Welcher Unsterblichen Soll der höchste Preis sein? Mit niemand streit ich, Aber ich geb ihn Der ewig beweglichen, Immer neuen, Seltsamen Tochter Jovis, Seinem Schoßkinde, Der Phantasie. Denn ihr hat er Alle Launen, Die er sonst nur allein Sich vorbehält, Zugestanden Und hat seine Freude An der Törin. Sie mag rosenbekränzt Mit dem Lilienstengel Blumentäler betreten, Sommervögeln gebieten Und leichtnährenden Tau Mit Bienenlippen Von Blüten saugen; Oder sie mag Mit fliegendem Haar Und düsterm Blicke Im Winde sausen Um Felsenwände, Und tausendfarbig, Wie Morgen und Abend, Immer wechselnd Wie Mondesblicke, Den Sterblichen scheinen. Laßt uns alle Den Vater preisen! Den alten, hohen, Der solch eine schöne, Unverwelkliche [Gattin]1 Dem sterblichen Menschen Gesellen mögen! Denn uns allein Hat er sie verbunden Mit Himmelsband Und ihr geboten, In Freud und Elend Als treue Gattin Nicht zu entweichen Alle die andern Armen Geschlechter Der kinderreichen, Lebendigen Erde Wandeln und weiden In dunkelm Genuß Und trüben Schmerzen Des augenblicklichen Beschränkten Lebens, Gebeugt vom Joche Der Notdurft. [Uns aber hat]2 er Seine gewandteste, Verzärtelte Tochter, Freut euch! gegönnt. Begegnet ihr lieblich, Wie einer Geliebten! Laßt ihr die Würde Der Frauen im Haus! Und daß die alte Schwiegermutter Weisheit Das zarte Seelchen Ja nicht beleidge! [Doch kenn ich ihre Schwester, Die ältere, gesetztere, Meine stille Freundin:]3 O daß die erst Mit dem Lichte des Lebens Sich von mir wende, Die edle Treiberin, Trösterin Hoffnung!
Drei Gedichte von Göthe für vierstimmigen Männerchor
Song Cycle by Ferdinand von Hiller (1811 - 1885)
1. Meine Göttin  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Meine Göttin"
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View original text (without footnotes)1 Ruiz: "Göttin"
2 Ruiz: "Uns hat"
3 omitted by Ruiz
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Gränzen der Menschheit  [sung text not yet checked]
Wenn der uralte, Heilige Vater Mit gelassener Hand Aus rollenden Wolken Segnende Blitze Über die Erde sä't, Küß' ich den letzten Saum seines Kleides, Kindliche Schauer [Treu]1 in der Brust. Denn mit Göttern Soll sich nicht messen Irgend ein Mensch. Hebt er sich aufwärts, Und berührt Mit dem Scheitel die Sterne, Nirgends haften dann Die unsichern Sohlen, Und mit ihm spielen Wolken und Winde. Steht er mit festen, Markigen Knochen Auf der wohlgegründeten, Dauernden Erde; Reicht er nicht auf, Nur mit der Eiche Oder der Rebe Sich zu vergleichen. Was unterscheidet Götter von Menschen? Daß viele Wellen Vor jenen wandeln, Ein ewiger Strom: Uns hebt die Welle, Verschlingt die Welle, Und wir versinken. Ein kleiner Ring Begränzt unser Leben, Und viele Geschlechter Reihen sich dauernd An ihres Daseyns Unendliche Kette.
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), title 1: "Grenzen der Menschheit", title 2: "Gränzen der Menschheit", written 1780, first published 1789
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Grenzen der mensheid", copyright © 2007, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "Limits of Mankind", copyright ©
- FIN Finnish (Suomi) (Erkki Pullinen) , "Ihmisyyden rajat"
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Limites de l'humanité", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Limiti dell'umano", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- SPA Spanish (Español) (unknown or anonymous translator)
Confirmed with Goethe's Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Zweyter Band. Stuttgart und Tübingen, in der J.G.Cotta'schen Buchhandlung. 1827, pages 84-85; and with Goethe's Schriften, Achter Band, Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1789, pages 212-214.
1 Schubert: "Tief"Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Peter Rastl [Guest Editor]
3. Menschengefühl  [sung text checked 1 time]
Ach, ihr Götter! große Götter In dem weiten Himmel droben! Gäbet ihr uns auf der Erde Festen Sinn und guten Muth; O wir ließen euch, ihr Guten, Euren weiten Himmel droben!
Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Menschengefühl"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Human emotions", copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
- HUN Hungarian (Magyar) (Tamás Rédey) , "Hangulat", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Goethe's Poetische und Prosaische Werke in zwei Bänden, Des Ersten Bandes Erste Abtheilung, Stuttgart und Tübingen: Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung, 1836, page 69.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]