Da neigt sich die Stunde und rührt mich an mit klarem, metallenem Schlag: mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann - und ich fasse den plastischen Tag. Nichts war [noch]1 vollendet, eh ich es erschaut, ein jedes Werden stand still. Meine Blicke sind reif, und wie eine Braut kommt jedem das Ding, das er will. Nichts ist mir zu klein, und ich lieb es trotzdem und mal' es auf Goldgrund und groß, und halte es hoch, und ich weiß nicht wem löst es die Seele los...
Sechs Lieder
Song Cycle by Wilhelm Klepper (b. 1924)
1. Da neigt sich die Stunde  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Da neigt sich die Stunde", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 1, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Walter A. Aue) , "The hour is turning", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Alors l'heure se penche et me touche", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 157.
1 Omitted by Ebel.Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
2. Liebes‑Lied  [sung text not yet checked]
Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher [Geiger]1 hat uns in der Hand? O süßes Lied.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Liebeslied", appears in Neue Gedichte, first published 1892
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Cançó d'amor", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Ruth Schonthal) , "Love song", copyright ©
- ENG English (Elisabeth Siekhaus) , "Love song", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chant d'amour", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Canto d'amore", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
1 Martinsson: "Spieler"
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3. Der Tod der Geliebten  [sung text not yet checked]
Er wußte nur vom Tod was alle wissen: daß er uns nimmt und in das Stumme stößt. Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen, nein, leis aus seinen Augen ausgelöst, hinüberglitt zu unbekannten Schatten, und als er fühlte, daß sie drüben nun wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten und ihre Weise wohlzutun: da wurden ihm die Toten so bekannt, als wäre er durch sie mit einem jeden ganz nah verwandt; er ließ die andern reden und glaubte nicht und nannte jenes Land das gutgelegene, das immersüße - Und tastete es ab für ihre Füße.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Tod der Geliebten", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil, first published 1908
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "La mort de l'estimada", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Sharon Krebs) , "The death of the beloved", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "La morte dell'amata", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, pages 507-508.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
4. Römische Fontäne  [sung text not yet checked]
Zwei Becken, eins das andere übersteigend aus einem alten runden Marmorrand, und aus dem oberen Wasser leis sich neigend zum Wasser, welches unten wartend stand, dem leise redenden entgegenschweigend und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand, ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend wie einen unbekannten Gegenstand; sich selber ruhig in der schönen Schale verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis, nur manchmal träumerisch und tropfenweis sich niederlassend an den Moosbehängen zum letzten Spiegel, der sein Becken leis von unten lächeln macht mit Übergängen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Römische Fontäne", subtitle: "Borghese", written 1906
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Schlaflied  [sung text not yet checked]
Einmal wenn ich dich verlier, wirst du schlafen können, ohne dass ich wie eine Lindenkrone mich verflüstre über dir? Ohne dass ich hier wache und Worte, beinah wie Augenlider, auf deine Brüste, auf deine Glieder niederlege, auf deinen Mund. Ohne dass ich dich verschließ und dich allein mit Deinem lasse wie einen Garten mit einer Masse von Melissen und Stern-Anis.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Schlaflied", written 1908, appears in Der neuen Gedichte anderer Teil
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Spanische Tänzerin  [sung text not yet checked]
Wie in der Hand ein Schwefelzündholz, weiß, eh es zur Klamme kommt, nach allen Seiten zuckende Zungen streckt—: beginnt im Kreis naher Beschauer hastig, hell und heiß ihr runder Tanz sich zuckend auszubreiten. Und plötzlich ist er Flamme ganz und gar. Mit ihrem Blick entzündet sie ihr Haar und dreht auf einmal mit gewagter Kunst ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst, aus welcher sich, wie Schlangen, die erschrecken, die nackten Arme wach und klappernd strecken. Und dann: als würde ihr das Feuer knapp, nimmt sie es ganz zusamm und wirft es ab sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde und schaut: da liegt es rasend auf der Erde und flammt noch immer und ergibt sich nicht—. Doch sieghaft, sicher und mit einem süßen grüßenden Lächeln hebt sie ihr Gesicht und stampft es aus mit kleinen festen Füßen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Spanische Tänzerin", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig: Insel-Verlag, 1920
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]