Vor seinem Heergefolge ritt Der kühne Held Harald. Sie zogen in des Mondes Schein Durch einen wilden Wald. Sie tragen manch erkämpfte Fahn, Die hoch im Winde wallt, Sie singen manches Siegeslied, Das durch die Berge hallt. Was rauschet, lauschet im Gebüsch? Was wiegt sich auf dem Baum? Was senket aus den Wolken sich Und taucht aus Meeresschaum? Was wirft mit Blumen um und um? Was singt so wonniglich? Was tanzet durch der Krieger Reihn, Schwingt auf die Rosse sich? Was kost so sanft und küßt so süß Und hält so lind umfaßt? Und nimmt das Schwert und zieht vom Roß Und läßt nicht Ruh noch Rast? Es ist der Elfen leichte Schar; Hier hilft kein Widerstand. Schon sind die Krieger all dahin, Sind all im Feenland. Nur er, der Beste, blieb zurück, Der kühne Held Harald. Er ist vom Wirbel bis zur Sohl In harten Stahl geschnallt. All seine Krieger sind entrückt, Da liegen Schwert und Schild, Die Rosse, ledig ihrer Herrn, Sie gehn im Walde wild. In großer Trauer ritt von dann Der stolze Held Harald, Er ritt allein im Mondenschein Wohl durch den weiten Wald. Vom Felsen rauscht es frisch und klar, Er springt vom Rosse schnell, Er schnallt vom Haupte sich den Helm Und trinkt vom kühlen Quell. Doch wie er kaum den Durst gestillt, Versagt ihm Arm und Bein; Er muß sich setzen auf den Fels, Er nickt und schlummert ein. Er schlummert auf demselben Stein Schon manche hundert Jahr, Das Haupt gesenket auf die Brust, Mit grauem Bart und Haar. Wann Blitze zucken, Donner rollt, Wann Sturm erbraust im Wald, Dann greift er träumend nach dem Schwert, Der alte Held Harald.
2 Balladen
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Harald
Text Authorship:
- by Johann Ludwig Uhland (1787 - 1862), "Harald"
Go to the general single-text view
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Harald", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
2. Der Gott und die Bajadere
Subtitle: Indische Legende
Mahadöh, der Herr der Erde, Kommt herab zum sechstenmal, Daß er unsers gleichen werde, Mit zu fühlen Freud' und Qual. Er bequemt sich hier zu wohnen, Läßt sich Alles selbst geschehn. Soll er strafen oder schonen, Muß er Menschen menschlich sehn. Und hat er die Stadt sich als Wandrer betrachtet, Die Großen belauert, auf Kleine geachtet, Verläßt er sie Abends, um weiter zu gehn. Als er nun hinausgegangen, Wo die letzten Häuser sind, Sieht er, mit gemahlten Wangen Ein verlornes schönes Kind. Grüß' dich, Jungfrau! - Dank der Ehre! Wart', ich komme gleich hinaus - Und wer bist du? - Bajadere, Und dieß ist der Liebe Haus. Sie rührt sich, die Cymbeln zum Tanze zu schlagen; Sie weiß sich so lieblich im Kreise zu tragen, Sie neigt sich und biegt sich, und reicht ihm den Strauß. Schmeichelnd zieht sie ihn zur Schwelle, Lebhaft ihn ins Haus hinein. Schöner Fremdling, lampenhelle Soll sogleich die Hütte seyn. Bist du müd', ich will dich laben, Lindern deiner Füße Schmerz. Was du willst, das sollst du haben, Ruhe, Freuden oder Scherz. Sie lindert geschäftig geheuchelte Leiden. Der Göttliche lächelt; er siehet mit Freuden, Durch tiefes Verderben ein menschliches Herz. Und er fordert Sklavendienste; Immer heitrer wird sie nur, Und des Mädchens frühe Künste Werden nach und nach Natur. Und so stellet auf die Blüte Bald und bald die Frucht sich ein; Ist Gehorsam im Gemüthe, Wird nicht fern die Liebe seyn. Aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen, Wählet der Kenner der Höhen und Tiefen Lust und Entsetzen und grimmige Pein. Und er küßt die bunten Wangen, Und sie fühlt der Liebe Qual, Und das Mädchen steht gefangen, Und sie weint zum erstenmal; Sinkt zu seinen Füßen nieder, Nicht um Wollust noch Gewinnst, Ach! und die gelenken Glieder, Sie versagen allen Dienst. Und so zu des Lagers vergnüglicher Feyer Bereiten den dunklen behaglichen Schleier Die nächtlichen Stunden, das schöne Gespinst. Spät entschlummert unter Scherzen, Früh erwacht nach kurzer Rast, Findet sie an ihrem Herzen Todt den vielgeliebten Gast. Schreiend stürzt sie auf ihn nieder, Aber nicht erweckt sie ihn, Und man trägt die starren Glieder Bald zur Flammengrube hin. Sie höret die Priester, die Todtengesänge, Sie raset und rennet und theilet die Menge. Wer bist du? was drängt zu der Grube dich hin? Bei der Bahre stürzt sie nieder, Ihr Geschrei durchdringt die Luft: Meinen Gatten will ich wieder! Und ich such ihn in der Gruft. Soll zu Asche mir zerfallen Dieser Glieder Götterpracht? Mein! er war es, mein vor allen! Ach, nur Eine süße Nacht! Es singen die Priester: Wir tragen die Alten, Nach langem Ermatten und spätem Erkalten, Wir tragen die Jugend, noch eh' sie's gedacht. Höre deiner Priester Lehre: Dieser war dein Gatte nicht. Lebst du doch als Bajadere, Und so hast du keine Pflicht. Nur dem Körper folgt der Schatten In das stille Todtenreich; Nur die Gattin folgt dem Gatten: Das ist Pflicht und Ruhm zugleich. Ertöne, Drommete, zu heiliger Klage! O nehmet, ihr Götter! die Zierde der Tage, O nehmet den Jüngling in Flammen zu euch! So das Chor, das ohn' Erbarmen Mehret ihres Herzens Noth; Und mit ausgestreckten Armen Springt sie in den heißen Tod. Doch der Götter-Jüngling hebet Aus der Flamme sich empor, Und in seinen Armen schwebet Die Geliebte mit hervor. Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder; Unsterbliche heben verlorene Kinder Mit feurigen Armen zum Himmel empor.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Der Gott und die Bajadere", subtitle: "Indische Legende", written 1797, first published 1798
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "El déu i la baiadera", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "De god en de bajadère", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "The god and the dancing-girl", copyright ©
- ENG English (Leon Malinofsky) , "The God and the Bayadere", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Anne Louise Germaine de Staël-Holstein) , "La Bayadere, et le Dieu de l'Inde" [an adaptation]
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le Dieu et la bayadère", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- GRE Greek (Ελληνικά) [singable] (Christakis Poumbouris) , "Ο Θεός και η Μπαγιαντέρα", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- HUN Hungarian (Magyar) (Árpád Tóth) , "Az isten és a bajadér"
Confirmed with Goethe's Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Erster Band, Stuttgart und Tübingen, in der J.G.Cotta'schen Buchhandlung, 1827, pages 251-255; and with Musen-Almanach für das Jahr 1798. herausgegeben von Schiller. Tübingen, in der J.G.Cottaischen Buchhandlung, pages 188-193.
Research team for this page: Martin-Beatus Meier , Peter Rastl [Guest Editor]