Tage der Heimkehr, o selige Zeit, da Mühe und Sorge dem Herzen so weit - da träumend im Weste der blühende Baum zum traulichen Neste entbietet den Raum; da nachts bei der Sonne hell leuchtendem Gang die Seele vor Wonne zerschmilzt in Gesang und süßeste Liebe nach stürmischem Graus mit holdem Getriebe umfriedet das Haus. Unsterblicher Geist vom irdischen Land, wann kehrest du wieder zum heimischen Strand? Wenn Palmen sich lauben von himmlischer Art, beginnst du im Glauben zur Heimat die Fahrt. Dann drängt dein Gefieder sich mächtig hervor und hebet dich wieder vom Staube empor, und ob durch die Weite am himmlischen Plan dich niemand geleite, du findest die Bahn.
Authorship:
- by Wilhelm Hosäus (1827 - 1900)
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Researcher for this page: Johann Winkler4. Meeresstille  [sung text checked 1 time]
Kühle Abendwinde wehen, golden glänzt der Sterne Schein, Wellen kommen, Wellen gehen, und die See schläft ruhig ein. Hast du vergessen Leiden und Weh? Schlummere stille, träumende See. Träumt dir von des Himmels Sternen, von der Engel Reigentanz? Deines Herzens tiefe Fernen spiegeln selgen Himmelsglanz. Lächle dem Sänger, lindre sein Weh, sende ihm Frieden, träumende See. Horch, es klingt aus dunkeln Gründen mir ein leises Flüstern zu, Geisterstimmen tröstend künden: Herz, einst gehst auch du zur Ruh. Darfst dann vergessen Leiden und Weh, ruhn wie die stille, träumende See.
Authorship:
- by Wilhelm Hosäus (1827 - 1900)
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Researcher for this page: Johann Winkler5. Singvöglein sing  [sung text checked 1 time]
Singvöglein, sieh, wie ringsum schon den Lenz die Blüten preisen, wohlauf, und stimm mit hellem Ton auch an nun deine Weisen; Beispiel sei dir die Nachtigall, die in den duftgen Zweigen, sieht staunend sie die Wunder all, sogleich sich mischt mit lautem Schall holdselig in den Reigen. Singvöglein, sing! Wär ich ein Knabe flink, gewandt, mit leicht beschwingten Füßen, ich haschte dich mit kluger Hand, Singvöglein, müsstest büßen; ein goldnes Hüttlein baute ich und schlöss dich ein in Eile, Singvöglein, traun, du sträubtest dich, doch endlich sängst du sicherlich, ach, schon vor Langerweile! Singvöglein, sing! Ein frommer Mönch gedankenvoll schritt unter grünen Bäumen; wie da des Vogels Lied erscholl, befiel ihn selges Träumen; ihm wurden tausend Jahr zum Nu, wer mag den Bann ermessen? Singvöglein, sing, o sing nur zu, dass Zeit und Welt in süßer Ruh auch wir einmal vergessen. Singvöglein, sing!
Authorship:
- by Wilhelm Hosäus (1827 - 1900)
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Researcher for this page: Johann Winkler6. Nach der Trauer  [sung text checked 1 time]
An Wasserbächen Babylon wir saßen mit Tränen nieder; verklungen war der fröhliche Ton der alten heimischen Lieder. Die Harfen hingen verstäubt und stumm an den alten Weidenbäumen; nur manchmal durch die Saiten um ging heimwehkrankes Träumen. Wohl sprach der Dränger mit frechem Hohn: Seid fröhlich, vergesset der Bande, stimmt an ein Lied mit lieblichem Ton und singt uns vom heiligen Lande! Weh, wehe, wer in knechtischem Sinn, o Zion, dein nicht gedächte! Ihm müsste die Zunge verschmachten dahin, verdorren die männliche Rechte. Jehova hat unsre Sache geführt, und heut liegt Babel im Staube, und Edom empfängt, was ihm gebührt, den Lohn aus frevelndem Raube. Auf nun im Herrn, mein Schwert, auch du, zu richten das Drängen und Höhnen, und du, mein Lied, sing Amen dazu in neuen, glückseligen Tönen!
Authorship:
- by Wilhelm Hosäus (1827 - 1900)
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Research team for this page: Bertram Kottmann , Johann Winkler7. Gute Nacht  [sung text not yet checked]
[Schon]1 fängt es an zu dämmern, Der Mond als Hirt erwacht, Und singt den Wolkenlämmern Ein Lied zur guten Nacht; Und wie er singt so leise, Da dringt vom Sternenkreise Der Schall ins Ohr mir sacht, Schlafet in Ruh'! schlafet in Ruh'! [Vorüber der Tag und sein Schall;]2 Die Liebe Gottes, sie deckt euch zu [Allüberall]2. Nun suchen in den Zweigen Ihr Nest die Vögelein, Die Halm' und Blumen neigen Das Haupt im Mondenschein, Und selbst des [Mühlbachs]3 Wellen Lassen das wilde Schwellen Und schlummern [murmelnd]4 ein. Schlafet in Ruh', schlafet in Ruh'! Vorüber der Tag und sein Schall; Die Liebe Gottes deckt euch zu Allüberall. Von Tür zu Türe wallet Der Traum, ein lieber Gast, Das Harfenspiel verhallet Im schimmernden Palast, Im Nachen schläft der Ferge, Die Hirten auf dem Berge [Halten]5 ums Feuer Rast. Schlafet in Ruh', schlafet in Ruh'! Vorüber der Tag und sein Schall; Die Liebes Gottes deckt euch zu Allüberall. Und wie nun alle Kerzen Verlöschen durch die Nacht, Da schweigen auch die Schmerzen, Die Sonn' und Tag gebracht; [Lind]6 säuseln die Zypressen, Ein seliges Vergessen Durchweht die Lüfte sacht. [Schlafet in Ruh', schlafet in Ruh'! Vorüber der Tag und sein Schall; Die Liebe Gottes deckt euch zu Allüberall.]2 Und wo von heißen Tränen Ein schmachtend Auge blüht, Und wo in bangem Sehnen Ein liebend Herz verglüht, Der Traum kommt leis und linde Und singt dem kranken Kinde Ein tröstend Hoffnungslied. Schlafet in Ruh', schlafet in Ruh'! Vorüber der Tag und sein Schall; Die Liebe Gottes deckt euch zu Allüberall. [Gut']7 Nacht denn, all ihr Müden, Ihr Lieben nah und fern! [Nun]8 ruh' auch ich in Frieden, Bis glänzt der Morgenstern. Die Nachtigall alleine Singt noch im Mondenscheine Und lobet Gott den Herrn. [Schlafet in Ruh', schlafet in Ruh'! Vorüber der Tag und sein Schall; Die Liebe Gottes deckt euch zu Allüberall.]2
Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Gute Nacht", appears in Jugendgedichte, in 3. Drittes Buch, in Athen
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- DUT Dutch (Nederlands) (Corien Sleeswijk) , "Goede Nacht", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Michael P Rosewall) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
1 Rheinberger, op. 185 no. 7: "Nun"; further changes may exist not noted above
2 omitted by Abt.
3 Lachner, both settings: "Mühlrads"
4 Lachner, op. 105: "ruhig"
5 Rheinberger, op 131: "Sie halten"
6 Abt: "Und"
7 Lachner, op. 84: "Gute"
8 Abt: "Bald"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler