Du aber, Göttlicher, du, bis zuletzt noch Ertöner, da ihn der Schwarm der verschmähten Mänaden befiel, hast ihr Geschrei übertönt mit Ordnung, du Schöner, aus den Zerstörenden stieg dein erbauendes Spiel. Keine war da, dass sie Haupt dir und Leier zerstör. Wie sie auch rangen und rasten, und alle die scharfen Steine, die sie nach deinem Herzen warfen, wurden zu Sanftem an dir und begabt mit Gehör. Schließlich zerschlugen sie dich, von der Rache gehetzt, während dein Klang noch in Löwen und Felsen verweilte und in den Bäumen und Vögeln. Dort singst du noch jetzt. O du verlorener Gott! Du unendliche Spur! Nur weil dich reißend zuletzt die Feindschaft verteilte, sind wir die Hörenden jetzt und ein Mund der Natur.
Orpheus singt. Sonette an Orpheus für mittlere Stimme und Orchester
by Günter Bialas (1907 - 1992)
1. Du aber, Göttlicher  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1922, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 26
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- ENG English [singable] (T. P. (Peter) Perrin) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
2. Hörst du das Neue, Herr  [sung text not yet checked]
Hörst du das Neue, Herr, dröhnen und beben? Kommen Verkündiger, die es erheben. Zwar ist kein Hören heil in dem Durchtobtsein, doch der Maschinenteil will jetzt gelobt sein. Sieh, die Maschine: wie sie sich wälzt und rächt und uns entstellt und schwächt. Hat sie aus uns auch Kraft, sie, ohne Leidenschaft, treibe und diene.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 18
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Wandelt sich  [sung text not yet checked]
Wandelt sich rasch auch die Welt wie Wolkengestalten, alles Vollendete fällt heim zum Uralten. Über dem Wandel und Gang, weiter und freier, währt noch dein Vor-Gesang, Gott mit der Leier. Nicht sind die Leiden erkannt, nicht ist die Liebe gelernt, und was im Tod uns entfernt, ist nicht entschleiert. Einzig das Lied überm Land heiligt und feiert.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 19
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4. Zwischenmusik
— Tacet —
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5. Da stieg ein Baum  [sung text not yet checked]
Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung! O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr. Und alles schwieg. Doch selbst in der verschweigung ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor. Tiere aus Stille drangen aus dem klaren gelösten wald von Lager und Genist; und da ergab sich, daß sie nicht aus List und nicht aus Angst in sich so leise waren, sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr schien klein in ihren Herzen. Und wo eben kaum eine Hütte war, dies zu empfangen, ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, -- da schufst du ihnen Tempel im Gehör.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 1
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6. Nur im Raum der Rühmung  [sung text not yet checked]
Nur im Raum der Rühmung darf die Klage gehn, die Nymphe des geweinten Quells, wachend über unserm Niederschlage, daß er klar sei an demselben Fels, der die Tore trägt und die Altäre. – Sieh, um ihre stillen Schultern früht das Gefühl, daß sie die jüngste wäre unter den Geschwistern im Gemüt. Jubel weiß, und Sehnsucht ist geständig, – nur die Klage lernt noch; mädchenhändig zählt sie nächtelang das alte Schlimme. Aber plötzlich, schräg und ungeübt, hält sie doch ein Sternbild unsrer Stimme in den Himmel, den ihr Hauch nicht trübt.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 8
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Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]