Stiller Freund der vielen Fernen, fühle, wie dein Atem noch den Raum vermehrt. Im Gebälk der finsteren Glockenstühle laß dich läuten. [Das, was an dir zehrt,]1 wird ein Starkes über dieser Nahrung. Geh in der Verwandlung aus und ein. Was ist deine leidendste Erfahrung? Ist dir Trinken bitter, werde Wein. Sei in dieser Nacht aus Übermaß Zauberkraft am Kreuzweg Deiner Sinne, ihrer seltsamen Begegnung Sinn. Und wenn dich das Irdische vergaß, zu der stillen Erde sag: Ich rinne. Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin.
Die Stille vor Stille
by Francesc Xavier Gelabert i Muntaner (b. 1976)
1. Stiller Freund  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 29
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , no title, copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
1 omitted by Birtwistle.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Stillen Erde
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3. Tiere aus Stille  [sung text not yet checked]
Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung! O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr. Und alles schwieg. Doch selbst in der verschweigung ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor. Tiere aus Stille drangen aus dem klaren gelösten wald von Lager und Genist; und da ergab sich, daß sie nicht aus List und nicht aus Angst in sich so leise waren, sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr schien klein in ihren Herzen. Und wo eben kaum eine Hütte war, dies zu empfangen, ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, -- da schufst du ihnen Tempel im Gehör.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 1
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
4. aus dem stilleren Instinkt  [sung text not yet checked]
Immer wieder von uns aufgerissen, ist der Gott die Stelle, welche heilt. Wir sind Scharfe, denn wir wollen wissen, aber er ist heiter und verteilt. Selbst die reine, die geweihte Spende nimmt er anders nicht in seine Welt, als indem er sich dem freien Ende unbewegt entgegenstellt. Nur der Tote trinkt aus der hier von uns gehörten Quelle, wenn der Gott ihm schweigend winkt, dem Toten. Uns wird nur das Lärmen angeboten. Und das Lamm erbittet seine Schelle aus dem stilleren Instinkt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 16
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Sieh, um ihre stillen Schultern früht  [sung text not yet checked]
Nur im Raum der Rühmung darf die Klage gehn, die Nymphe des geweinten Quells, wachend über unserm Niederschlage, daß er klar sei an demselben Fels, der die Tore trägt und die Altäre. – Sieh, um ihre stillen Schultern früht das Gefühl, daß sie die jüngste wäre unter den Geschwistern im Gemüt. Jubel weiß, und Sehnsucht ist geständig, – nur die Klage lernt noch; mädchenhändig zählt sie nächtelang das alte Schlimme. Aber plötzlich, schräg und ungeübt, hält sie doch ein Sternbild unsrer Stimme in den Himmel, den ihr Hauch nicht trübt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 8
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Researcher for this page: Malcolm Wren [Guest Editor]6. wieder den menschlichen Takt in der verhaltenen Stille der starken Vorfrühlingserde  [sung text not yet checked]
Schon, horch, hörst du der ersten Harken Arbeit; wieder den menschlichen Takt in der verhaltenen Stille des starken Vorfrühlingserde. Unabgeschmackt scheint dir das Kommende. Jenes so oft dir schon Gekommene scheint dir zu kommen wieder wie Neues. Immer erhofft, nahmst du es niemals. Es hat dich genommen. Selbst die Blätter durchwinterter Eichen scheinen im Abend ein künftiges Braun. Manchmal geben sich Lüfte ein Zeichen. Schwarz sind die Sträucher. Doch Haufen von Dünger lagern als satteres Schwarz in den Au'n. Jede Stunde, die hingeht, wird jünger.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 25
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]7. Stiller Freund  [sung text not yet checked]
Stiller Freund der vielen Fernen, fühle, wie dein Atem noch den Raum vermehrt. Im Gebälk der finsteren Glockenstühle laß dich läuten. [Das, was an dir zehrt,]1 wird ein Starkes über dieser Nahrung. Geh in der Verwandlung aus und ein. Was ist deine leidendste Erfahrung? Ist dir Trinken bitter, werde Wein. Sei in dieser Nacht aus Übermaß Zauberkraft am Kreuzweg Deiner Sinne, ihrer seltsamen Begegnung Sinn. Und wenn dich das Irdische vergaß, zu der stillen Erde sag: Ich rinne. Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 29
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , no title, copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
1 omitted by Birtwistle.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
8. in der stillen Blütenstern gespannter  [sung text not yet checked]
Blumenmuskel, der der Anemone Wiesenmorgen nach und nach erschließt, bis in ihren Schooß das polyphone Licht der lauten Himmel sich ergießt, in den stillen Blütenstern gespannter Muskel des unendlichen Empfangs, manchmal so von Fülle übermannter, daß der Ruhewink des Untergangs kaum vermag die weitzurückgeschnellten Blatterränder dir zurückzugeben: du, Entschluß und Kraft von wieviel Welten! Wir, Gewaltsamen, wir währen länger. Aber wann, in welchem aller Leben, sind wir endlich offen und Empfänger?
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 5
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- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Blumenmuskel", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
9. Tiere aus Stille  [sung text not yet checked]
Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung! O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr. Und alles schwieg. Doch selbst in der verschweigung ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor. Tiere aus Stille drangen aus dem klaren gelösten wald von Lager und Genist; und da ergab sich, daß sie nicht aus List und nicht aus Angst in sich so leise waren, sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr schien klein in ihren Herzen. Und wo eben kaum eine Hütte war, dies zu empfangen, ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, -- da schufst du ihnen Tempel im Gehör.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 1
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
10. allen der stillen Geschwistern im Winde der Wiesen  [sung text not yet checked]
Siehe die Blumen, diese dem Irdischen treuen, denen wir Schicksal vom Rande des Schicksals leihn,— aber wer weiss es! Wenn sie ihr Welken bereuen, ist es an uns, ihre Reue zu sein. Alles will schweben. Da gehn wir umher wie Beschwerer, legen auf alles uns selbst, vom Gewichte entzückt; o was sind wir den Dingen für zehrende Lehrer, weil ihnen ewige Kindheit glückt. Nähme sie einer ins innige Schlafen und schliefe tief mit den Dingen—: o wie käme er leicht, anders zum anderen Tag, aus der gemeinsamen Tiefe Oder er bliebe vielleicht; und sie blühten und priesen ihn, den Bekehrten, der nun den Ihringen gleicht, allen den stillen Geschwistern im Winde der Wiesen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 14
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]11. Stillen Erde
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