Blaß war der Abend, kalt und feucht. Die Bäume ließen stumm, voll Sinnen, Die letzten Blätter niederrinnen. Der Mond mit goldenem Geleucht Glitt durch die krausen Wolkenwogen Als Nachen an dem Himmelsbogen. Der Blumen blütenloser Chor, Im letzten Todeskrampf, erbebte Und hielt für einen Meteor Ein Blatt, das rötlich niederschwebte. Allein stand ich am Trauerort Und in der Seele tiefstem Hort Starb meine Jugend ohne Qualen; Sie bot den letzten Abschied mir Und segnete mich für und für Mit des verblaßten Spätrots Strahlen. Ich aber schluchzte, reudurchpeint, In namenlosem Schmerz verloren, Wie einst der erste Mensch geweint An des verlornen Edens Thoren.
Verklärtes Jahr
Song Cycle by Joseph Marx (1882 - 1964)
1. Ein Abschied
Text Authorship:
- by Friedrich Ludwig Konrad Fiedler (1859 - 1917), no title
Based on:
- a text in Russian (Русский) by Konstantin Mikhailovich Fofanov (1862 - 1911), "Элегия", appears in Тени и тайны, стихотворения (Teni i tajny, stikhotvorenija), first published 1892
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Peter Rastl [Guest Editor]2. Dezember
Horch! Pochte es an mein Fenster nicht? Schaut nicht durch die Scheibe, die trübe, Beleuchtet vom flackernden Mondenlicht, Ein wohlbekanntes, süßes Gesicht, Mit Augen voll zärtlicher Liebe? Wird draußen nicht eine Stimme laut, Schon lange nimmer vernommen? "Kommt, Kinder!" flüstert sie, "kommt und schaut! Die Weihnachtstanne ist aufgebaut, Das Christkind ist gekommen!" -- Ein Baumzweig schlug an dein Fernsterlein, Der Nachtwind regt sein Gefieder. Geh schlafen, du Tor! Laß das Lauschen sein! Kein Christkind kehrt mehr bei dir ein, Und die Toten kehren nicht wieder.
Text Authorship:
- by Ottokar Kernstock (1848 - 1928), no title
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CHI Chinese (中文) [singable] (Dr Huaixing Wang) , "十二月", copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Sharon Krebs) , "December", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
3. Lieder
Träumerische Stimmen durchstürmen meine Seele ... Nackte Mädchen jagen sich an Hügelhängen hin ... Tief unten rauscht der breite blaue Fluß. Über mir in tönenden Kreisen zieht ein Aar. Lieder ... Lieder ... Lieder überall! Im Sonnenschein, im grünen Gras, im Wald, im Fluß, im Tal ...
Text Authorship:
- by Christian Morgenstern (1871 - 1914), "Lieder!", appears in Ich und die Welt
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chansons", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Ich und die Welt. Gedichte von Christian Morgenstern, Verlag von Schuster & Loeffler, Berlin, 1898, page 97.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
4. In meiner Träume Heimat
In meiner Träume Heimat Blühst du noch, Klingt noch dein Lied. In meiner Träume Heimat Kann keine Blume verwelken, Kein Lied kann verwehn. In meiner Träume Heimat Ist lichter Frühling Weithin in der Zeit -- Du klingst und blühst darin, Und Lied und Blüten Fallen in die Ewigkeit Zu unsrer Liebe Ruhme. In meiner Träume Heimat Kann keine Blume verwelken, Kein Lied kann verwehn.
Text Authorship:
- by Carl (Ferdinand Max) Hauptmann (1858 - 1921), no title, appears in Aus meinem Tagebuch, first published 1900
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "In the homeland of my dreams", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Dans la patrie de mes rêves", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Dans le pays de mes rêves", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
5. Auf der Campagna
Unendlich weite, die ins Meer verdämmert, Seh' ich wieder, o Campagna! Wie hoch im Norden aus der finstern Wolke, Nach endlos langen Wochen, Monden Die Sonne weieder tief beglückend tritt, So strahlst du mir ins Herz! Von ferne glänzen Hügel und Paläste, Ein Pinienhain rauscht auf, Und Hügel grüßen hold vertraut. O Glück des Wiedersehns! Ganz still zu sitzen bei fremden Blumen, Brennend rotem Mohn und bei gestürztem Marmor, Der, fühlios zwar, dir mehr erzälen kann Als Menschen von Jugend, Sehnsucht und Vergänglichkeit. Und über dir blaut der blauste Himmel, Zieh'n weisse Wolken in die Ferne. O Glück des Lebens, Menschenglück! Zu wissen, daß Morgen Gestern ward Und dann Vergangenheit, vergessen Und trotzdem nicht ganz vertan. Denn immer wieder kehrt der Frühling, Lebt die Stunde, da hohes Menschenwerk, Den Göttern fromm geweiht, In uns erblüht zu neuem Auferstehn Und so sich selbst vollendet, Tiefster Sinn des Daseins. So grüß ich dich, Campagna! Heil' ger Rätsel voll und der Unendlichkeit. Du Heimat meiner Seele, In dir erklingt das Lied der Ewigkeit, Des Leides und der Liebe! Selig trunken tönet das Lied des Pan, Der über dunkle Wiesen schreitet, Die Arme segnend ausgebreitet. O Glück der Sehnsucht, nie gestillte Lust! Dem Fest der götter fromm zu nah'n Und Abschied nehmend dann vergeh'n, Indes die Nymphen ihre leisen Reigen schlingen Und Sterne glitzern in dem Tau er Nacht....
Text Authorship:
- by Joseph Marx (1882 - 1964), "Auf der Campagna"
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Researcher for this page: Ian Davis