Das war der Zwerg Perkêo im Heidelberger Schloß, An Wuchse klein und winzig, an Durste riesengroß. Man schalt ihn einen Narren, er dachte: »Liebe Leut', Wärt ihr wie ich doch alle feuchtfröhlich und gescheut!« Und als das Faß, das große, mit Wein bestellet war, Da ward sein künftiger Standpunkt dem Zwergen völlig klar. »Fahr' wohl«, sprach er, »o Welt, du Katzenjammertal, [Was sie auf dir hantieren, ist Wurst mir und egal!]1 Um lederne Ideen rauft man manch heißen Kampf, [Es ist im Grund]2 doch alles nur Nebel, Rauch und Dampf. Die Wahrheit liegt im Weine. Beim Weinschlurf sonder End' Erklär' ich alter Narre fortan mich permanent.« Perkêo stieg zum Keller; er kam nicht mehr herfür Und sog bei fünfzehn Jahre am rheinischen Malvasier. War's drunten auch stichdunkel, ihm strahlte inneres Licht, Und wankten auch die Beine, er trank und murrte nicht. Als er zum Faß gestiegen, stand's wohlgefüllt und schwer, Doch als er kam zu sterben, klang's ausgesaugt und leer. Da sprach er fromm: »Nun preiset, ihr Leute, des Herren Macht, Die in mir schwachem Knirpse so Starkes hat vollbracht: Wie es dem kleinen David gegen Goliath einst gelang, Also ich arm' Gezwerge den Riesen Durst bezwang. Nun singt ein De Profundis, daß das Gewölb' erdröhnt, Das Faß steht auf der Neige, ich falle sieggekrönt.« ... Perkêo ward begraben. -- Um seine Kellergruft Beim leeren Riesenfasse weht heut noch feuchte Luft, Und wer als frommer Pilger frühmorgens ihr genaht: Weh' ihm! Als Weinvertilger durchtobt er nachts die Stadt.
Scherz im Ernst und Ernst im Scherz. Cyklus von 13 Gesängen nach Gedichten von V. von Scheffel, für Bass (oder Bariton) mit Pianoforte
Song Cycle by Vinzenz Lachner (1811 - 1893)
1. Perkêo  [sung text not yet checked]
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Perkêo", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Heidelbergisch, no. 37, Stuttgart, first published 1867
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- ENG English (Iain Sneddon) , "Perkêo", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
1 Jensen: "Der Menschheit ruh los Trieben schient nichtig mir und schal!"
2 Jensen: "Im Grunde ist"
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2. Rodensteins Auszug
Es regt sich was im Odenwald, und durch die Wipfel schallt's und hallt, rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! Vom Rhein her streicht ein scharfer Luft, der treibt den Alten aus der Gruft, rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! Ein rostig Stahlwams ist sein Kleid, ein rostig Schlachtschwert hangt zur Seit', rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! Der Schmied von Kainsbach steht am Herd; „Mein Schmied, putz' blank das lange Schwert!” rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! „Ein jeder tu', was seine Pflicht! Der Wind vom Rhein gefällt mir nicht!” rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! „O römisch' Reich, du bist nicht mehr, doch reit' ich noch zu deiner Ehr'!” rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um! „Ich reit' und reit' und such' einen Mann, der meinen Flammberg führen kann!” rum plum plum, bidibidiwum, der Rodenstein zieht um!
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886)
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Researcher for this page: Johann Winkler3. Ein ander Lied vom Rodenstein  [sung text not yet checked]
Wer reit't mit zwanzig Knappen ein Zu Heidelberg im Hirschen? Das ist der Herr von Rodenstein, Auf Rheinwein will er pirschen. »Hollaheh! den Hahn ins Faß! schenkt ein, Ich fürcht', die Kehlen rosten! Wir wöll'n ein Jahr lang lustig sein, Und sollt's ein Dorf auch kosten! Ein Dorf, was ist's?... Nur Mist und Rauch, Ich hab' ja ihrer dreie ... Gersprenz und Pfaffenbeerfurt auch Und Reichelsheim, das treue!« Trommeten klangen mit Schalmei'n Und Pauken um die Wette, Zwölf Monden saß der Rodenstein Beim fürstlichen Bankette. Und als er sich nach Jahr und Tag Die Rechnung hergewunken, Da sprach er: »Blitz und Donnerschag! Jetzt ist Gersprenz vertrunken! Gersprenz ist hin! Gersprenz ist fort! Gersprenz der fromme, der züchtige Ort, Gersprenz ... ist ... veritrunken. Hollaheh! doch wie man's treibt, so geht's, Was liegt an dem Verlurste? Man spricht vom vielen Trinken stets, Doch nie vom vielen Durste. Gersprenz ist hin! Gersprenz ist fort! Gersprenz der fromme, der züchtige Ort, Gersprenz ... ist ... veritrunken.«
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), no title, appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Die Lieder vom Rodenstein, in Die drei Dörfer, no. 1
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Rodenstein im Waldhorn  [sung text not yet checked]
Und wieder saß beim Weine Im Waldhorn ob der Bruck Der Herr vom Rodensteine Mit schwerem Schluck und Gluck. Der Wirt sprach tief in Trauer: »Daß Gott sich mein erbarm'! Der sitzt wie eine Mauer Und trinkt mich nächstens arm. Wie soll das all noch enden? Kein' Pfenning gibt er her ... Ich glaub', ich laß ihn pfänden, Sonst weicht er mir nicht mehr!« Der Fronvogt samt dem Büttel Kam handfest an im Horn: »Heraus den Sammetkittel, Die Stiefel und die Sporn. Heraus des Mantels Zierde, Handschuh und Zobelhut! Verfallen diesem Wirte Ist all Eu'r Hab und Gut!« Da lacht der Rodensteiner: »Nur zu!... wie wird mir wohl! 's trinkt leichter sich und feiner Im Unterkamisol! Und bis ihr mir die Kehlen Könnt pfänden aus dem Hals, Werd' ich noch manchen quälen, Der Wein schenkt in Kurpfalz!«
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Die Pfändung", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Die Lieder vom Rodenstein
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Alt Heidelberg du feine  [sung text not yet checked]
Alt Heidelberg, du feine Du Stadt an Ehren reich Am Neckar und am Rheine Kein andre kommt dir gleich. Stadt fröhlicher Gesellen An Weisheit schwer und Wein Klar ziehn des Stromes Wellen Blauäuglein blitzen drein. Und kommt aus lindem Süden Der Frühling übers Land, So webt er dir aus Blüten Ein schimmernd Brautgewand. Auch mir stehst du geschrieben Ins Herz gleich einer Braut, Es klingt wie junges Lieben Dein Name mir so traut. Und stechen mich die Dornen Und wird mir's draus zu kahl Geb ich dem Roß die Sporen Und reit ins Neckartal.
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), no title, appears in Der Trompeter von Säkkingen, in Zweites Stück. Jung Werner beim Schwarzwälder Pfarrherrn
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull6. Der letzte Ichthyosaurus
Es rauscht in den Schachtelhalmen, verdächtig leuchtet das Meer, da schwimmt mit Tränen im Auge ein Ichthyosaurus daher. Ihn jammert der Zeiten Verderbniss; denn ein sehr bedenklicher Ton war neuerlich eingerissen in der Liasformation. Der Plesiosaurus, der Alte, er jubelt in Saus und Braus, der Pterodaktylus selber flog jüngst betrunken nach Haus. Der Iguanodon, der Lümmel, wird frecher zu jeglicher Frist, schon hat er am hellen Tage die Ichthyosaura geküsst. Mir ahnt eine Weltkatastrophe, so kann es ja länger nicht geh’n: was soll aus der Lias noch werden, wenn solche Dinge geschehn? So klagte der Ichthyosaurus, da ward’s ihm kreidig zu Muth, sein letzter Seufzer verhallte im Qualmen und Zischen der Fluth. Es starb zu der selbigen Stunde die ganze Saurierei, sie kamen zu tief in die Kreide, da war’s natürlich vorbei. Und der uns hat gesungen dies petrefaktische Lied, er fand’s als fossiles Albumblatt auf einem Coprolith.
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886)
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- ENG English (Iain Sneddon) , "The Last Ichthyosaurus", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
7. Der alte Granit  [sung text not yet checked]
In unterirdischer Kammer Sprach grollend der alte Granit: »Da droben den wäss'rigen Jammer Den mach' ich jetzt länger nicht mit. Langweilig wälzt das Gewässer Seine salzige Flut übers Land, Statt stolzer und schöner und besser Wird alles voll Schlamm und voll Sand. »Das gäb' eine mitleidwerte Geologische Leimsiederei, Wenn die ganze Kruste der Erde Nur ein sedimentäres Gebräu, Am End würd' noch Fabel und Dichtung, Was ein Berg – was hoch und was tief; Zum Teufel die Flötzung und Schichtung, Hurra! ich werd' eruptiv! Er sprachs und zum Beistand berief er Die tapfern Porphyre herbei, Die kristallinischen Schiefer Riß höhnisch er mitten entzwei. Das zischte und lohte und wallte, Als nahte das Ende der Welt; Selbst Grauwack, die züchtige Alte, Hat vor Schreck auf den Kopf sich gestellt. Auch Steinkuhl' und Zechstein und Trias Entwichen, im Innern gesprengt, Laut jammert im Jura der Lias, Daß die Glut ihn von hinten versengt. Auch die Kalke, die Mergel der Kreiden Sprachen später mit wichtigem Ton: »Was erstickte man nicht schon bei Zeiten Den Keim dieser Revolution?« Doch vorwärts, trotz Schichten und Seen, Drang siegreich der feurige Held, Bis daß er von sonnigen Höhen Zu Füßen sich schaute die Welt. Da sprach er mit Jodeln und Singen: »Hurra! das wäre geglückt! Auch unsereins kann's zu 'was bringen, Wenn er nur herzhaftiglich drückt!«
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Der Granit", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, no. 3, first published 1868
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Confirmed with Gaudeamus, Lieder aus dem Engeren und Weiteren, Projekt Gutenberg-DE, Kapitel 3.
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8. Jonas  [sung text not yet checked]
Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Da trank ein Mann drei Tag, Bis daß er steif wie ein Besenstiel Am Marmortische lag. Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Da sprach der Wirt: «Halt an! Der trinkt von meinem Dattelsaft Mehr als er zahlen kann.» Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Da bracht' der Kellner Schar In Keilschrift auf sechs Ziegelstein Dem Gast die Rechnung dar. Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Da sprach der Gast: «O weh! Mein bares Geld ging alles drauf Im Lamm zu Niniveh!» Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Da schlug die Uhr halb vier, Da warf der Hausknecht aus Nubierland Den Fremden vor die Tür. Im Schwarzen Walfisch zu Askalon Wird kein Prophet geehrt, Und wer vergnügt dort leben will, Zahlt bar, was er verzehrt.
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Altassyrisch", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Kulturgeschichtlich
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- ENG English [singable] (Peter Low) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
9. Der Enderle von Ketsch  [sung text not yet checked]
Chorus: »Jetzt weicht, jetzt flieht! Jetzt weicht, jetzt flieht Mit Zittern und Zähnegefletsch: Jetzt weicht, jetzt flieht! Wir singen das Lied Vom Enderle von Ketsch!« Solo: Ott' Heinrich, der Pfalzgraf bei Rheine, Der sprach eines Morgens: »Rem blemm! Ich pfeif' auf die saueren Weine, Ich geh' nach Jerusalem! Viel schöner und lilienweißer Schaun dort die Jungfrauen drein: O Kanzler, o Mückenhäuser, Fünftausend Dukaten pack' ein!« Und als sie lagen vor Joppen, Da faltet der Kanzler die Händ': »Jetzt langt's noch zu einem Schoppen, Dann sind die Dukaten zu End'!« Ott' Heinrich, der Pfalzgraf, sprach munter: »Rem blemm! Was ficht uns das an? Wir fahren nach Cyprus hinunter Und pumpen die Königin an.« ... Schon tanzte die alte Galeere Vor Cyprus in funkelnder Nacht, Da hub sich ein Sturm auf dem Meere Und rollender Donner erkracht. Umzuckt von gespenstigem Glaste Ein schwarzes Schiff braust vorbei, Hemdärmlich ein Geist steht am Maste Und furchtbar gellet sein Schrei: Chorus: »Jetzt weicht, jetzt flieht! Jetzt weicht, jetzt flieht Mit Zittern und Zähnegefletsch: Jetzt weicht, jetzt flieht! Im Sturm herzieht Der Enderle von Ketsch!« Solo: Der Donner klang leise und leiser Und glatt wie Öl lag die See, Dem tapferen Mückenhäuser, Dem Kanzler, war's wind und weh. Der Pfalzgraf stund an dem Steuer Und schaut' in die Wogen hinaus: »Rem blemm! 's ist nimmer geheuer, O Cyprus, wir müssen nach Haus! Gott sei meiner Seele gnädig, Ich bin ein gewitzigter Mann: Zurück, zurück nach Venedig! Wir pumpen niemand mehr an. Und wer bei den Türken und Heiden Sein Geld wie ich verschlampampt, Der verzieh' sich geräuschlos beizeiten, Es klingt doch höllenverdammt: Chorus: Jetzt weicht, jetzt flieht! Jetzt weicht, jetzt flieht Mit Zittern und Zähnegefletsch: Jetzt weicht, jetzt flieht! Im Sturm herzieht Der Enderle von Ketsch!«
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- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Der Enderle von Ketsch", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Kulturgeschichtlich
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]10. Lied fahrender Schüler  [sung text not yet checked]
Wohlauf, die Luft geht frisch und rein. Wer lange sitzt, muß rosten; den allersonnigsten Sonnenschein läßt uns der Himmel kosten. Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid der fahrenden Scholaren, ich will zu guter Sommerzeit ins Land der Franken fahren! Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn geraten; sie können auf des Maines Flut die Schiffe kaum verladen. Bald hebt sich auch das Herbsten an, die Kelter harrt des Weines; der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns etwas Feines. Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten, hell grüßt ihr doppelter Choral den weiten [Gottesgarten]1. Wie gerne wär’ ich mitgewallt, ihr Pfarr’ wollt mich nicht haben! So muß ich seitwärts durch den Wald als räudig Schäflein traben. Zum heiligen Veit von Staffelstein komm ich emporgestiegen, und seh die Lande um den Main zu meinen Füßen liegen: Von Bamberg bis zum Grabfeldgau umrahmen Berg und Hügel die breite, stromdurchglänzte Au — ich wollt', mir wüchsen Flügel. Einsiedelmann ist nicht zu Haus, dieweil es Zeit zu mähen; ich seh ihn an der Halde draus bei einer Schnittrin stehen. Verfahr'ner Schüler Stoßgebet heißt: Herr, gib uns zu trinken! Doch wer bei schöner Schnitt'rin steht, dem mag man lange winken. Einsiedel, das war mißgethan, daß du dich hub'st von hinnen! Es liegt, ich seh's dem Keller an, ein guter Jahrgang drinnen. Hoiho! die Pforten brech' ich ein und trinke was ich finde ... Du heiliger Veit von Staffelstein verzeih mir Durst und Sünde!
Text Authorship:
- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Wanderlied", written 1859, appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Kulturgeschichtlich
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View original text (without footnotes)Confirmed with Joseph Victor Scheffel, Gaudeamus!, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, Stuttgart, 1868.
Note: Becker adds "Valleri, vallera, valleri, vallera" at the end of each stanza.
1 Becker: "Sonnegarten"Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
11. Lieder fahrender Schüler
Wohlauf, die Luft geht frisch und rein. Wer lange sitzt, muß rosten; den allersonnigsten Sonnenschein läßt uns der Himmel kosten. Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid der fahrenden Scholaren, ich will zu guter Sommerzeit ins Land der Franken fahren! Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn geraten; sie können auf des Maines Flut die Schiffe kaum verladen. Bald hebt sich auch das Herbsten an, die Kelter harrt des Weines; der Winzer Schutzherr Kilian beschert uns etwas Feines. Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten, hell grüßt ihr doppelter Choral den weiten Gottesgarten. Wie gerne wär’ ich mitgewallt, ihr Pfarr’ wollt mich nicht haben! So muß ich seitwärts durch den Wald als räudig Schäflein traben. ... Einsiedelmann ist nicht zu Haus, dieweil es Zeit zu mähen; ich seh ihn an der Halde draus bei einer Schnittrin stehen. Verfahr'ner Schüler Stoßgebet heißt: Herr, gib uns zu trinken! Doch wer bei schöner Schnitt'rin steht, dem mag man lange winken. Zum heiligen Veit von Staffelstein komm ich emporgestiegen, und seh die Lande um den Main zu meinen Füßen liegen: Von Bamberg bis zum Grabfeldgau umrahmen Berg und Hügel die breite, stromdurchglänzte Au — ich wollt', mir wüchsen Flügel. ... Einsiedel, das war mißgethan, daß du dich hub'st von hinnen! Es liegt, ich seh's dem Keller an, ein guter Jahrgang drinnen. Hoiho! die Pforten brech' ich ein und trinke was ich finde ... Du heiliger Veit von Staffelstein verzeih mir Durst und Sünde!
Text Authorship:
- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Wanderlied", written 1859, appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, in Kulturgeschichtlich
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Note: Becker adds "Valleri, vallera, valleri, vallera" at the end of each stanza.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]12. Die letzte Hose  [sung text not yet checked]
Letzte Hose, die mich schmückte, Fahre wohl! dein Amt ist aus, Ach auch dich, die mich entzückte, Schleppt ein andrer nun nach Haus. Selten hat an solchen Paares Anblick sich ein Aug erquickt; Feinster Winterbuxking war es, Groß kariert – und nie geflickt! Mit Gesang und vollen Flaschen Grüßt ich einst in dir die Welt; Zum Hausschlüssel in der Taschen Klang noch froh das bare Geld. Aber längst kam das Verhängnis, Die Sechsbätzner zogen fort, Und das Brückentorgefängnis Ist ein dunkler stiller Ort ... Längst verschwand, was sonst versetzlich, Frack – und Rock – und Mantels Pracht. Nun auch du! es ist entsetzlich!.. Letzte Hose, gute Nacht! Tag der Prüfung, o wie bänglich Schlägt mein Herz und fühlt es hell: Alles Irdische ist vergänglich Und das Pfandrecht schreitet schnell! Nirgends winkt uns ein Erlöser, Letzte Hose! .. es muß sein!.. Elkan Levi, dunkler, böser Trödler, nimm sie! .. Sie sei dein! Stiefelfuchs, du alter treuer. Komm und stütz mein Dulderhaupt! Noch ein einziger Schoppen Neuer Sei dem Trauernden erlaubt. Dann will ich zu Bett mich legen Und nicht aufstehn, wenn's auch klopft, Bis ein schwerer goldner Regen Unverhofft durchs Dach mir tropft. Zeuch denn hin, die ich beweine. Grüß den Rock und 's Kamisol! Weh! schon friert's mich an die Beine!.. Letzte Hose, fahre wohl!!
Text Authorship:
- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Die letzte Hose", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, no. 35, first published 1868
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Confirmed with Gaudeamus, Lieder aus dem Engeren und Weiteren, Projekt Gutenberg-DE, Kapitel 35.
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13. Numero Acht  [sung text not yet checked]
Zwei Schatten seh' ich schweben In später, später Nacht; Wißt Ihr, wohin sie streben? – – Beide auf Numero acht! Der Hausknecht, als es läutet, Mit einem Fluch erwacht; Er weiß schon, was es bedeutet: Beide auf Numero acht! »Alt Holland steht in Nöten, Weh' uns, die wilde Jagd! Weh' uns, die alten Schweden Beide auf Numero acht! »Heißt das als fleißiger Schreiber Ein neues Buch gemacht, Ihr grausamen Ueberkneiper Beide auf Numero acht? »Heißt das als frommer Pastor An die Gemeinde gedacht? Ihr sündenharte Laster Beide auf Numero acht?!« Der Hausknecht, ungewaschen Murrt er's und ungeschlacht, Da lärmt's: »He! noch zwei Flaschen, Beide auf Numero acht!« Und weiter singt es und klingt es Und jubiliert und lacht, Und bis zum Hausherrn dringt es: »Beide auf Numero acht!« Der spitzt betrübt die Füße, Die Bettstatt seufzt und kracht; Stumm nimmt er eine Prise: »Beide auf Numero acht!!«
Text Authorship:
- by Joseph Viktor von Scheffel (1826 - 1886), "Numero acht", subtitle: "im Holländer Hof zu Heidelberg", appears in Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, no. 33, first published 1868
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Confirmed with Gaudeamus, Lieder aus dem Engeren und Weiteren, Projekt Gutenberg-DE, Kapitel 33.
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