1 Es dämmert. Zum Brunnen gehn die alten Fraun. Im Dunkel der Kastanien lacht ein Rot. Aus einem Laden rinnt ein Duft von Brot Und Sonnenblumen sinken übern Zaun. Am Fluß die Schenke tönt noch lau und leis. Guitarre summt; ein Klimperklang von Geld. Ein Heiligenschein auf jene Kleine fällt, Die vor der Glastür wartet sanft und weiß. O! blauer Glanz, den sie in Scheiben weckt, Umrahmt von Dornen, schwarz und starrverzückt. Ein krummer Schreiber lächelt wie verrückt Ins Wasser, das ein wilder Aufruhr schreckt. 2 Am Abend säumt die Pest ihr blau Gewand Und leise schließt die Tür ein finstrer Gast. Durchs Fenster sinkt des Ahorns schwarze Last; Ein Knabe legt die Stirn in ihre Hand. Oft sinken ihre Lider bös und schwer. Des Kindes Hände rinnen durch ihr Haar Und seine Tränen stürzen heiß und klar In ihre Augenhöhlen schwarz und leer. Ein Nest von scharlachfarbnen Schlangen bäumt Sich träg in ihrem aufgewühlten Schoß. Die Arme lassen ein Erstorbenes los, Das eines Teppichs Traurigkeit umsäumt. 3 Ins braune Gärtchen tönt ein Glockenspiel. Im Dunkel der Kastanien schwebt ein Blau, Der süße Mantel einer fremden Frau. Resedenduft; und glühendes Gefühl Des Bösen. Die feuchte Stirn beugt kalt und bleich Sich über Unrat, drin die Ratte wühlt, Vom Scharlachglanz der Sterne lau umspült; Im Garten fallen Äpfel dumpf und weich. Die Nacht ist schwarz. Gespenstisch bläht der Föhn Des wandelnden Knaben weißes Schlafgewand Und leise greift in seinen Mund die Hand Der Toten. Sonja lächelt sanft und schön.
Fünf Orchestergesänge nach Georg Trakl für Bariton und Orchester
by Heimo Erbse (1924 - 2005)
1. Die Verfluchten  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "Die Verfluchten"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Sonja  [sung text not yet checked]
Abend kehrt in alten Garten; Sonjas Leben, blaue Stille. Wilder Vögel Wanderfahrten; Kahler Baum in Herbst und Stille. Sonnenblume, sanftgeneigte Über Sonjas weißes Leben. Wunde, rote, niegezeigte Läßt in dunklen Zimmern leben, Wo die blauen Glocken läuten; Sonjas Schritt und sanfte Stille. Sterbend Tier grüßt im Entgleiten, Kahler Baum in Herbst und Stille. Sonne alter Tage leuchtet Über Sonjas weiße Brauen, Schnee, der ihre Wangen feuchtet, Und die Wildnis ihrer Brauen.
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "Sonja", appears in Sebastian im Traum, in Der Herbst des Einsamen
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Sonja", copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Sonia", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
3. Entlang  [sung text not yet checked]
Geschnitten sind Korn und Traube, Der Weiler in Herbst und Ruh. Hammer und Amboß klingt immerzu, Lachen in purpurner Laube. Astern von dunklen Zäunen Bring dem weißen Kind. Sag wie lang wir gestorben sind; Sonne will schwarz erscheinen. Rotes Fischlein im Weiher; Stirn, die sich fürchtig belauscht; Abendwind leise ans Fenster rauscht, Blaues Orgelgeleier. Stern und heimlich Gefunkel Läßt noch einmal aufschaun. Erscheinung der Mutter in Schmerz und Graun; Schwarze Reseden im Dunkel.
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "Entlang", appears in Sebastian im Traum, in Der Herbst des Einsamen
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Along", copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Georg Trakl, Das dichterische Werk, München, 1972, page 60.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
4. Ruh und Schweigen  [sung text not yet checked]
Hirten begruben die Sonne im kahlen Wald. Ein Fischer zog. In härenem Netz den Mond aus frierendem Weiher. In blauem Kristall Wohnt der bleiche Mensch, die Wang' an seine Sterne gelehnt; Oder er neigt das Haupt in purpurnem Schlaf. Doch immer rührt der schwarze Flug der Vögel Den Schauenden, das Heilige blauer Blumen, Denkt die nahe Stille Vergessenes, erloschene Engel. Wieder nachtet die Stirne in mondenem Gestein; Ein strahlender Jüngling Erscheint die Schwester in Herbst und schwarzer Verwesung.
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "Ruh und Schweigen", appears in Sebastian im Traum, in Siebengesang des Todes
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Herbstseele  [sung text not yet checked]
Jägerruf und Blutgebell; Hinter Kreuz und braunem Hügel Blendet sacht der Weiherspiegel, Schreit der Habicht hart und hell. Über Stoppelfeld und Pfad Banget schon ein schwarzes Schweigen; Reiner Himmel in den Zweigen; Nur der Bach rinnt still und stad. Bald entgleitet Fisch und Wild. Blaue Seele' dunkles Wandern Schied uns bald von Lieben, Andern. Abend wechselt Sinn und Bild. Rechten Lebens Brot und Wein, Gott in deine milden Hände Legt der Mensch das dunkle Ende, Alle Schuld und rote Pein.
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "Herbstseele"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Autumn soul", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Âme de l'automne", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission