Dein Vater, wie ein jeder weiß, Ein Esel leider war der Gute; Doch deine Mutter, hochgesinnt, War eine edle Vollblutstute. Tatsache ist dein Maultiertum, Wie sehr du dessen dich erwehrest; Doch sagen darfst du guten Fugs, Daß du den Pferden angehörest, - Daß du abstammst vom Bucephal, Dem stolzen Gaul, daß deine Ahnen Geharnischt nach dem heilgen Grab Gefolgt den frommen Kreuzzugfahnen, - Daß du zu deiner Sippschaft zählst Den hohen Schimmel, den geritten Herr Gottfried von Bouillon, am Tag, Wo er die Gottesstatt erstritten; - Kannst sagen auch, daß Roß-Bayard Dein Vetter war, daß deine Tante Den Ritter Don Quixote trug, Die heldenmütge Rosinante. Freilich, daß Sanchos Grauchen auch Mit dir verwandt, mußt du nicht sagen; Verleugne gar das Eselein, Das unsern Heiland einst getragen. Auch ist nicht nötig, daß du just Ein Langohr in dein Wappen setzest. Sei deines eignen Werts Wardein - Du giltst so hoch, wie du dich schätzest.
Heine-Zyklus (zur "Ollea") : Zehn Lieder mit Gedichten von Heinrich Heine
Song Cycle by Arthur Dangel (b. 1931)
1. Maultiertum  [sung text not yet checked]
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Maultiertum", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 1
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Symbolik des Unsinns  [sung text not yet checked]
Wir heben nun zu singen an Das Lied von einer Nummer, Die ist geheißen Nummer Drei; Nach Freuden kommt der Kummer. Arabischen Ursprungs war sie zwar, Doch christentümlich frummer In ganz Europa niemand war Wie jene brave Nummer. Sie war ein Muster der Sittlichkeit Und wurde rot wie ein Hummer, Fand sie den Knecht im Bette der Magd; Gab beiden einen Brummer. Des Morgens trank sie den Kaffee Um sieben Uhr im Summer, Im Winter um neun, und in der Nacht Genoß sie den besten Schlummer. Jetzt aber ändert sich der Reim, Und ändern sich die Tage; Es muß die arme Nummer Drei Erdulden Pein und Plage. Da kam ein Schuster und sagte: der Kopf Der Nummer Drei, der sähe Wie eine kleine Sieben aus, Die auf einem Halbmond stehe. Die Sieben sei aber die mystische Zahl Der alten Pythagoräer, Der Halbmond bedeute Dianendienst, Er mahne auch an Sabäer. Sie selber, die Drei, sei Schiboleth Des Oberbonzen von Babel; Durch dessen Buhlschaft sie einst gebar Die heilge Dreieinigkeitsfabel. Ein Kürschner bemerkte dagegen: die Drei Sie eine fromme Trulle, Verehrt von unsern Vätern, die einst Geglaubt an jede Schrulle. Da war ein Schneider, der lächelnd sprach, Daß gar nicht existiere Die Nummer Drei, daß sie sich nur Befinde auf dem Papiere. Als solches hörte die arme Drei, Wie eine verzweifelte Ente, Sie wackelte hin, sie wackelte her, Sie jammerte und flennte: Ich bin so alt wie das Meer und der Wald, Wie die Stern, die am Himmel blinken; Sah Reiche entstehn, sah Reiche vergehn Und Völker aufsteigen und sinken. Ich stand am schnurrenden Webstuhl der Zeit Wohl manches lange Jahrtausend; Ich sah der Natur in den schaffenden Bauch, Das wogte brausend und sausend. Und dennoch widerstand ich dem Sturm Der sinnlich dunkeln Gewalten - Ich habe meine Jungferschaft In all dem Spektakel behalten. Was hilft mir meine Tugend jetzt? Mich höhnen Weise und Toren; Die Welt ist schlecht und ungerecht, Läßt niemand ungeschoren. Doch tröste dich, mein Herz, dir blieb Dein Lieben, Hoffen, Glauben, Auch guter Kaffee und ein Schlückchen Rum, Das kann keine Skepsis mir rauben.
Text Authorship:
- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Symbolik des Unsinns", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 2
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Hoffart  [sung text not yet checked]
O Gräfin Gudel von Gudelfeld, Dir huldigt die Menschheit, denn du hast Geld! Du wirst mit Vieren kutschieren, Man wird dich bei Hof präsentieren. Es trägt dich die goldne Karosse Zum kerzenschimmernden Schlosse; Es rauschet deine Schleppe Hinauf die Marmortreppe; Dort oben, in bunten Reihen, Da stehen die Diener und schreien: Madame la comtesse de Gudelfeld. Stolz, in der Hand den Fächer, Wandelst du durch die Gemächer. Belastet mit Diamanten Und Perlen und Brüsseler Kanten, Dein weißer Busen schwellet Und freudig überquellet. Das ist ein Lächeln und Nicken Und Knicksen und tiefes Bücken! Die Herzogin von Pavia, Die nennt dich: Cara mia. Die Junker und die Schranzen, Die wollen mit dir tanzen; Und der Krone witziger Erbe Ruft laut im Saal: Süperbe Schwingt sie den Steiß, die Gudelfeld! Doch, Ärmste, hast du einst kein Geld, Dreht dir den Rücken die ganze Welt. Es werden die Lakaien Auf deine Schleppe speien. Statt Bückling und Scherwenzen Gibts nur Impertinenzen. Die cara mia bekreuzt sich, Und der Kronprinz ruft und schneuzt sich: Nach Knoblauch riecht die Gudelfeld.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Hoffart", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 3
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Wandere!  [sung text not yet checked]
Wenn dich ein Weib verraten hat, So liebe flink eine Andre; Noch besser wär es, du ließest die Stadt - Schnüre den Ranzen und wandre! Du findest bald einen blauen See, Umringt von Trauerweiden; Hier weinst du aus dein kleines Weh Und deine engen Leiden. Wenn du den steilen Berg ersteigst, Wirst du beträchtlich ächzen; Doch wenn du den felsigen Gipfel erreichst, Hörst du die Adler krächzen. Dort wirst du selbst ein Adler fast, Du bist wie neugeboren, Du fühlst dich frei, du fühlst: du hast Dort unten nicht viel verloren.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Wandere!", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 4
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Winter  [sung text not yet checked]
Die Kälte kann wahrlich brennen Wie Feuer. Die Menschenkinder Im Schneegestöber rennen Und laufen immer geschwinder. O, bittre Winterhärte! Die Nasen sind erfroren, Und die Klavierkonzerte Zerreißen uns die Ohren. Weit besser ist es im Summer, Da kann ich im Walde spazieren, Allein mit meinem Kummer, Und Liebeslieder skandieren.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Winter", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 5
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "L'hiver", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- GER German (Deutsch) (Dr Huaixing Wang) , "冬天", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
6. Altes Kaminstück  [sung text not yet checked]
Draußen ziehen weiße Flocken Durch die Nacht, der Sturm ist laut; Hier im Stübchen ist es trocken, Warm und einsam, stillvertraut. Sinnend sitz ich auf dem Sessel, An dem knisternden Kamin, Kochend summt der Wasserkessel Längst verklungne Melodien. Und ein Kätzchen sitzt daneben, Wärmt die Pfötchen an der Glut; Und die Flammen schweben, weben, Wundersam wird mir zu Mut. Dämmernd kommt heraufgestiegen Manche längst vergeßne Zeit, Wie mit bunten Maskenzügen Und verblichner Herrlichkeit. Schöne Fraun, mit kluger Miene, Winken süßgeheimnisvoll, Und dazwischen Harlekine Springen, lachen, lustigtoll. Ferne grüßen Marmorgötter, Traumhaft neben ihnen stehn Märchenblumen, deren Blätter In dem Mondenlichte wehn. Wackelnd kommt herbeigeschwommen Manches alte Zauberschloß; Hintendrein geritten kommen Blanke Ritter, Knappentroß. Und das alles zieht vorüber, Schattenhastig übereilt - Ach! da kocht der Kessel über, Und das nasse Kätzchen heult.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Altes Kaminstück", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 6
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]7. Sehnsüchtelei  [sung text not yet checked]
In dem Traum siehst du die stillen Fabelhaften Blumen prangen; Und mit Sehnsucht und Verlangen Ihre Düfte dich erfüllen. Doch von diesen Blumen scheidet Dich ein Abgrund tief und schaurig, Und dein Herz wird endlich traurig, Und es blutet und es leidet. Wie sie locken, wie sie schimmern! Ach, wie komm ich da hinüber? Meister Hämmerling, mein Lieber, Kannst du mir die Brücke zimmern?
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Sehnsüchtelei", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 7
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Nostalgie", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
8. Helena  [sung text not yet checked]
Du hast mich beschworen aus dem Grab Durch deinen Zauberwillen, Belebtest mich mit Wollustglut - Jetzt kannst du die Glut nicht stillen. Preß deinen Mund an meinen Mund, Der Menschen Odem ist göttlich! Ich trinke deine Seele aus, Die Toten sind unersättlich.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Helena", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 8
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Hélène", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
9. Kluge Sterne  [sung text not yet checked]
Die Blumen erreicht der Fuß so leicht, Auch werden zertreten die meisten; Man geht vorbei und tritt entzwei Die blöden wie die dreisten. Die Perlen ruhn in Meerestruhn, Doch weiß man sie aufzuspüren; Man bohrt ein Loch und spannt sie ins Joch, Ins Joch von seidenen Schnüren. Die Sterne sind klug, sie halten mit Fug Von unserer Erde sich ferne; Am Himmelszelt, als Lichter der Welt, Stehn ewig sicher die Sterne.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Kluge Sterne", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 9
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
10. Die Engel  [sung text not yet checked]
Freilich, ein ungläubger Thomas, Glaub ich an den Himmel nicht, Den die Kirchenlehre Romas Und Jerusalems verspricht. Doch die Existenz der Engel, Die bezweifelte ich nie; Lichtgeschöpfe sonder Mängel, Hier auf Erden wandeln sie. Nur, genädge Frau, die Flügel Sprech ich jenen Wesen ab; Engel gibt es ohne Flügel, Wie ich selbst gesehen hab. Lieblich mit den weißen Händen, Lieblich mit dem schönen Blick Schützen sie den Menschen, wenden Von ihm ab das Mißgeschick. Ihre Huld und ihre Gnaden Trösten jeden, doch zumeist Ihn, der doppelt qualbeladen, Ihn, den man den Dichter heißt.
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- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Die Engel", appears in Neue Gedichte, in Zur Ollea, no. 10
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- ENG English [singable] (Daniel Platt) , "The angels", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission