Wer du auch seist: am Abend tritt hinaus aus deiner Stube, drin du alles weißt; als letztes vor der Ferne liegt dein Haus: wer du auch seist. Mit deinen Augen, welche müde kaum von der verbrauchten Schwelle sich befrein, hebst du ganz langsam einen schwarzen Baum und stellst ihn vor den Himmel: schlank, allein. Und hast die Welt gemacht. Und sie ist groß und wie ein Wort, das noch im Schweigen reift. Und wie dein Wille ihren Sinn begreift, lassen sie deine Augen zärtlich los...
Six songs on Rilke
Song Cycle by Beth Wiemann (b. 1959)
1. Eingang  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Eingang", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , copyright © 2008
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Entrée", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
2. Übung am Klavier  [sung text not yet checked]
Der Sommer summt. Der Nachmittag macht müde; sie atmete verwirrt ihr frisches Kleid und legte in die triftige Etüde die Ungeduld nach einer Wirklichkeit, die kommen konnte: morgen, heute abend -, die vielleicht da war, die man nur verbarg; und vor den Fenstern, hoch und alles habend, empfand sie plötzlich den verwöhnten Park. Da brach sie ab; schaute hinaus, verschränkte die Hände; wünschte sich ein langes Buch - und schob auf einmal den Jasmingeruch erzürnt zurück. Sie fand, daß er sie kränkte.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Übung am Klavier", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil, first published 1908
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Der Nachbar  [sung text not yet checked]
Fremde Geige, gehst du mir nach? In wieviel Städten schon sprach deine einsame Nacht zu meiner? Spielen dich hunderte? Spielt dich einer? Giebt es in allen großen Städten solche, die sich ohne dich schon in den den Flüssen verloren hätten? Und warum trifft es immer mich? Warum bin ich immer der Nachbar derer, die ich bange zwingen zu singen und zu sagen: Das Leben ist schwerer als die Schwere von allen Dingen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Nachbar", written 1902/3, appears in Das Buch der Bilder
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Le voisin", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, pages 338-339.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
4. Aus einer Kindheit  [sung text not yet checked]
Das Dunkeln war wie Reichtum in dem Raume, darin der Knabe, sehr verheimlicht, saß. Und als die Mutter eintrat wie im Traume, erzitterte im stillen Schrank ein Glas. Sie fühlte, wie das Zimmer sie verriet, und küßte ihren Knaben : Bist du hier? ... Dann schauten beide bang nach dem Klavier, denn manchen Abend hatte sie ein Lied, darin das Kind sich seltsam tief verfing. Es sa sehr still. Sein großes Schauen hing an ihrer Hand, die ganz gebeugt vom Ringe, als ob sie schwer in Schneewehn ginge, über die weißen Tasten ging.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Aus einer Kindheit", appears in Das Buch der Bilder
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Leipzig: Insel-Verlag, 1913, p.25
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Dame auf einem Balkon  [sung text not yet checked]
Plötzlich tritt sie, in den Wind gehüllt, licht in Lichtes, wie herausgegriffen, während jetzt die Stube wie geschliffen hinter ihr die Türe füllt dunkel wie der Grund einer Kamee, die ein Schimmern durchlässt durch die Ränder; und du meinst der Abend war nicht, ehe sie heraustrat, um auf das Geländer noch ein wenig von sich fortzulegen, noch die Hände, -- um ganz leicht zu sein: wie dem Himmel von den Häuserreihn hingereicht, von allem zu bewegen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Dame auf einem Balkon", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig : Insel-Verlag, 1907, p.87
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
6. Der Einsame  [sung text not yet checked]
Wie einer, der auf fremden Meeren fuhr, so bin ich bei den ewig Einheimischen; die vollen Tage stehn auf ihren Tischen, mir aber ist die Ferne voll Figur. In mein Gesicht reicht eine Welt herein, die vielleicht unbewohnt ist wie ein Mond, sie aber lassen kein Gefühl allein, und alle ihre Worte sind bewohnt. Die Dinge, die ich weither mit mir nahm, sehn selten aus, gehalten an das Ihre -: in ihrer großen Heimat sind sie Tiere, hier halten sie den Atem an vor Scham.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Einsame", written 1903, appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le solitaire", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission