Des Todes sicher, nicht der Stunde, wann, Das Leben kurz, und wenig komm ich weiter. Den Sinnen zwar scheint diese Wohnung heiter, der Seele nicht, sie bittet mich : stirb an. Die Welt ist blind, auch Beispiel kam empor, dem Bessere Gebräuche unterlagen ; das Licht erlosch und mit ihm alles Wagen ; das Falsche frohlockt, Wahrheit dringt nicht vor. Ach wann, Herr, gibst du das, was die erhoffen, die dir vertrauen? Mehr Zögern ist verderblich, es knickt die Hoffnung, macht die Seele sterblich. Was hast du Ihnen so viel Licht verheißen, wenn doch der Tod kommt, um sie hinzureißen, in jenem Stand, in dem er sie betroffen.
Drei Sonette von Michelangelo
Song Cycle by Wolfgang Michael Rihm (b. 1952)
1. Des Todes sicher, nicht der Stunde, wann  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Michelangelo-Übertragungen
Based on:
- a text in Italian (Italiano) by Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564), appears in Rime, no. 295
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Übertragungen, Leipzig : Insel-Verlag, 1927, p.260
Research team for this page: Malcolm Wren [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]
2. Von Sünden voll, mit Jahren überladen  [sung text not yet checked]
Von Sünden voll, mit Jahren überladen, verwurzelt in des tristen Brauches Boden, seh ich mich nahe neben beiden Toden und nähre doch mein Herz mit giftigem Schaden. Eigene Kräfte hab ich nicht genügend, zu ändern Leben, Liebe, Los und Sitte, ohne den Wink, der, nicht aus unsrer Mitte, herüberwirkt, uns leitend und uns rügend. Das reicht nicht aus, daß du mir Lust gibst, hin wo sich die Seele formt, zurückzueilen, jetzt nicht aus nichts wie einst am Anbeginn. Nimmst du das Irdische ihr ab, vorher schenk ihr die Hälfte von dem Weg, dem steilen, und mach ihr sicherer die Wiederkehr.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Michelangelo-Übertragungen
Based on:
- a text in Italian (Italiano) by Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564), no title, appears in Rime, no. 293
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Übertragungen, Leipzig: Insel-verlag, 1927, p.259
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Schon angelangt ist meines Lebens Fahrt  [sung text not yet checked]
Schon angelangt ist meines Lebens Fahrt Im schlechten Schiff durch Stürme übers Meer Am Hafen Aller, wo die Wiederkehr Nicht Einem harte Rechenschaft erspart. Da seh ich nun die Phantasie, die oft Als Abgott thronte durch der Künste Gnaden, Wie falsch sie war, von Irrtum überladen, und was ein jeder, sich zum Nachteil, hofft. Verliebtes Denken, einstens froh und leer, Was ist's mirs jetzt vor zweien Toden wert? Des einen bin ich sicher, einer droht. Malen und Bilden stillt jetzt längst nicht mehr Die Seele, jener Liebe zugekehrt, Die offen uns am Kreuz die Arme bot.
Authorship:
- Singable translation by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Michelangelo-Übertragungen
Based on:
- a text in Italian (Italiano) by Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564), no title
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Confirmed with Efim Etkind, Un art en crise, Editions l'Age d'Homme, 1982, p.220
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]