Ich möchte jemanden einsingen, bei jemandem sitzen und sein. Ich möchte dich wiegen und kleinsingen und begleiten schlafaus und schlafein. Ich möchte der Einzige sein im Haus, der wüsste: die Nacht war kalt. Und möchte horchen herein und hinaus in dich, in die Welt, in den Wald. Die Uhren rufen sich schlagend an, und man sieht der Zeit auf den Grund. Und unten geht noch ein fremder Mann und stört einen fremden Hund. Dahinter wird Stille. Ich habe groß die Augen auf dich gelegt; und sie halten dich sanft und lassen dich los, wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.
Zes Rilke-liederen
Song Cycle by Peter Visser (b. 1939)
1. Zum Einschlafen  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Zum Einschlafen zu sagen", written 1900, appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "À dire pour endormir", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
2. Der Knabe  [sung text not yet checked]
Ich möchte einer werden so wie die, die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren, mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haaren in ihres Jagens großem Winde wehn. Vorn möcht ich stehen wie in einem Kahne, groß und wie eine Fahne aufgerollt. Dunkel, aber mit einem Helm von Gold, der unruhig glänzt. Und hinter mir gereiht zehn Männer aus derselben Dunkelheit mit Helmen, die, wie meiner, unstät sind, bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind. Und einer steht bei mir und bläst uns Raum mit der Trompete, welche blitzt und schreit, und bläst uns eine schwarze Einsamkeit, durch die wir rasen wie ein rascher Traum: Die Häuser fallen hinter uns ins Knie, die Gassen biegen sich uns schief entgegen, die Plätze weichen aus: wir fassen sie, und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Knabe", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The lad", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le garçon", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, page 332.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
3. Herbst  [sung text not yet checked]
Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde. Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh die andre an: es ist in allen. Und doch ist einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Herbst", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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- ENG English (John H. Campbell) , no title, copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Autumn", copyright © 2005, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Walter A. Aue) , "Fall", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Bertram Kottmann) , "Fall", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Gary Bachlund) , "Fall", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Automne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Autunno", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
4. Vorgefühl  [sung text not yet checked]
Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben. Ich ahne die Winde, die kommen, und muß sie leben, während die Dinge unten sich noch nicht rühren: die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille; die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer. Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer. Und breite mich aus und falle in mich hinein und werfe mich ab und bin ganz allein in dem großen Sturm.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Vorgefühl", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Pressentiment", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, pages 348-349.
Research team for this page: Alberto Pedrotti , Sharon Krebs [Guest Editor]
5. Die Nacht der Frühlingswende  [sung text not yet checked]
Ein Netz von raschen Schattenmaschen schleift über aus Mond gemachte Gartenwege, als ob Gefangenes sich drinnen rege, das ein Entfernter groß zusammengreift. Gefangner Duft, der widerstrebend bleibt. Doch plötzlich ists, als risse eine Welle das Netz entzwei an einer hellen Stelle, und alles fließt dahin und flieht und treibt.... Noch einmal blättert, den wir lange kannten, der weite Nachtwind in den harten Bäumen; doch drüber stehen, stark und diamanten, in tiefen feierlichen Zwischenräumen, die großen Sterne einer Frühlingsnacht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Nacht der Frühlingswende", written 1907
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Ist einer... (Strophen)  [sung text not yet checked]
Ist einer, der nimmt alle in die Hand, daß sie wie Sand durch seine Finger rinnen. Er wählt die schönsten aus den Königinnen und läßt sie sich in weißen Marmor hauen, still liegend in des Mantels Melodie; und legt die Könige zu ihren Frauen, gebildet aus dem gleichen Stein wie sie. Ist einer, der nimmt alle in die Hand, daß sie wie schlechte Klingen sind und brechen. Er ist kein Fremder, denn er wohnt im Blut, das unser Leben ist und rauscht und ruht. Ich kann nicht glauben, daß er Unrecht tut; doch hör ich viele Böses von ihm sprechen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Strophen", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920
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- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Strophes", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission