Durch die Fenster seh' ich's flimmern, Grün und Gold und Kerzenschein, Jauchzend hör' ich durch die Laden Helle Kinderstimmen schrein. Schmetternde Posaunen schallen Von dem Kirchenthurm herab: Lobt den Vater in der Höhe, Der der Welt das Kindlein gab! Herz, mein Herz, wie bist so selig? Herz, mein Herz, und so allein? Unsre Gaben, unsre Wünsche, Dürfen wir sie Keinem weihn? Eine weiß ich wohl zu finden, Der ich Vieles gönnen mag; Offen steht mir ihre Pforte, Und es kennt mich ihr Gemach. Aber in dem stillen Hause Brennt kein festlich helles Licht, Und im schwarzen Wochenkleide Sitzt sie da und freut sich nicht. Ach, ihr ist er nicht geboren, Der in dieser sel'gen Nacht Freud' und Fried' und Wohlgefallen Hat zu uns herabgebracht. Seine Liebe, seine Leiden Dringen nicht zu ihr hinein: Über ihre zarte Seele Herrschet ein Gesetz von Stein.
Johannes und Esther
Song Cycle by Friedrich Theodor Fröhlich (1803 - 1836)
(Im Frühling zu lesen)
1. Christnacht
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]2. Gebet in der Christnacht
O Liebe, die am Kreuze rang, O Liebe, die den Tod bezwang Für alle Menschenkinder, Gedenk' in dieser sel'gen Nacht, Die dich zu uns herab gebracht, Der Seelen, die dir fehlen! O Liebe, die den Stern gesandt Hinaus ins ferne Morgenland, Die Könige zu rufen; Die laut durch ihres Boten Mund Sich gab den armen Hirten kund, Wie bist du still geworden? Noch eine fromme Hirtin liegt In blindem Schlummer eingewiegt Und träumt von grünen Bäumen. Singt nicht vor ihrem Fensterlein Ein Engel: Esther, lass mich ein, Der Heiland ist geboren?
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), "Gebet in der Christnacht", appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Gebed in de kerstnacht", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Michael P Rosewall) , "Prayer on Christmas Eve", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Prière pour la nuit de Noël", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
3. Vereinigung
Wenn ich nur darf in deine Augen schauen, In deine klaren, treuen, frommen Sterne, So fühl' ich weichen das geheime Grauen, Das Lieb' und Liebe hält in stummer Ferne. Und unsre Herzen wollen sich begegnen In langen Blicken, die mit Thränen ringen, Und unsre Liebe will ein Engel segnen: Er schlägt um uns die weichen, warmen Schwingen. Nach seinem Namen wag' ich nicht zu fragen, Noch nach dem Namen dessen, der ihn sendet; Ich darf ja wieder weinen, wieder klagen: Fürwahr, mich hat kein eitler Wahn geblendet!
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), "Vereinigung"
See other settings of this text.
Researcher for this page: Johann Winkler4. Die Passionsblume
Hochgebenedeite Pflanze, Deren schöner Blüthenstern Uns in mildem, weißem Glanze Zeigt das Marterthum des Herrn; Voller Blüthen seh' ich immer Dich vor ihrem Fenster stehn: Willst du denn, als eitler Schimmer, Nur in Farb' und Duft vergehn? Ward dir kein geheimes Leben Unverwelklicher Natur Von dem Heiland eingegeben, Der dich pflanzt' in unsre Flur, Als ein Bild von seinen Leiden, Seinem bittern Liebestod, Daß daran wir sollen weiden Unsre Seel' in Lust und Noth? Hast du nicht in stillen Stunden, Heil'ge Blum', ihr zugehaucht Das Geheimniß von den Wunden, Von dem Dorn in Blut getaucht? Esther schläft, und Träume schließen Auf der reinen Seele Schrein: Laß aus deinem Sterne fließen Einen Strahl zu ihr hinein!
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]5. Purim
Was meint sie mit dem Aschenkleide An diesem freudenreichen Tag, Wo Alles gern in Sammt und Seide, In Gold und Steinen prangen mag? Es schwimmt das festlich bunte Zimmer In hoher Kerzen Duft und Schein: Sie schleicht sich aus der Freude Schimmer, Und steht am Fenster ganz allein. Da legt sich, wie ein weißer Schleier, Des Mondes Strahl um ihr Gesicht, Und eine stille, tiefe Feier Aus ihren sel'gen Augen spricht. O wär' ich aus den Truggestalten Der wilden, blinden Maskenlust, Und dürfte meine Hände falten Entlarvt im Tempel ihrer Brust!
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]6. Vor ihrem Fenster
Wie freut es mich, in dunkeln Abendstunden Vor deinem hellen Fenster still zu stehn! Den Vorhang find' ich hoch hinaufgewunden, Frei darf mein Blick in seinen Himmel sehn. Die Blumen, die sich an die Rahmen schmiegen, Umschlingen mir dein Bild mit ihrem Kranz, Und meines Odems Hauche überfliegen Mit trübem Nebelduft der Scheiben Glanz. Da sitzest du, so still und unbefangen, Das schöne Haupt gestützt auf deinen Arm, Und ich bin dir so nah mit Lust und Bangen, Mit meiner Wünsche ungestümem Schwarm. Du schauest her: es wissen deine Augen Vom süßen Zauber ihrer Blicke nicht, Wie meine sich aus ihnen trunken saugen, Und hell erglühen nur von ihrem Licht. Du ahnest nicht, wie sich mein ganzes Leben Gleich einem Mond um deine Sonne dreht, Der bald sich will auf stolzen Strahlen heben, Bald tief gebeugt in Thränen untergeht. Still, still, mein Herz! Was meint dein wildes Schlagen? Schau' über dich, der Himmel ist nicht fern; Und Flammen, die aus Sternen fallen, tragen Der Menschen Seufzer vor den Thron des Herrn.
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]7. Die Lauberhütte
Sei mir gegrüßt, du Holde, In deinem grünen Zelt! Hier seh' ich erst dich blühen, Hier blühet deine Welt. Mir ist's, als ob ich träte In ein gelobtes Land, Als ob der Lauf der Zeiten Sich habe umgewandt. Entlaubt sind unsre Bäume, Verblüht ist unser Feld: Hier seh' ich Lenz und Sommer Als Brüder froh gesellt. Der Herbst will auch nicht fehlen In diesem schönen Haus, Und sucht für seine Früchte Sich Blumenzweiglein aus. So prüfen Duft und Schimmer Wetteifernd ihre Macht: Es flammen hohe Kerzen Wie Sterne durch die Nacht. Und aus den blanken Becken Steigt Weihrauch stolz empor: Da trauert manche Rose, Weil sie den Rang verlor. Du siehst mich an, Geliebte, Und mir versagt das Wort: Du wirst mich nicht verstehen An diesem Zauberort. Wie solltest du mir folgen In trübe, kalte Luft, Aus deinem Vaterlande Voll Gluth und Glanz und Duft?
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]8. Der Perlenkranz
Ein Kränzlein möcht' ich sehen Gewunden um dein Haupt, Nicht bunt von Sommerblumen, Nicht immer grün belaubt; Von hellen, weißen Perlen Soll es geflochten sein, Durch deine schwarzen Locken Fließ' es wie Sternenschein. Neige dein Haupt, du Liebe, Lös' auf dein langes Haar! Kennst du die Perlenkrone, Durchsichtig, wasserklar? Bebt Ahnung dir im Herzen? O glaube, was sie spricht. Laß auf dein Haupt mich weinen! Tauft denn die Thräne nicht?
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), "Der Perlenkranz", appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The garland of pearls", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
9. Maria
Maria möcht' ich dich begrüßen, Mein Herz hat stets dich so genannt. – Seh' ich ein klares Bächlein fließen, Setz' ich mich still an seinen Rand: Maria, rieseln seine Wogen, Maria soll ihr Name sein; Ein weißes Täubchen kommt geflogen, Schwebt über mir im Sonnenschein. Geliebte, hast du nichts vernommen, Wie Orgelton und Wasserfall? Der heil'ge Jordan kommt geschwommen Durch Berg und Meer mit Jubelschall. Der Geist des Herrn schwingt sein Gefieder Und ruft: Wo ist die Tochter mein? Tauch' in die Liebesfluthen nieder: Maria soll dein Name sein!
Text Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), appears in Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 1, in Johannes und Esther. Im Frühling zu lesen
Go to the general single-text view
Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]