O was muß es die Engel gekostet haben, nicht aufzusingen plötzlich, wie man aufweint, da sie doch wußten: in dieser Nacht wird dem Knaben die Mutter geboren, dem Einen, der bald erscheint. Schwingend verschwiegen sie sich und zeigten die Richtung, wo, allein, das Gehöft lag des Joachim, ach, sie fühlten in sich und im Raum die reine Verdichtung, aber es durfte keiner nieder zu ihm. Denn die beiden waren schon so außer sich vor Getue. Eine Nachbarin kam und klugte und wußte nicht wie, und der Alte, vorsichtig, ging und verhielt das Gemuhe einer dunkelen Kuh. Denn so war es noch nie.
Das Marienleben
Song Cycle by Maria Bach (1896 - 1978)
1. Geburt Mariä  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Geburt Mariae", appears in Das Marien-Leben, no. 1, first published 1912
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- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "La naissance de Marie", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Nascita di Maria", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
2. Maria Heimsuchung  [sung text not yet checked]
Noch erging sie's leicht im Anbeginne, doch im Steigen manchmal ward sie schon ihres wunderbares Leibes inne, - und dann stand sie, atmend, auf den hohn Judenbergen, Aber nicht das Land, ihre Fülle war um sie gebreitet; gehend fühlte sie: man überschreitet nie die Größe, die sie jetzt empfand. Und es drängte sie, die Hand zu legen auf den andern Leib, der weiter war. Und die Frauen schwankten sich entgegen und berührten sich Gewand und Haar. Jede, voll von ihrem Heiligtume, schützte sich mit der Gevatterin. Ach der Heiland in ihr war noch Blume, doch den Täufer in dem Schooß der Muhme riß die Freude schon zum Hüpfen hin.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Mariae Heimsuchung", appears in Das Marien-Leben, no. 4, first published 1912
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- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Visitation", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Visitazione di Maria", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
3. Argwohn Josephs  [sung text not yet checked]
Und der Engel sprach und gab sich Müh an dem Mann, der seine Fäuste ballte: Aber siehst du nicht an jeder Falte, daß sie kühl ist wie die Gottesfrüh. Doch der andre sah ihn finster an, murmelnd nur: Was hat sie so verwandelt? Doch da schrie der Engel: Zimmermann, merkst du's noch nicht, daß der Herrgott handelt? Weil du Bretter machst, in deinem Stolze, willst du wirklich den zu Rede stelln, der bescheiden aus dem gleichen Holze Blätter treiben macht und Knospen schwelln? Er begriff. Und wie er jetzt die Blicke, recht erschrocken, zu dem Engel hob, war der fort. Da schob er seine dicke Mütze langsam ab. Dann sang er lob.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Argwohn Josephs", appears in Das Marien-Leben, no. 5, first published 1912
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- ENG English (John Glenn Paton) , "Joseph's suspicion", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Joseph le soupçonneux", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Suspicion de Joseph", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Il dubbio di Giuseppe", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
4. Vor der Passion  [sung text not yet checked]
O hast du dies gewollt, du hättest nicht durch eines Weibes Leib entspringen dürfen: Heilande muß man in den Bergen schürfen, wo man das Harte aus dem Harten bricht. Tut dirs nicht selber leid, dein liebes Tal so zu verwüsten? Siehe meine Schwäche; ich habe nichts als Milch- und Tränenbäche, und du warst immer in der Überzahl. Mit solchem Aufwand wardst du mir verheißen. Was tratst du nicht gleich wild aus mir hinaus? Wenn du nur Tiger brauchst, dich zu zerreißen, warum erzog man mich im Frauenhaus, ein weiches reines Kleid für dich zu weben, darin nicht einmal die geringste Spur von Naht dich drückt -: so war mein ganzes Leben, und jetzt verkehrst du plötzlich die Natur.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Vor der Passion", appears in Das Marien-Leben, no. 10, first published 1912
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- ENG English (Knut W. Barde) , "Before the Passion", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Avant la Passion", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Prima della passione", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
5. Pietà  [sung text not yet checked]
Jetzt wird mein Elend voll, und namenlos erfüllt es mich. Ich starre wie des Steins Inneres starrt. Hart wie ich bin, weiß ich nur Eins: Du wurdest groß -- . . . . . . und wurdest groß, um als zu großer Schmerz ganz über meines Herzens Fassung hinauszustehn. Jetzt liegst du quer durch meinen [Schooß, jetzt kann]1 ich dich nicht mehr gebären.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Pietà", appears in Das Marien-Leben, no. 11, first published 1912
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Pieta", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Pietà", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, page 621.
1 Burghardt: "Schoß. / Jetzt kann"Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
6. Von der Hochzeit zu Kanaan  [sung text not yet checked]
Konnte sie denn anders, als auf ihn stolz sein, der ihr Schlichtestes verschönte? War nicht selbst die hohe, großgewöhnte Nacht wie außer sich, da er erschien? Ging nicht auch, daß er sich einst verloren, unerhört zu seiner Glorie aus? Hatten nicht die Weisesten die Ohren mit dem Mund vertauscht? Und war das Haus nicht wie neu von seiner Stimme? Ach sicher hatte sie zu hundert Malen ihre Freude an ihm auszustrahlen sich verwehrt. Sie ging ihm staunend nach. Aber ja bei jenem Hochzeitsfeste, als es unversehns an Wein gebrach, - sah sie hin und bat um eine Geste und begriff nicht, daß er widersprach. Und dann tat er's. Sie verstand es später, wie sie ihn in seinen Weg gedrängt: denn jetzt war er wirklich Wundertäter, und das ganze Opfer war verhängt, unaufhaltsam. Ja, es stand geschrieben. Aber war es damals schon bereit? Sie: sie hatte es herbeigetrieben in der Blindheit ihrer Eitelkeit. An dem Tisch voll Früchten und Gemüsen freute sie sich mit und sah nicht ein, daß das Wasser ihrer Tränendrüsen Blut geworden war mit diesem Wein.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Von der Hochzeit zu Kana", appears in Das Marien-Leben, no. 9, first published 1912
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- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Sur les noces de Cana", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Le nozze di Cana", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
7. Die Darstellung Mariä im Tempel  [sung text not yet checked]
Um zu begreifen, wie sie damals war, mußt du dich erst an eine Stelle rufen, wo Säulen in dir wirken; wo du Stufen nachfühlen kannst; wo Bogen voll Gefahr den Abgrund eines Raumes überbrücken, der in dir blieb, weil er aus solchen Stücken getürmt war, daß du sie nicht mehr aus dir ausheben kannst: du rissest dich denn ein. Bist du so weit, ist alles in dir Stein, Wand, Aufgang, Durchblick, Wölbung - so probier den großen Vorhang, den du vor dir hast, ein wenig wegzuzerrn mit beiden Händen: da glänzt es von ganz hohen Gegenständen und übertrifft dir Atem und Getast. Hinauf, hinab, Palast steht auf Palast, Geländer strömen breiter aus Geländern und tauchen oben auf an solchen Rändern, daß dich, wie du sie siehst, der Schwindel faßt. Dabei macht ein Gewölk aus Räucherständern die Nähe trüb; aber das Fernste zielt in dich hinein mit seinen graden Strahlen -, und wenn jetzt Schein aus klaren Flammenschalen auf langsam nahenden Gewändern spielt: wie hältst du's aus? Sie aber kam und hob den Blick, um diese alles anzuschauen. (Ein Kind, ein kleines Mädchen zwischen Frauen.) Dann stieg sie ruhig, voller Selbstvertrauen, dem Aufwand zu, der sich verwöhnt verschob: So sehr war alles, was die Menschen bauen, schon überwogen von dem Lob in ihrem Herzen. Von der Lust sich hinzugeben an die innern Zeichen: Die Eltern meinten, sie hinaufzureichen, der Drohende mit der Juwelenbrust empfing sie scheinbar: Doch sie ging durch alle, klein wie sie war, aus jeder Hand hinaus und in ihr Los, das, höher als die Halle, schon fertig war, und schwerer als das Haus.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Darstellung Mariae im Tempel", appears in Das Marien-Leben, no. 2, first published 1912
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- ENG English (Knut W. Barde) , "The Presentation of Mary in the Temple", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "La présentation de Marie", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "La presentazione di Maria al Tempio", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
8. Geburt Christi  [sung text not yet checked]
Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt? Sieh, der Gott, der über Völkern grollte, macht sich mild und kommt in dir zur Welt. Hast du dir ihn größer vorgestellt? Was ist Größe? Quer durch alle Maße, die er durchstreicht, geht sein grades Los. Selbst ein Stern hat keine solche Straße. Siehst du, diese Könige sind groß, und sie schleppen dir vor deinen Schooß Schätze, die sie für die größten halten, und du staunst vielleicht bei dieser Gift -: aber schau in deines Tuches Falten, wie er jetzt schon alles übertrifft. Aller Amber, den man weit verschifft, jeder Goldschmuck und das Luftgewürze, das sich trübend in die Sinne streut: alles dieses war von rascher Kürze, und am Ende hat man es bereut. Aber (du wirst sehen): Er erfreut.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Geburt Christi", appears in Das Marien-Leben, no. 7, first published 1912
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- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Naissance du Christ", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Nascita di Cristo", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
9. Stillung Mariä mit dem Auferstandenen  [sung text not yet checked]
Was sie damals empfanden: ist es nicht vor allen Geheimnissen süß und immer noch irdisch: da er, ein wenig blaß noch vom Grab, erleichtert zu ihr trat: an allen Stellen erstanden. O zu ihr zuerst. Wie waren sie da unaussprechlich in Heilung. Ja sie heilten, das war's. Sie hatten nicht nötig, sich stark zu berühren. Er legte ihr eine Sekunde kaum seine nächstens ewige Hand an die frauliche Schulter. Und sie begannen still wie die Bäume im Frühling, unendlich zugleich, diese Jahreszeit ihres äußersten Umgangs.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Stillung Mariae mit dem Auferstandenen", appears in Das Marien-Leben, no. 12, first published 1912
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- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Sérénité de Marie auprès du Ressuscité", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Consolazione di Maria con il Risorto", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission