Kannst du die alten Lieder noch spielen? Spiele, Liebling. Sie wehn durch mein Weh wie die Schiffe mit silbernen Kielen, die nach heimlichen Inselzielen treiben im leisen Abendsee. Und sie landen am Blütengestade, und der Frühling ist dort so jung. Und da findet an einsamem Pfade vergessene Götter in wartender Gnade meine müde Erinnerung.
Piesni Rilkego
Song Cycle by Bernadetta Matuszczak (b. 1931)
1. Erinnerung  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Advent, in Funde
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Insel-verlag, 1927, p.239
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]
2. Abelone Lied  [sung text not yet checked]
Es war in dem Jahr nach Mamans Tode, daß ich Abelone zuerst bemerkte. Abelone war immer da. Das tat ihr großen Eintrag. Und dann war Abelone unsympathisch, das hatte ich ganz früher einmal bei irgendeinem Anlaß festgestellt, und es war nie zu einer ernstlichen Durchsicht dieser Meinung gekommen. Zu fragen, was es mit Abelone für eine Bewandtnis habe, das wäre mir bis dahin beinah lächerlich erschienen. Abelone war da, und man nutzte sie ab, wie man eben konnte. Aber auf einmal fragte ich mich: Warum ist Abelone da? Jeder bei uns hatte einen bestimmten Sinn da zu sein, wenn er auch keineswegs immer so augenscheinlich war, wie zum Beispiel die Anwendung des Fräuleins Oxe. Aber weshalb war Abelone da? Eine Zeitlang war davon die Rede gewesen, daß sie sich zerstreuen solle. Aber das geriet in Vergessenheit. Niemand trug etwas zu Abelones Zerstreuung bei. Es machte durchaus nicht den Eindruck, daß sie sich zerstreue. Übrigens hatte Abelone ein Gutes: sie sang. Das heißt, es gab Zeiten, wo sie sang. Es war eine starke, unbeirrbare Musik in ihr. Wenn es wahr ist, daß die Engel männlich sind, so kann man wohl sagen, daß etwas Männliches in ihrer Stimme war: eine strahlende, himmlische Männlichkeit. Ich, der ich schon als Kind der Musik gegenüber so mißtrauisch war (nicht, weil sie mich stärker als alles forthob aus mir, sondern, weil ich gemerkt hatte, daß sie mich nicht wieder dort ablegte, wo sie mich gefunden hatte, sondern tiefer, irgendwo ganz ins Unfertige hinein), ich ertrug diese Musik, auf der man aufrecht aufwärtssteigen konnte, höher und höher, bis man meinte, dies müßte ungefähr schon der Himmel sein seit einer Weile. Ich ahnte nicht, daß Abelone mir noch andere Himmel öffnen sollte. Zunächst bestand unsere Beziehung darin, daß sie mir von Mamans Mädchenzeit erzählte. Sie hielt viel darauf, mich zu überzeugen, wie mutig und jung Maman gewesen wäre. Es gab damals niemanden nach ihrer Versicherung, der sich im Tanzen oder im Reiten mir ihr messen konnte. »Sie war die Kühnste und unermüdlich, und dann heiratete sie auf einmal«, sagte Abelone, immer noch erstaunt nach so vielen Jahren. »Es kam so unerwartet, niemand konnte es recht begreifen.« Ich interessierte mich dafür, weshalb Abelone nicht geheiratet hatte. Sie kam mir alt vor verhältnismäßig, und daß sie es noch könnte, daran dachte ich nicht. »Es war niemand da«, antwortete sie einfach und wurde richtig schön dabei. Ist Abelone schön? fragte ich mich überrascht. Dann kam ich fort von Hause, auf die Adels-Akademie, und es begann eine widerliche und arge Zeit. Aber wenn ich dort zu Sorö, abseits von den andern, im Fenster stand, und sie ließen mich ein wenig in Ruh, so sah ich hinaus in die Bäume, und in solchen Augenblicken und nachts wuchs in mir die Sicherheit, daß Abelone schön sei. Und ich fing an, ihr alle jene Briefe zu schreiben, lange und kurze, viele heimliche Briefe, darin ich von Ulsgaard zu handeln meinte und davon, daß ich unglücklich sei. Aber es werden doch wohl, so wie ich es jetzt sehe, Liebesbriefe gewesen sein. Denn schließlich kamen die Ferien, die erst gar nicht kommen wollten, und da war es wie auf Verabredung, daß wir uns nicht vor den anderen wiedersahen. Es war durchaus nichts vereinbart zwischen uns, aber da der Wagen einbog in den Park, konnte ich es nicht lassen, auszusteigen, vielleicht nur, weil ich nicht anfahren wollte, wie irgendein Fremder. Es war schon voller Sommer. Ich lief in einen der Wege hinein und auf einen Goldregen zu. Und da war Abelone. Schöne, schöne Abelone. Ich wills nie vergessen, wie das war, wenn du mich anschautest. Wie du dein Schauen trugst, gleichsam wie etwas nicht Befestigtes es aufhaltend auf zurückgeneigtem Gesicht. Ach, ob das Klima sich gar nicht verändert hat? Ob es nicht milder geworden ist um Ulsgaard herum von all unserer Wärme? Ob einzelne Rosen nicht länger blühen jetzt im Park, bis in den Dezember hinein? Ich will nichts erzählen von dir, Abelone. Nicht deshalb, weil wir einander täuschten: weil du Einen liebtest, auch damals, den du nie vergessen hast, Liebende, und ich: alle Frauen; sondern weil mit dem Sagen nur unrecht geschieht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, no. 37
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rilke.de/roman/roman_37.htm
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Und wie mag die Liebe...  [sung text not yet checked]
Und wie mag die Liebe dir kommen sein? Kam sie wie ein Sonnen, ein Blütenschein, Kam sie wie ein Beten? -- Erzähle: Ein Glück löste leuchtend [aus Himmeln]1 sich los Und hing mit gefalteten Schwingen groß An meiner blühenden Seele.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1896, appears in Traumgekrönt, in Lieben, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Knut W. Barde) , "And how might Love have come to you?", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Jean-Pierre Granger) , "Amour", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
1 Berg: "vom Himmel"
Researcher for this page: Jeroen Scholten
4. Die Stille  [sung text not yet checked]
Hörst du Geliebte, ich hebe die Hände - hörst du: es rauscht... Welche Gebärde der Einsamen fände sich nicht von vielen Dingen belauscht? Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider und auch das ist Geräusch bis zu dir. Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder...... ... aber warum bist du nicht hier. Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung bleibt in der seidenen Stille sichtbar; unvernichtbar drückt die geringste Erregung in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein. Auf meinen Atemzügen heben und senken die Sterne sich. Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke, und ich erkenne die Handgelenke entfernter Engel. Nur die ich denke: Dich seh ich nicht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Stille", appears in Das Buch der Bilder, no. 11
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Leipzig : Im Insel-Verlag, 1923, p.14
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
5. Die Liebenden  [sung text not yet checked]
Sieh, wie sie zueinander erwachsen: in ihren Adern wird alles Geist. Ihre Gestalten beben wie Achsen, um die es heiß und hinreißend kreist. Dürstende, und sie bekommen zu trinken, Wache und sieh : sie bekommen zu sehn. Laß sie ineinander sinken, um einander zu überstehn.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Liebenden"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Der Tod ist gross  [sung text not yet checked]
Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Schlußstück", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Conclusió", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Salvador Pila) , "Conclusion", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Mathias Rüegg) , copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Finale", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
7. Herbsttag  [sung text not yet checked]
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin, und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Herbsttag", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CHI Chinese (中文) [singable] (Dr Huaixing Wang) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Elisabeth Siekhaus) , "Fall day", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Jour d'automne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- GRE Greek (Ελληνικά) [singable] (Christakis Poumbouris) , "Φθινοπωρινή μέρα", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission