Auf das Feuer mit dem goldnen Strahle heftet sich in tiefer Mitternacht schlummerlos das Auge der Vestale, die der Göttin ewig Licht bewacht. Wenn sie schlummerte, wenn sie entschliefe, wenn erstürbe die versäumte Glut, eingesargt in Gruft und Grabestiefe würde sie, wo Staub und Moder ruht. Eine Flamme zittert mir im Busen, lodert warm zu jeder Zeit und Frist, die, entzündet durch den Hauch der Musen, ihnen ein beständig Opfer ist. Und ich hüte sie mit heilger Scheue, daß sie brenne rein und ungekränkt: Denn ich weiß, es wird der ungetreue Wächter lebend in die Gruft versenkt.
Zehn Gedichts von C.F. Meyer für 1 Singstimme mit Pianoforte , opus 19
by Karl Hallwachs (1870 - 1959)
1. Das heilige Feuer  [sung text not yet checked]
2. Liebesflämmchen  [sung text not yet checked]
Die Mutter mahnt mich [abends]1: "Trag Sorg zur Ampel, Kind! Jüngst träumte mir von Feuer - Auch weht ein wilder Wind." Das Flämmchen auf der Ampel, Ich lösch es mit Bedacht, Das Licht in meinem Herzen Brennt durch die ganze Nacht. Die Mutter ruft mich morgens: "Kind, hebe dich! 's ist Tag!" Sie pocht an meiner Türe Dreimal mit starkem Schlag Und meint, sie habe grausam Mich aus dem Schlaf geschreckt - Das Licht in meinem Herzen Hat längst mich aufgeweckt.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Michael P Rosewall) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
1 Heymann-Rheineck: "des Abends"; further changes may exist not shown above.
3. Was treibst du, Wind  [sung text not yet checked]
Was treibst du, Wind, du himmlisches Kind? Du flügelst und flügelst umsonst in der Luft! "Nicht Wanderscherz! Ich nähre das Herz mit Erdgeruch und Waldesluft!" Was bringst du, Wind, du himmlisches Kind? "Einen Morgengruß, einen Schrei der Lust!" Aus Vogelkehle nur? Aus Lerchenseele nur? "Nein, nein! Aus voller Menschenbrust!" Was trägst du, Wind, du himmlisches Kind? "Seeüber ein wallend, ein hallend Geläut!" Senken sie ein den Totenschrein? "Nein, nein! Sie halten Hochzeit heut!"
4. Hochzeitslied  [sung text not yet checked]
Aus der Eltern Macht und Haus tritt die züchtge Braut heraus an des Lebens Scheide - geh und lieb und leide! Freigesprochen, unterjocht, wie der junge Busen pocht im Gewand von Seide - geh und lieb und leide! Frommer Augen helle Lust überstrahlt an voller Brust blitzendes Geschmeide - geh und lieb und leide! Merke dirs, du blondes Haar. Schmerz und Lust, Geschwisterpaar, unzertrennlich beide - geh und lieb und leide!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Hochzeitslied"
See other settings of this text.
5. Ewig jung ist nur die Sonne  [sung text not yet checked]
Heute fanden meine Schritte mein vergeßnes Jugendtal, Seine Sohle lag verödet, seine Berge standen kahl. Meine Bäume, meine Träume, meine buchendunkeln Höhn - Ewig jung ist nur die Sonne, sie allein ist ewig schön. Drüben dort in schilf'gem Grunde, wo die müde Lache liegt, Hat zu meiner Jugendstunde sich lebend'ge Flut gewiegt, Durch die Heiden, durch die Weiden ging ein wandernd Herdgetön - Ewig jung ist nur die Sonne, sie allein ist ewig schön.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Ewig jung ist nur die Sonne"
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John Glenn Paton) , "Only the sun is forever young", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Seul le soleil est éternellement jeune", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
6. Nachtgeräusche  [sung text not yet checked]
Melde mir die Nachtgeräusche, Muse, Die ans Ohr des Schlummerlosen fluten! Erst das traute Wachtgebell der Hunde, Dann der abgezählte Schlag der Stunde, Dann ein Fischer-Zwiegespräch am Ufer, Dann? Nichts weiter als der ungewisse Geisterlaut der ungebrochnen Stille, Wie das Atmen eines jungen Busens, Wie das Murmeln eines tiefen Brunnens, Wie das Schlagen eines dumpfen Ruders, Dann der ungehörte Tritt des Schlummers.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Nachtgeräusche"
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Bruits nocturnes", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
7. Das Seelchen  [sung text not yet checked]
Ich lag im Gras auf einer Alp, In selge Bläuen starrt ich auf - Mir war, als ob auf meiner Brust Mich etwas sacht betastete. Ich blickte schräg. Ein Falter sass Auf meinem grauen Wanderrock. Mein Seelchen wars, das flugbereit, Die Schwingen öffnend, zitterte. Wie sind die Schwingen ihm gefärbt? Sie leuchten blank, betupft mit Blut.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Das Seelchen"
Go to the general single-text view
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La petite âme", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
8. Schnitterlied  [sung text not yet checked]
Wir schnitten die Saaten, wir Buben und Dirnen, mit nackenden Armen und triefenden Stirnen, von donnernden dunkeln Gewittern bedroht. Gerettet das Korn. Und nicht Einer der darbe. Von Garbe zu Garbe ist Raum für den Tod. Wie schwellen die Lippen des Lebens so rot! Hoch tronet ihr Schönen, auf güldenen Sitzen, in strotzenden Garben, umflimmert von Blitzen. Nicht Eine die darbe! Wir bringen das Brot! Zum Reigen! Zum Tanze! Zur tosenden Runde! Von Munde zu Munde ist Raum für den Tod. Wie schwellen die Lippen des Lebens so rot!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Schnitterlied"
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Peter Palmer) , "Song of the reapers", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
10. Die Veltlinertraube  [sung text not yet checked]
Brütend liegt ein heißes Schweigen Ueber Thal und Bergesjoch, Evoë und Winzerreigen Schlummern in der Traube noch. Purpurne Veltlinertraube, Kochend in der Sonne Schein, Heute möcht' ich unterm Laube Deine vollste Beere sein! Mein unbändiges Geblüte, Strotzend von der Scholle Kraft, Trunken von des Himmels Güte, Sprengte schier der Hülse Haft! Aus der Laube niederhangend, Gluthdurchwogt und üppig rund, Schwebt' ich dunkelpurpurprangend Über einem rothen Mund!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Die Veltlinertraube"
Go to the general single-text view