Die menschenblaße Rose legte ich auf deine kalten, überkreuzten Hände, und strich dein Haar zurück, und pflegte dich, ob ich dein jubelnd Leben wiederfände. Im Zimmer, irrgeflogen, regte sich ein Schmetterling, die alte Grablegende. Dein Sarg schloß zu. Der Kummer fegte mich in fernes Land, aus trostlosem Gelände.
Zehn Gedichten
by Anna Cramer (1873 - 1968)
1. Souvenir de Malmaison
Text Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909)
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Researcher for this page: John Versmoren2. In einer großen Stadt
Es treibt vorüber mir am Meer der Stadt, Bald Der, bald Jener, Einer nach dem Andern. Ein Blick ins Auge, und vorüber schon. Der Orgeldreher dreht sein Lied. Es tropft vorüber mir ins Meer des Nichts Bald Der, bald Jener, Einer nach dem Andern. Ein Blick auf seinen Sarg, vorüber schon. Der Orgeldreher dreht sein Lied. Es schwimmt ein Leichenzug im Meer der Stadt. Querweg die Menschen, Einer nach dem Andern. Ein Blick auf meinen Sarg, vorüber schon, Der Orgeldreher dreht sein Lied.
Text Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "In einer großen Stadt", appears in Adjudantenritte
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Dans une grande ville", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Detlev von Liliencron, Adjutantenritte, Zweite Auflage, Berlin, Schuster & Loeffler, 1896, page 83.
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3. Blümekens
Kleine Blüten, anspruchslose Blumen, Waldrandschmuck und Wiesen durcheinander, Rote, weiße, gelbe, blaue Blumen Nahm ich im Vorbeigehn mit nach Hause. Kamen alte, liebe Zeiten wieder: Auf den Feldern wehten grüne Hälmchen, Süß im Erlenbusche sang der Stieglitz, Eine ganze Welt von Unschuld sang er Mir und dir. Nun, seit Jahren, ordnen deine Hände Perlenschnur und Rosen in den Haaren. Wie viel schöner, junge Frau, doch schmückten Kleine Blumen dich, die einst wir pflückten, Ich und du.
Text Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Blümekens", appears in Adjudantenritte
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Fleurettes", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Detlev von Liliencron, Adjutantenritte, Zweite Auflage, Berlin, Schuster & Loeffler, 1896, pages 15-16.
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4. Briefwechsel
Im Garten, heute Morgen, Als ich deinen Brief erbrach, Fand ich drin verborgen Ein Rosenblatt. Ein Rosenblatt, deinen Locken entsunken. Als ich es trunken mit den Lippen berührte, Kam ein Windhauch und entführte Den holden Gast. Nun segelt es lustig zu dir zurück, Gleich einer Krone trägt es mein Glück Auf tiefrotem Sammt -- und verblaßt.
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- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Briefwechsel", appears in Adjudantenritte
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Correspondance", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Detlev von Liliencron, Adjutantenritte, Zweite Auflage, Berlin, Schuster & Loeffler, 1896, page 46.
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5. Spruch
Die Zähne aufeinander, hell die Augen, Willst du das Ungeheuer: "Leben", binden. Es gilt! Nimm Waffen, die zum Kampfe taugen, Ein schlaffes Volk, das gleich sich giebt den Winden! Voran denn! Voran! Bade dich in scharfen Laugen, Und beiße, muß es sein an harten Rinden. Geduld! Am Ende wirst du Honig saugen, Und wohnen unter selbstgepflanzten Linden.
Text Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909)
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]6. Meiner Mutter
Wie oft sah ich die blassen Hände nähen, Ein Stück für mich -- wie liebevoll du sorgtest! Ich sah zum Himmel deine Augen flehen, Ein Wunsch für mich -- wie liebevoll du sorgtest! Und an mein Bett kamst du mit leisen Zehen, Ein Schutz für mich -- wie sorgenvoll du horchtest! Längst schon dein Grab die Winde überwehen, Ein Gruß für mich -- wie liebevoll du sorgtest!
