Wie sich am westlichen Himmel Hinter den Bergen im Purpurgeflock Die Sonne verliert, Atmet die Brust freudiger auf, Und saugt begierig Den kühl erfrischenden Hauch des Abends. Stiller wird's in der Seele; Ein ruhig heitrer See, Dehnt sie sich weit; Schwänen gleich Ziehen Erinnerungen Über den friedlichen Spiegel hin. Ruhe, Ruhe Säuselt mich an aus der Höhe. Über das Auge sinkt Leise die Wimper, Und vom Wunderbaume der Nacht Brech' ich des Schlummers liebliche Blüte, Des Traumes Goldfrucht.
Acht Lieder von Em. Geibel für 1 Singstimme mit Pianoforte , opus 6
by M. W. Rettich
1. Feierabend  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Feierabend", appears in Jugendgedichte, in 1. Erstes Buch, in Lübeck und Bonn
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2. Über der dunklen Haide  [sung text not yet checked]
Über der dunkeln Heide Wie weit, wie klar die Nacht! Mein Aug' in stiller Weide Versinkt in ihrer Pracht. Aufblickend fließt durchs Blaue Wie Gold der Sterne Zug; Ich spüre, wie ich's schaue, Der Erde leisen Flug. Das Haupt zurückgebogen, Emporgespannt den Blick, Fühl' ich's in mir wie Wogen Leis flutender Musik, Als käm' ein Widerhallen Von jenen Harmonien, Darin die Sphären wallen, Durch meine Brust zu ziehn.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Neue Gedichte, in Lieder aus alter und neuer Zeit, no. 24
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3. Scheiden, Leiden  [sung text not yet checked]
Und bist du [fern, und bist du weit]1, Und zürnst [noch]2 immer mir, Doch Tag und Nacht voll Traurigkeit Ist all mein Sinn bei dir. Ich denk' an deine Augen blau Und an dein Herz dazu -- Ach, keine, keine find' ich je, Die so mich liebt wie du. Wie stand die Welt in Rosen schön, Da ich bei dir noch war, Da rauscht' es grün von allen Höh'n, Da schien der Mond so klar. Du brachst die Ros', ich küßte dich, Ich küßt' und sang dazu: [Wohl]3 keine, keine find' ich je, Die so mich liebt wie du. Wohl bin ich frei nun wie der Falk, Der über die Berge fliegt, Vor dem die Welt, die schöne Welt Hellsonnig offen liegt, Doch hat der Falk sein heimisch Nest, Und wo wird mir einst Ruh? Ach, keine, keine find' ich je, Die so mich liebt wie du. O schlimmer Tag, o schlimme Stund, Die uns für immer schied; Da sind aus meines Herzens Grund Geschieden Freud' und Fried'. Nun such' ich wohl durch Land und See, Und habe nicht Rast noch Ruh; Doch keine, keine find' ich je, Die so mich liebt wie du.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Scheiden, Leiden"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gedichte von Emanuel Geibel, Vierte Auflage, Berlin: Verlag von Alexander Duncker, 1845, pages 147-148.
1 Bruné: "weit, und bist du fern"2 Bruné: "auch"
3 Bruné: "Ach"
4. Für Musik  [sung text not yet checked]
[Nun]1 die Schatten dunkeln, Stern [an]2 Stern erwacht: Welch ein Hauch der Sehnsucht Flutet [in der]3 Nacht! Durch das [Meer]4 der Träume Steuert ohne Ruh', [Steuert]5 meine Seele Deiner Seele zu. Die sich dir ergeben, Nimm sie ganz dahin! Ach, du weißt, daß nimmer Ich [mein]6 eigen bin.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Für Musik", appears in Juniuslieder, in Lieder
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Malcolm Wren) , "Now the shadows are darkening", copyright © 2005, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English [singable] (Walter A. Aue) , "For music", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English [singable] (Constance Bache) (William Stigand, né Stigant) , "Now the shades are deep'ning"
- ENG English (Andrew Schneider) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Emanuel Geibel, Juniuslieder, Stuttgart und Tübingen: J.G. Cotta'scher Verlag, 1848, page 34.
1 Lewy: "Wenn"; further changes may exist not shown above.2 Bolko von Hochberg: "bei"
3 Bolko von Hochberg, Hermann, Rubinstein, Schachner, Zumpe: "durch die"
4 Bolko von Hochberg: "Reich"
5 Hermann: "Sehnend"
6 Schachner: "mir"
5. Herbstlied  [sung text not yet checked]
Durch Reif und Frost im falben Hage Schreit' ich dahin bei rauhem Wehn; So fühl' ich, ach, durch meine Tage Mit leiser Klage Des Herbstes kühle Schauer gehn. Wo bist du, reiche Jugendwonne, Du trunkner Glanz mir im Gemüt? Ach, bleich und lässig hangt die Sonne Im Nebel, die so schön geglüht. Die Freuden brechen auf und wandern, Zugvögelschwärme, fern hinab, Und eine Hoffnung nach der andern Fällt welk vom Baum des Lebens ab. Nur du, gedämpfte Liedesweise, Du meiner Sehnsucht tröstlich Wort, Du bliebst mir treu und rauschest leise Auch unterm Eise Wie eine heiße Quelle fort.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Neue Gedichte, in Lieder aus alter und neuer Zeit, no. 18
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6. Winter und Frühling, I  [sung text not yet checked]
Eis bedeckt des Flusses Schooß Und am Wald liegt Schneegebreite, Herz, und wieder ruhelos Treibt es dich hinaus ins Weite? Ob auch drunten Strom und Au Noch im Kleid des Winters flimmert, Doch mich lockt dies tiefe Blau, Drin's wie goldne Hoffnung schimmert, Doch mich lockt ein leiser Ton, Der dahinzieht ob den Gründen, Märchenhaft, als wollt' er schon Ganz von fern den Lenz verkünden.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Spätherbstblätter, in Jugendlieder (1835-1842)
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Winter and Spring, I", copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Emanuel Geibel, Spätherbstblätter, Dritte Auflage, der ersten unveränderter Abdruck, Stuttgart: Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung, 1878, page 287.
7. Winter und Frühling, II  [sung text not yet checked]
Über die Berge wandelt Die warme Frühlingsnacht, Da wogen die wilden Wasser, Das Eis der Gletscher kracht. So wogt mein Herz, so schwillt mein Herz, Ich habe dein gedacht; Über die Berge wandelt Die warme Frühlingsnacht.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), appears in Spätherbstblätter, in Lieder aus alter und neuer Zeit, no. 3
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8. Der Müden Abendlied  [sung text not yet checked]
Verglommen ist das Abendrot, Da tönt ein fernes Klingen; Ich glaube fast, das ist der Tod, Der will in Schlaf mich singen. O [singe]1 nur zu, Du Spielmann du! Du sollst mir Frieden bringen. Ein weiches Bette der Rasen giebt, [Es säuseln so kühl]2 die Cypressen, [Und was ich gelebt, und was]3 ich geliebt, Ich will es [alles]4 vergessen. Keinen Ruhm, kein Glück, Laß ich zurück, [Hab']5 nichts als Schmerzen besessen. So fahr denn wohl, du arge Welt, Mit deinen bunten Schäumen! Was dich ergötzt, was dir gefällt, Wie gern will ich's versäumen! Schon wehet die Nacht Mich an so sacht; Nun [laßt]6 mich ruhn und träumen.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), "Des Müden Abendlied"
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- ENG English [singable] (Charles Tomlinson Griffes)
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
1 Thuille: "sing'"
2 Esser: "So kühl säuseln"
3 Esser: "Was ich gelebt, was"
4 Esser: "all"
5 Lachner: "Habe"
6 Esser: "lass"