Hebräische Balladen

by Gilead Mishory (b. 1960)

1. Mein Volk [sung text not yet checked]

Der Fels wird morsch, 
Dem ich entspringe 
Und meine Gotteslieder singe... 
Jäh stürz ich vom Weg 
Und riesele ganz in mir 
Fernab, allein über Klagegestein 
Dem Meer zu.

Hab mich so abgeströmt 
Von meines Blutes 
Mostvergorenheit. 
Und immer, immer noch der Widerhall 
In mir, 
Wenn schauerlich gen Ost 
Das morsche Felsgebein, 
Mein Volk, 
Zu Gott schreit.

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  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Mon peuple", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

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2. Abel [sung text not yet checked]

Kains Augen sind nicht gottwohlgefällig,
Ables Angesicht ist ein goldener Garten,
Abels Augen sind Nachtigallen.
 
Immer singt Abel so hell
Zu den Saiten seiner Seele,
Aber durch Kains Leib führen die Gräben der Stadt.
 
Und er wird seinen Bruder erschlagen --
Abel, Abel, dein Blut färbt den Himmel tief.
 
Wo ist Kain, da ich ihn stürmen will:
Hast du die Süßvogel erschlagen
In deines Bruders Angesicht?!!

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  • ENG English (Gary Bachlund) , "Abel", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Abel", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission

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3. Hagar und Ismael [sung text not yet checked]

Mit Muscheln spielten Abrahams kleine Söhne
Und ließen schwimmen die Perlmutterkähne;
Dann lehnte Isaak bang sich an den Ismael

Und traurig sangen die zwei schwarzen Schwäne
Um ihre bunte Welt ganz dunkle Töne
Und die verstoßne Hagar raubte ihren Sohn sich schnell.

Vergoß in seine kleine ihre große Träne,
Und ihre Herzen rauschten wie der heilige Quell,
Und übereilten noch die Straußenhähne.

Die Sonne aber brannte auf die Wüste grell
Und Hagar und ihr Knäblein sanken in das gelbe Fell
Und bissen in den heißen Sand die weißen Negerzähne.

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4. Jakob und Esau [sung text not yet checked]

Rebekkas Magd ist eine himmlische Fremde,
Aus Rosenblättern trägt die Engelin ein Hemde
Und einen Stern im Angesicht.

Und immer blickt sie auf zum Licht,
Und ihre sanften Hände lesen
Aus goldenen Linsen ein Gericht.

Jakob und Esau blühn an ihrem Wesen
Und streiten um die Süßigkeiten nicht,
Die sie in ihrem Schoß zum Mahle bricht.

Der Bruder läßt dem jüngeren die Jagd
Und all sein Erbe für den Dienst der Magd;
Um seine Schultern schlägt er wild das Dickicht.

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Confirmed with Else Lasker-Schüler, Gesammelte Gedichte, Leipzig, Verlag der Weißen Bücher, 1917, page 15.


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5. An Gott [sung text not yet checked]

Du wehrst den guten und den bösen Sternen nicht;
All ihre Launen strömen.
In meiner Stirne schmerzt die Furche,
Die tiefe Krone mit dem düsteren Licht.

Und meine Welt ist still-
Du wehrtest meiner Laune nicht.
Gott, wo bist du?

Ich möchte nah an deinem Herzen lauschen,
Mit deiner fernsten Nähe mich vertauschen,
Wenn goldverklärt in deinem Reich
Aus tausendseligem Licht
Alle die guten und bösen Brunnen rauschen.

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  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "À Dieu", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

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6. Saul [sung text not yet checked]

Über Juda liegt der große Melech wach.
Ein steinernes Kameltier trägt sein Dach.
Die Klageweiber treiben hoch und heulen.

Und ohne Leuchte sinkt die Nacht ins Grab,
Sauls volles Auge nahm zur Scheibe ab.
Die Katzen schleichen scheu um rissige Säulen.

Vor seinen Toren aber stehen die Hethiter.
– Er zwingt den Tod, den ersten Eindring nieder –
Und schwingt mit fünfmalhunderttausend Mann die Keulen.

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Confirmed with Else Lasker-Schüler, Gesammelte Gedichte, Leipzig, Verlag der Weißen Bücher, 1917, page 20.


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7. David und Jonathan [sung text not yet checked]

In der Bibel stehn wir geschrieben
Buntumschlungen.

Aber unsere Knabenspiele
Leben weiter im Stern.

Ich bin David,
Du mein Spielgefährte.

O, wir färbten
Unsere weißen Widderherzen rot!

Wie die Knospen an den Liebespsalmen
Unter Feiertagshimmel.

Deine Abschiedsaugen aber –
Immer nimmst du still im Kusse Abschied.

Und was soll dein Herz
Noch ohne meines –

Deine Süßnacht
Ohne meine Lieder.

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Confirmed with Else Lasker-Schüler, Gesammelte Gedichte, Leipzig, Verlag der Weißen Bücher, 1917, page 18.


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8. Sulamith [sung text not yet checked]

O, ich lernte an Deinem süssen Munde
Zu viel der Seligkeiten kennen!
Schon fühl' ich die Lippen Gabriels
  Auf meinem Herzen brennen,
Und die Nachtwolke trinkt
Meinen tiefen Cederntraum.
O, wie Dein Leben mir winkt,
  Und ich vergehe
Mit blühendem Herzeleid!
Und verwehe im Weltraum,
  In Zeit,
  In Ewigkeit,
Und meine Seele verglüht in den Abendfarben
  Jerusalems.

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9. Zebaoth [sung text not yet checked]

Gott, ich liebe dich in deinem Rosenkleide,
Wenn du aus deinen Gärten trittst, Zebaoth.
O, du Gottjüngling,
Du Dichter,
Ich trinke einsam von deinen Düften.

Meine erste Blüte Blut sehnte sich nach dir,
So komme doch,
Du süßer Gott,
Du Gespiele Gott,
Deines Tores Gold schmiltzt an meiner Sehnsucht.

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  • ENG English (Gary Bachlund) , "Zebaoth", written 2010, copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Zebaoth", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

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10. Pharao und Joseph [sung text not yet checked]

Pharao verstößt seine blühenden Weiber,
Sie duften nach den Gärten Amons.

Sein Königskopf ruht auf meiner Schulter,
Die strömt Korngeruch aus.

Pharao ist von Gold.
Seine Augen gehen und kommen
Wie schillernde Nilwellen.

Sein Herz aber liegt in meinem Blut.
Zehn Wölfe gingen an meine Tränke.

Immer denkt Pharao
An meine Brüder,
Die mich in die Grube warfen.

Säulen werden im Schlaf seine Arme
Und drohen.

Aber sein träumerisch Herz
Rauscht auf meinem Grund.

Darum dichten meine Lippen
Große Süßigkeiten,
Im Weizen unseres Morgens.

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Confirmed with Else Lasker-Schüler, Gesammelte Gedichte, Leipzig, Verlag der Weißen Bücher, 1917, page 17.


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11. Boas [sung text not yet checked]

Ruth sucht überall
Nach goldenen Kornblumen
An den Hütten der Brothüter vorbei –

Bringt süßen Sturm
Und glitzernde Spielerei
Über Boas Herz;

Das wogt ganz hoch
In seinen Korngärten
Der fremden Schnitterin zu.

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12. Ruth [sung text not yet checked]

Und du suchst mich vor den Hecken.
Ich höre deine Schritte seufzen
Und meine Augen sind schwere dunkle Tropfen.

In meiner Seele blühen süß deine Blicke
Und füllen sich,
Wenn meine Augen in den Schlaf wandeln.

Am Brunnen meiner Heimat
Steht ein Engel,
Der singt das Lied meiner Liebe,
Der singt das Lied Ruths.

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  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Ruth", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

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13. Esther [sung text not yet checked]

Esther ist schlank wie die Feldpalme
Nach ihren Lippen duften die Weizenhalme
Und die Feiertage, die in Juda fallen.

Nachts ruht ihr Herz auf einem Psalme
Die Götzen lauschen in den Hallen.

Der König lächelt ihrem Nahen entgegen --
Denn überall blickt Gott auf Esther.

Die jungen Juden dichten Lieder an die Schwester
Die sie in Säulen ihres Vorraums prägen.

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14. Im Anfang [sung text not yet checked]

Hing an einer goldnen Lenzwolke,
Als die Welt noch Kind war
Und Gott noch junger Vater war.
Schaukelte hei
Auf dem Ätherei
Und meine Wollhärchen flitterten ringelrei.
Neckte den wackelnden Mondgroßpapa,
Naschte Goldstaub der Sonnenmama,
In den Himmel sperrte ich Satan ein,
Und Gott in die rauchende Hölle.
Die drohten mit ihrem größten Finger
Und haben „klumbumm, klumbumm“ gemacht,
Und es sausten die Peitschenwinde;
Doch Gott hat nachher zwei Donner gelacht
Mit dem Teufel über meine Todsünde.
Würde 10 000 Erdglück geben.
Noch einmal so gottgeboren zu leben,
So gottgeborgen, so offenbar.
     Ja, ja,
Als ich noch Gottes Schlingel war!

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Confirmed with Else Lasker-Schüler, Gesammelte Gedichte, Leipzig, Verlag der Weißen Bücher, 1917, page 22.


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15. Versöhnung [sung text not yet checked]

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen ...
Wir wollen wachen die Nacht,

In den Sprachen beten,
Die wie Harfen eingeschnitten sind.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht --
So viel Gott strömt über.

Kinder sind unsere Herzen,
Die möchten ruhen müdesüß.

Und unsere Lippen wollen sich küssen,
Was zagst du?

Grenzt nicht mein Herz an deins --
Immer färbt dein Blut meine Wangen rot.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht,
Wenn wir uns herzen, sterben wir nicht.

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen.

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  • ENG English (Gary Bachlund) , "Reconciliation", copyright © 2005, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Réconciliation", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission

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16. David und Jonathan II [sung text not yet checked]

O Jonathan, ich blasse hin in deinem Schoß,
Mein Herz fällt feierlich in dunklen Falten,
In meiner Schläfe pflege du den Mond,
Des Sternes Gold sollst du erhalten,
Du bist mein Himmel mein, du Liebgenoß.

Ich hab so säumerisch die kühne Welt
Fern immer nur im Bach geschaut …
Wie bunt sie nun aus meinem Auge fällt
Durch deine Liebe aufgetaut.
O Jonathan, nimm du die königliche Träne,
Sie schimmert weich und reich wie eine Braut.

O Jonathan, du Blut der süßen Feige,
Duftendes Gehang an meinem Zweige,
Du Ring in meiner Lippe Haut,
Durch den ich wieder neu und scheu mich sehne.

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