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- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Meiner Mutter"
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]7. Auf einer grünen Wiese
Du junge schöne Bleicherin Wo fährst du denn dein Leinen hin? Rasch spring ich auf den Bock zu dir, Zusammen dann kutschieren wir Auf deiner grünen Wiese. Da breitest du im Sonnenschein Die Hemden fein, die Höschen fein. Ich seh dir zu, mein Herz wird laut, Wir spielen Bräutigam und Braut Auf deiner grünen Wiese. Und nachts, im milden Mondenschein, Bewachst dein Linnen du allein. Ich gebs nicht zu, es ängstigt mich, Vor Raub und Mord beschütz ich dich Auf deiner grünen Wiese.
Text Authorship:
- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Auf einer grünen Wiese"
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Bertram Kottmann8. Nach dem Balle
Setz' in des Wagens Finsternis Getrost den Atlasschuh. Die Füchse schäumen ins Gebiß, Und nun, Johann, fahr zu. Es ruht an meiner Schulter aus Und schläft, ein müder Veilchenstrauß, Die kleine blonde Comtesse. Die Nacht versinkt in Sumpf und Moor, Ein erster roter Streif. Der Kiebitz schüttelt sich im Rohr Aus Schopf und Pelz den Reif. Noch hört im Traum der Rosse Lauf, Dann schlägt die blauen Augen auf Die kleine blonde Comtesse. Die Sichel klingt vom Wiesengrund, Der Tauber gurrt und lacht, Am Rade kläfft der Bauernhund, All Leben ist erwacht. Ach, wie die Sonne köstlich schien, Wir fuhren schnell nach Gretna Green, Ich und die kleine Comtesse.
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- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Nach dem Ball", appears in Adjudantenritte
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]9. Siegesfest
Flatternde Fahnen Und großes Gedränge. Fliegende Kränze Und Siegesgesänge. Schweigende Gräber. Verödung und Grauen. Welkende Kränze, Verlassene Frauen. Heißes Umarmen Nach schmerzlichem Sehnen. Brechende Herzen, Erstorbene Thränen.
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- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909), "Siegesfest", appears in Adjudantenritte
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , John Versmoren10. Fatinga
Fatinga tanzt, ich lieg am Holzesrande, Gebannt von ihrer Glieder Bronzeguß. Entlassen hab ich die Zigeunerbande, Das Mädchen blieb zurück, als wär's zum Pfande, Und weil sie will und weil sie bleiben muß. Ein Pascha bin ich, bin ein reicher Grande, Im grünen Turban streif ich oft im Lande, Den biedern Heimatbrüdern zum Verdruß. Fatinga tanzt. Der Schellentrommel blitzt im Sonnenbrande, Der Pirol lockt im dichten Buchenstande, Und über Kiesel schwatzt der Wiesenfluß. Fatinga tanzt. Und jeder freut sich, lauscht dem süßen Tande, Selbst über mir die kleine Haselnuß. Fatinga tanzt. Der Sommer ging, ich steh an alter Stelle, Die kleine Haselnuß, ist längst gepflückt, Gestorben ist die muntre Wiesenquelle, Entlaufen ist mein brauner Weggeselle, Die meine Seele hier zuerst entzückt. Springfüßig floh nach Süden die Gazelle, Eh sie der Winter zwang in Bärenfelle, Und Eis die Nordlandwasser überbrückt. Der Sommer ging. Zu schmal war ihr die breite Marmortreppe, Der hohe Säulengang hat sie bedrückt, Und eines Abends mit der Hindin Schnelle, Als sie mit letzten Rosen sich geschmückt, Ist sie entsprungen in die Dämmerhelle. Der Sommer ging.
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- by Detlev von Liliencron (1844 - 1909)
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]