Gestern fand ich, räumend eines langvergessnen Schrankes Fächer, Den vom Vater mir vererbten, meinen ersten Reisebecher. Währenddeß ich, leise singend, reinigt ihn vom Staub der Jahre, War's, als höbe mir ein Bergwind aus der Stirn die grauen Haare, War's, als dufteten die Matten, drein ich schlummernd lag versunken, War's, als rauschten alle Quelle, draus ich wandernd einst getrunken.
Vier Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer
Song Cycle by Jan Pieter Hendrik van Gilse (1881 - 1944)
1. Der Reisebecher  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Der Reisebecher"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The travelling mug", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La chope de voyage", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Research team for this page: Caroline Diehl , Sharon Krebs [Guest Editor]
2. Auf dem Canal Grande  [sung text not yet checked]
Auf dem Canal grande betten Tief sich ein die Abendschatten, Hundert dunkle Gondeln gleiten Als ein flüsterndes Geheimnis. Aber zwischen zwei Palästen Glüht herein die Abendsonne, Flammend wirft sie einen grellen Breiten Streifen auf die Gondeln. In dem purpurroten Lichte Laute Stimmen, hell Gelächter, Überredende Gebärden Und das frevle Spiel der Augen. Eine kleine, kurze Strecke Treibt das Leben leidenschaftlich Und erlischt im Schatten drüben Als ein unverständlich Murmeln.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Auf dem Canale grande"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Sur le Grand Canal", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
3. Eingelegte Ruder  [sung text not yet checked]
Meine eingelegten Ruder triefen, Tropfen fallen langsam in die Tiefen. Nichts, daß mich verdroß! Nichts, daß mich freute! Niederrinnt ein schmerzenloses Heute! Unter mir - ach, aus dem Licht verschwunden - Träumen schon die schönern meiner Stunden. Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern: Sind im Licht noch manche meiner Schwestern?
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Eingelegte Ruder"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , "Soaking oars", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Rames posées", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
4. Schnitterlied  [sung text not yet checked]
Wir schnitten die Saaten, wir Buben und Dirnen, mit nackenden Armen und triefenden Stirnen, von donnernden dunkeln Gewittern bedroht. Gerettet das Korn. Und nicht Einer der darbe. Von Garbe zu Garbe ist Raum für den Tod. Wie schwellen die Lippen des Lebens so rot! Hoch tronet ihr Schönen, auf güldenen Sitzen, in strotzenden Garben, umflimmert von Blitzen. Nicht Eine die darbe! Wir bringen das Brot! Zum Reigen! Zum Tanze! Zur tosenden Runde! Von Munde zu Munde ist Raum für den Tod. Wie schwellen die Lippen des Lebens so rot!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Schnitterlied"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Peter Palmer) , "Song of the reapers", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission