Augen, meine lieben Fensterlein, Gebt mir schon so lange [holden]1 Schein, Lasset freundlich Bild um Bild herein: Einmal werdet ihr verdunkelt sein! Fallen einst die müden Lider zu, Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh'; Tastend streift sie ab die Wanderschuh', Legt sich auch in ihre finstre Truh'. [Noch]2 zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn Wie zwei Sternlein, innerlich zu sehn, Bis sie schwanken [und dann auch vergehn]3 Wie von eines Falters Flügelwehn. Doch noch wandl' ich auf dem Abendfeld, Nur dem sinkenden Gestirn gesellt: Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, Von dem goldnen Überfluß der Welt!
Sechs Lieder auf Gedichte von Gottfried Keller , opus 48
by Richard Trunk (1879 - 1968)
1. Augen, meine lieben Fensterlein  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Abendlied"
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- ENG English (Emily Ezust) , "Evening song", copyright ©
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Chant du soir", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gesammelte Gedichte von Gottfried Keller, Erster Band, J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart und Berlin, 1902, page 43.
1 Thuille: "hellen"2 Thuille: "Nur"
3 Marx: "und vergehn"
2. Doppelgleichnis  [sung text not yet checked]
O ein Glöcklein klingelt mir früh und spät Silbernen Schalles in die Seele hinein, Zart wie ein Luftlied, welches von Osten weht, Unermüdlich plaudernd, melodisch rein! Aber wandl' ich es um zum Becherlein, Kehr' ich es um und häng' es an meinen Mund, Trinke daraus den allersüßesten Wein: Schweigt das Glockenbecherchen zur Stund, Hält sich stille, so lang ich trinken mag, An meinen durstigen Lippen verhallt sein Rand, Tönet jedoch wieder mit hellem Schlag, Kaum ich es der innigen Haft entband. Glas und Glöcklein ist, mein Engelchen! Mir dein Mündchen ohne Rast und Ruh', Und das Zünglein drin das Schwengelchen, Das nie schweigt, als wenn ich dich küssen thu'!
3. Mir glänzen die Augen  [sung text not yet checked]
Mir glänzen die Augen Wie der Himmel so klar; Heran und vorüber, Du schlanker Husar! Heran und vorüber Und wieder zurück! Vielleicht kann's geschehen, Du findest dein Glück! Was weidet dein Rapp mir Den Reseda dort ab? Soll das nun der Dank sein Für die Lieb, so ich gab? Was richten deine Sporen Mein Spinngarn zu Grund? Was hängt mir am Hage Deine Jacke so bunt? Troll [nur dich]1 von hinnen Auf deinem groben Tier Und laß meine freudigen Sternaugen mir!
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Mir glänzen die Augen", appears in Neuere Gedichte, in Vermischte Gedichte, in Alte Weisen, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "My eyes gleam", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Mes yeux brillent", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
1 Sinding: "dich nur"
4. Röschen biss den Apfel an  [sung text not yet checked]
Röschen biß den Apfel an, Und zu ihrem Schrecken Brach und blieb ein Perlenzahn In [dem Butzen]1 stecken. Und das gute Kind vergaß Seine Morgenlieder; Tränen ohne Unterlaß Perlten nun hernieder.
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Röschen biß den Apfel an", appears in Neuere Gedichte, in Vermischte Gedichte, in Alte Weisen, no. 7
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- ENG English (Emily Ezust) , "Rosie bit into the apple", copyright ©
1 Sinding: "demselben".
5. Die Spinnerin  [sung text not yet checked]
1 Rinne sanft, du weiche Welle, Schöner Flachs, durch meine Hände, Dass ich dich mit stiller Schnelle Fein zum goldnen Faden wende! Du Begleiter meiner Tage Wirst nun bald zum Tuch erhoben, Dem ich alle Lust und Klage Singend, betend eingewoben. Wie so schwer bist du von Tränen, Schwer von Märchen und von Träumen, Wie so schwer vom schwülen Sehnen Nach des Lebens Myrtenbäumen! Ahnt wohl er, du traute Linne, Welch geheimnisvolle Dinge, Welchen Schatz der tiefsten Minne Ich mit dir ins Haus ihm bringe? Kühler Balsam seinen Wunden Sollst du werden, mein Gewebe - Wohl ihm, dass er mich gefunden Unter dieses Gartens Rebe! Wie durchdringt mich das Bewusstsein, Dass ich ganz sein Glück soll werden Und das Kleinod seiner Brust sein, Und sein Himmel auf der Erden! 2 Nur diesen letzten Rocken Noch spinnt der Mädchenfleiss, Dann schmiegt euch, meine Locken, Dem grünen Myrtenreis! Ich habe lang gesponnen Und lange mich gefreut; Zum Bleichen an der Sonnen Liegt meine Jugendzeit. Hat er wohl auch das Seine Mit treuem Mut getan? Betreten schon die eine, Des Mannes Ehrenbahn? Hat innig er begriffen Die Arbeit seiner Zeit? Hat er sein Schwert geschliffen, Zum letzten Kampf bereit? Weh ihm, wenn er nicht rechten Für unsre Freiheit will! Weh ihm, wenn er nicht fechten Für sein Gewissen will! Dann mag mein Liebster minnen Nur auf und ab im Land, Und dies mein bräutlich Linnen Wird dann ein Grabgewand!
6. Schifferlied  [sung text not yet checked]
Schon hat die Nacht den Silberschrein Des Himmels aufgethan: Nun spült der See den Widerschein Zu dir, zu dir hinan! Wach' auf, Marian! Und in dem Glanze schaukelt sich Ein leichter dunkler Kahn, Der aber trägt und schaukelt mich Zu dir, zu dir hinan! Wach' auf, Marian! Ich höre schon den Brunnen gehn Dem Pförtlein nebenan, Und dieses hat ein frisches Weh'n Soeben aufgethan. Wach' auf, Marian! Ich fühle, wie die Erde schwellt Zum Himmel leis hinan; Nach Liebe dürstet alle Welt -- Mein Schifflein, leg' dich an! Wach' auf, Marian! Dies Lied hat mir ein Bursch' gemacht, Der fuhr in meinem Kahn; Er hat's für dich und mich erdacht, Bet für ihn, Marian! Wach' auf, Marian!
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Schifferlied", appears in Neuere Gedichte, in Jahreszeiten
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Sailor's song", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Neuere Gedichte von Gottfried Keller, Zweite vermehrte Auflage, Braunschweig: Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn, 1854, pages 18-19.