Ich möchte einer werden so wie die, die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren, mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haaren in ihres Jagens großem Winde wehn. Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne, groß und wie eine Fahne aufgerollt. Dunkel, aber mit einem Helm von Gold, der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht zehn Männer aus derselben Dunkelheit mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind, bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind. Und einer steht bei mir und bläst uns Raum mit der Trompete, welche blitzt und schreit, und bläst uns eine schwarze Einsamkeit, durch die wir rasen wie ein rascher Traum: Die Häuser fallen hinter uns ins Knie, die Gassen biegen sich uns schief entgegen, die Plätze weichen aus: wir fassen sie, und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
Rilke-Lieder
Song Cycle by Michael Thilo
1. Der Knabe  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Knabe", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The lad", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le garçon", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, page 332.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
2. Die Stille  [sung text not yet checked]
Hörst du Geliebte, ich hebe die Hände - hörst du: es rauscht... Welche Gebärde der Einsamen fände sich nicht von vielen Dingen belauscht? Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider und auch das ist Geräusch bis zu dir. Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder...... ... aber warum bist du nicht hier. Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung bleibt in der seidenen Stille sichtbar; unvernichtbar drückt die geringste Erregung in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein. Auf meinen Atemzügen heben und senken die Sterne sich. Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke, und ich erkenne die Handgelenke entfernter Engel. Nur die ich denke: Dich seh ich nicht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Stille", appears in Das Buch der Bilder, no. 11
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Leipzig : Im Insel-Verlag, 1923, p.14
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
3. Gebet für die Irren und Sträflinge  [sung text not yet checked]
Ihr, von denen das Sein leise sein großes Gesicht wegwandte: ein vielleicht Seiender spricht draußen in der Freiheit langsam bei Nacht ein Gebet: Daß euch die Zeit vergeht, denn ihr habt Zeit. Wenn es euch jetzt gedenkt, greift euch zärtlich durchs Haar: alles ist weggeschenkt, alles, was war. Oh, daß ihr stille bliebt, wenn euch das Herz verjährt; daß keine Mutter erfährt, daß es das gibt. Oben hob sich der Mond, wo sich die Zweige entzwein, und, wie von euch bewohnt, bleibt er allein.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Gebet für die Irren und Sträflinge"
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Leipzig : Insel-verlag, 1927, p.166
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
4. Du, der ichs nicht sage  [sung text not yet checked]
Du, der ichs nicht sage, daß ich bei Nacht weinend liege, deren Wesen mich müde macht wie eine Wiege. Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht Meinetwillen: wie, wenn wir diese Pracht ohne zu stillen in uns ertrügen?
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1910, appears in Aus dem Nachlaß, in Lied, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "You, whom I am not telling", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Toi, à qui je ne dis pas", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, rilke.de/gedichte/lied.htm, Note: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
Research team for this page: Jeroen Scholten , Joost van der Linden [Guest Editor]
5. Der Panther  [sung text not yet checked]
Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Panther", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La panthère", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
6. Die Flamingos  [sung text not yet checked]
In Spiegelbildern wie von Fragonard ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte nicht mehr gegeben, als dir einer böte, wenn er von seiner Freundin sagt : sie war noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, beisammen, blühend, wie in einem Beet, verführen sie verführender als Phryne sich selber ; bis sie ihres Auges Bleiche hinhalsend bergen in der eignen Weiche, in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt. Auf einmal kreischt ein Neid durch die Volière ; sie aber haben sich erstaunt gestreckt und schreiten einzeln ins Imaginäre.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Flamingos", subtitle: "Paris, jardin des plantes", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Gesammelte Werke, Band III, Leipzig: Insel-verlag, 1929, p.236
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]