I O wie haben wir, mit welchem Wimmern, Augenlid und Schulter uns geherzt. Und die Nacht verkroch sich in den Zimmern wie ein wundes Tier, von uns durchschmerzt. Wardst du mir aus allen auserlesen, war es an der Schwester nicht genug? Lieblich wie ein Tal war mir dein Wesen, und nun beugt es auch vom Himmelsbug sich in unerschöpflicher Erscheinung und bemächtigt sich. Wo soll ich hin? Ach mit der Gebärde der Beweinung neigst du dich zu mir, Untrösterin. II Lass uns in der dunkeln Süßigkeit nicht der Tränen Richtung unterscheiden. Bist du sicher, dass wir Wonnen leiden oder leuchten von getrunknem Leid? Meinst du weinend, dass Entbehrung weher als ein eigenmächtiges Geben sei? Wenn die Menge einst der Aufersteher uns entschwistert, und wir, irgend zwei, bei der jäh enttötenden Fanfare taumeln aus dem aufgestürzten Stein: o wie wird dann diese sonderbare Lust zu dir den Engeln schuldlos sein. Denn auch sie ist tief im Geiste, siehe: in dem Strahlenden, der brennt und braust. Und dann hilfst du mir auf meine Kniee und dann kniest du neben mir und schaust.
Siebenmal Rilke
Song Cycle by Torbjörn Iwan Lundquist (1920 - 2000)
1. O wie haben wir  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Geschwister", written 1913
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Briefe an eine Freundin (Claire Goll) 1918-1925
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
2. Dein Antlitz  [sung text not yet checked]
Wenn ich so an deinem Antlitz zehre wie die Träne an dem Weinenden, meine Stirne, meinen Mund vermehre um die Züge, die ich an dir kenn, [mein ich über jene Ähnlichkeiten die uns trennen, weil sie doppelt sind eine reine Gleichung auszubreiten,] Nun erst, Nachtstunde, bin ich ohne Angst und darf in aufgeblühtem Schauen stehen, da du für dein unendliches Geschehen mein ungenügendes Gesicht verlangst. Jetzt tritt aus ihm die Ähnlichkeit hervor
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1913/14, appears in Die Gedichte 1910-1922
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rainer-maria-rilke.de/100107andeinemantlitz.html
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3. Einmal  [sung text not yet checked]
Einmal nahm ich zwischen meine Hände dein Gesicht. Der Mond fiel darauf ein. Unbegreiflichster der Gegenstände unter überfließendem Gewein. Wie ein williges, das still besteht, beinah war es wie ein Ding zu halten. Und doch war kein Wesen in der kalten Nacht, das mir unendlicher entgeht. O da strömen wir zu diesen Stellen, drängen in die kleine Oberfläche alle Wellen unsres Herzens, Lust und Schwäche, und wem halten wir sie schließlich hin? Ach dem Fremden, der uns missverstanden, ach dem andern, den wir niemals fanden, denen Knechten, die uns banden, Frühlingswinden, die damit entschwanden, und der Stille, der Verliererin.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Einmal nahm ich", written 1913
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Geduld ist alles
Ich lerne es täglich, lerne es unter Schmerzen, denen ich dankbar bin: Geduld ist alles!
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title
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Note: this is an excerpt from a letter to Franz Xaver Kappus.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Ach aus eines Engels Fühlung  [sung text not yet checked]
Ach aus eines Engels Fühlung falle Schein in dieses Meer auf einem Mond, drin meine Herz, stillringende Koralle, sein jüngsten Zweigungen bewohnt. Not, mir von unkenntlichem Verüber zugefügte, bleibt mir ungewiss, Strömung zögert, Strömung drängt hinüber, Tiefe wirkt und Hindernis. Aus dem starren fühllosen Alten drehn sich Geschöpfe, plötzlich auserlesen, und das ewig Stumme aller Wesen überstürzt ein dröhnendes Geschehn.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ach aus eines Engels Fühlung falle", written 1914, appears in Die Gedichte 1910-1922
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Wie hab ich das gefühlt  [sung text not yet checked]
Wie hab ich das gefühlt, was Abschied heißt. Wie weiß ichs noch : ein dunkles unverwundnes grausames Etwas, das ein Schönverbundnes noch einmal zeigt und hinhält und zerreißt. Wie war ich ohne Wehr, dem zuzuschauen, das, da es mich, mich rufend, gehen ließ, zurückblieb, so als wärens alle Frauen und dennoch klein und weiß und nichts als dies : Ein Winken, schon nicht mehr auf mich bezogen, ein leise Weiterwinkendes -, schon kaum erklärbar mehr: vielleicht ein Pflaumenbaum von dem ein Kuckuck hastig abgeflogen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Abschied", written 1907, appears in Neue Gedichte
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig: Insel-Verlag, 1922, page 55.
Research team for this page: Sharon Krebs [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]
7. Wie soll ich meine Seele  [sung text not yet checked]
Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher [Geiger]1 hat uns in der Hand? O süßes Lied.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Liebeslied", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Cançó d'amor", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Ruth Schonthal) , "Love song", copyright ©
- ENG English (Elisabeth Siekhaus) , "Love song", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chant d'amour", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Canto d'amore", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
1 Martinsson: "Spieler"
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