[Mutter]1, der junge Prinz muß an unsrer Türe [vorbeikommen]2, Wie kann ich diesen Morgen auf meine Arbeit Acht geben? [Zeig]3 mir, wie [soll mein Haar ich]4 flechten; [Zeig]5 mir, was soll ich für Kleider [anziehen]6? Warum schaust du mich so verwundert an, Mutter? Ich weiß wohl, er wird nicht ein einz'ges mal zu meinem Fenster aufblicken. Ich weiß, im Nu wird er mir aus den Augen sein; Nur das verhallende Flötenspiel wird seufzend zu mir dringen von weitem. Aber der junge Prinz wird [bei uns]7 vorüberkommen, Und ich will mein Bestes anziehn für diesen Augenblick. [Mutter]1, der junge Prinz ist an unsrer Türe [vorbeigekommen]2, Und die Morgensonne blitzte [an]8 seinem Wagen. Ich strich den Schleier aus meinem Gesicht, Riß die Rubinenkette von meinem Halse und warf sie ihm in den Weg. Warum schaust du mich so verwundert an, Mutter? Ich weiß wohl, daß er meine Kette nicht aufhob. Ich weiß, sie ward unter den Rädern zermalmt Und ließ eine rote Spur im Staube zurück. Und niemand weiß, was mein Geschenk war, [und wer es gab]9. Aber der junge Prinz kam an unsrer Tür vorüber Und ich [hab' den]10 Schmuck von meiner Brust [Ihm]11 in den Weg geworfen.
Drei Gesänge aus Tagore's Der Gärtner
Song Cycle by Jan Pieter Hendrik van Gilse (1881 - 1944)
1. O Mutter, der junge Prinz muß an unser Tür vorüberkommen  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Jan Śliwiński (1884 - 1950), as Hans Effenberger, appears in Rabindranath Tagore. Der Gärtner, no. 7, first published 1916
Based on:
- a text in English by Rabindranath Tagore (1861 - 1941), no title, appears in The Gardener, no. 7, first published 1913
Based on:
- a text in Bangla (Bengali) by Rabindranath Tagore (1861 - 1941) [text unavailable]
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Madre, il giovane principe", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
1 Szymanowski: "O Mutter"
2 Szymanowski: "vorüberkommen"
3 Szymanowski: "O Mutter, zeig"
4 Szymanowski: "soll ich mein Haar"
5 Szymanowski: "Sag"
6 Szymanowski: "anlegen"
7 Szymanowski: "an unsrer Tür"
8 Szymanowski: "auf an"
9 Szymanowski: "noch wem es galt"
10 Szymanowski: "habe ihm den"
11 omitted by Szymanowski.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Wenn ich Nachts zum Stelldichein gehe  [sung text not yet checked]
Wenn ich nachts zum Stelldichein gehe, singen keine Vögel, der Wind regt sich nicht, die Häuser an beiden Seiten der Straße stehen schweigsam. Nur meine eignen Fußspangen werden laut bei jedem Schritt, und ich schäme mich. Wenn ich auf meinem Balkon sitze und auf seine Schritte lausche, rascheln die Blätter nicht auf den Bäumen, und das Wasser ist still im Fluß wie das Schwert auf den Knien eines schlafenden Wächters. Nur mein eigenes Herz schlägt wild — ich weiß nicht, wie ich es ruhig halten soll. Wenn mein Geliebter kommt und bei mir sitzt, wenn mein Leib zittert und meine Augenlider sich senken, wird die Nacht schwarz, der Wind bläst die Lampe aus, und die Wolken ziehen Schleier über die Sterne. Nur der Edelstein auf meiner eigenen Brust scheint und gibt Licht. Ich weiß nicht, wie ich ihn verbergen soll.
Text Authorship:
- by Jan Śliwiński (1884 - 1950), as Hans Effenberger, no title, appears in Rabindranath Tagore. Der Gärtner, no. 9
Based on:
- a text in English by Rabindranath Tagore (1861 - 1941), no title, appears in The Gardener, no. 9, first published 1913
Based on:
- a text in Bangla (Bengali) by Rabindranath Tagore (1861 - 1941) [text unavailable]
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Confirmed with Rabindranath Tagor. Der Gärtner. Einzig autorisierte deutsche Ausgabe. Nach der von Rabindranath Tagore selbst veranstalteten englischen Ausgabe ins Deutsche übertragen von Hans Effenberger, München, Kurt Wolff Verlag, 1921, page 18. Note: this is a prose text. Line breaks have been added to make it line up with the English.
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Sag mir, ob das alles wahr ist, Liebster
Sag mir, ob das alles wahr ist, Liebster, sag mir, ob das alles wahr ist. Wenn diese Augen ihre Blitze sprühen, geben die dunklen Wolken in Deiner Brust stürmische Antwort? Ist es wahr, daß meine Lippen süß sind wie die aufspringende Knospe der ersten, eingestandenen Liebe? Säumen die Erinnerungen entschwundener Maienmonde in meinen Gliedern? Erschauert die Erde wie eine Harfe in Liedern, wenn meine Füße sie berühren? Ist es denn wahr, daß die Tautropfen von den Augen der Nacht fallen, wenn ich mich zeige, und daß das Morgenlicht froh ist, wenn es meinen Körper rings einhüllt? Ist es wahr, ist es wahr, daß Deine Liebe einsam durch Zeitalter und Welten wanderte, auf der Suche nach mir? Daß, da Du mich endlich fandest, Dein langes Sehnen letzten Frieden, fand in meiner sanften Rede, in meinen Augen und Lippen und flutenden Haaren? Ist es denn wahr, daß das Geheimnis des Unendlichen auf dieser meinen kleinen Stirn geschrieben steht? Sag mir, Geliebter, ist denn das alles wahr?
Text Authorship:
- by Jan Śliwiński (1884 - 1950), as Hans Effenberger, no title, appears in Rabindranath Tagore. Der Gärtner, no. 32
Based on:
- a text in English by Rabindranath Tagore (1861 - 1941), no title, appears in The Gardener, no. 32, first published 1913
Based on:
- a text in Bangla (Bengali) by Rabindranath Tagore (1861 - 1941) [text unavailable]
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]