Auf Scharfenberg in Sommersglanz las ich in unser'm Ehepsalter dem lieben Vogelweiden-Walther: Nemt, frouwe, disen kranz. Und wie ich's las, ersah ich dich im Ridewanz mailobelich die leichten Füße heben. Ich aber, als ein Ritter zier, Bracht' eine Blumenkrone, dir sie auf das Haupt zu geben. Und sieh, dein Haupt hast du gesenkt; ich hab' die Krone dir geschenkt und deine Hand genommen. Dann schwangen wir uns beide frei im Hoppaldei und Troialdei, bis dass die Nacht gekommen. Von Walthers Gnaden war's ein Traum, in bunte Zeit ein Purzelbaum aus unser'm höchst gediegenen Grau. Fast bang' ich, die gestrengen Herr'n Stirnrunzeln böse mir: Modern! Indes, was träumt man nicht, träumt man von seiner Frau! Nicht wahr? Aber sonderbar: Der Traum von Scharfenberg ließ mich auch wach nicht frei. Mir war's, als ob ich dir aus ihm was schuldig sei, und immer wieder klang in mir wie Singetanz das schöne Walther-Wort: Nemt, frouwe, disen kranz. Und so hat sich's gefügt, dass ich zusammenschloss, was mir in deiner Hut aus meinem Garten spross; manch' Unkrautpflänzlein auch, das früher mir gedieh in wilder Blumenzucht; nimm auch in Hulden sie!
Nemt, frouwe, disen kranz und andere Gedichte von Otto Julius Bierbaum
by Christian Sinding (1856 - 1941)
1. Nemt, frouwe, disen kranz
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Nemt, frouwe, disen kranz"
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Confirmed with Nemt, frouwe, disen kranz. Ausgewählte Gedichte von Otto Julius Bierbaum, Berlin, 1894
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2. Ritter rät dem Knappen dies
Sitz im Sattel, reite, Reite auf die Freite, Freie dir die Fee der Freien, Freie sie im milden Maien; Mit Narzissen in den Händen Geh ihr nah, doch an der Lenden Schwebe dir dein Schwert. Sprich zu ihr: Madleine, Rose, Rose, reine, Willst du dich mir freundlich neigen? Willst du mir den Himmel zeigen? Und sie wird die Blicke senken, Wird dir alle Himmel schenken. Nimm sie auf dein Pferd. Sitz im Sattel, sause, Reit mit ihr nach Hause; Zwischen seidenbunten Decken Sollst du dir dein Glück verstecken. Alle Thore zugeschlossen! Dämmergold ist ausgegossen Über euern Herd.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Ritter rät dem Knappen dies", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Lieder, first published 1901
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- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "El cavaller dóna aquest consell al seu escuder", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Conseil du chevalier à son écuyer", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
4. Tanzlied
Es ist ein Reihen geschlungen, Ein Reihen auf dem grünen Plan, Und ist ein Lied gesungen, Das hebt mit Sehnen an, Mit Sehnen, also süße, Daß Weinen sich mit Lachen paart: Hebt, hebt im Tanz die Füße Auf lenzeliche Art.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Tanzlied", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Lieder
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Dancing song", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chanson à danser", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
4. Dem Tage
Breit hängt vom Himmel die Fahne der Freude, Dunkelblau, unbewegt, sonnendurchprunkt; Hurra, die Herzen hoch, hurra dem Heute, Was auch das mürrische Morgen uns unkt. Morgen der Tod, aber heute das Leben, Leben und Liebe zu allem, das blüht; Lasst uns die Herzen zur Sonne erheben, Die wie ein Heilandsherz gütevoll glüht. Schielt Tante Mors mit der silbernen Glatze Heute zur Nacht wieder über die Welt, Lachen wir ihr in die bleichkalte Fratze, Denen das Herz Göttin Sonne erhellt.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Dem Tage"
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5. Das ist der Zeiten Unterschied
... Das ist der Zeiten Unterschied, Die Liebe wechselt und das Lied. Doch wie auch Art und Ton vergeht, Im ewigen Wechsel ... sich wendet, Die Sache selbst bleibt ungeendet: Die Liebe und das Lied besteht.
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- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Mönchs Kunst zu lieben", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900
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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler6. Ein Pfingstlied
Den Maien führ ich an meiner Hand, Den Degen an der Seiten, Pfingstjunker bin ich zubenannt Und will in das gelobte Land Auf einem Schimmel reiten. Auf einem Schimmel blührieselweiß Mit seidenen Schabracken. Der Mai ihn wohl zu führen weiß Mit einem Apfelblütenreis. Stolz trägt er seinen Nacken. Doch nicht allein ich reiten mag, Mag nicht alleine reiten, Mich soll durch Tag und Nacht und Tag, Mich soll durch Feld und Wald und Hag Ein Mädel jung begleiten. Ein Mädel jung, das soll mit mir Auf meinem Schimmel schacken. Hui da, du helle Maienzier! Durchs Grüne galoppieren wir, Der Wind bläht die Schabracken. Nun gehe, Mai, und klopfe an, Wo liebe Mädel hausen, Und sag', ich bin ein rischer Mann, Der seinen Schimmel reiten kann Und im Galoppe sausen. Führ' her zu mir an deiner Hand, Die lieb mich will begleiten. Der Schimmel scharrt schon in den Sand, Ich muss in das gelobte Land Mit einer Holden reiten.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Ein Pfingstlied"
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7. Trinke Wein, mein Kind
Trinke Wein, mein Kind, und freue dich. Lenzlustig ist die Welt. Siehst du denn nicht, wie jeder Baum Tausend helle Becher voll Duft und Schaum Zum hohen Himmel hält? Trinke Wein, mein Kind, und freue dich, Der grosse Pan ist da. Er sprach zu mir: Die Welt wird jung; Wir kommen wieder mit Thyrsusschwung; Sic crescit gloria!
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- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Trinke Wein, mein Kind"
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8. Traum durch die Dämmerung
Weite Wiesen im Dämmergrau; die Sonne verglomm, die Sterne ziehn, nun geh' ich zu der schönsten Frau, weit über Wiesen im Dämmergrau, tief in den Busch von Jasmin. Durch Dämmergrau in der Liebe Land; ich gehe nicht schnell, ich eile nicht; mich zieht ein weiches samtenes Band durch Dämmergrau in der Liebe Land, in ein blaues, mildes Licht.
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- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910)
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- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Somni a través del capvespre", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Dromend door de schemering", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "Dreaming through the twilight", copyright ©
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Rêve au crépuscule", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Sogno al crepuscolo", copyright © 2005, (re)printed on this website with kind permission
- SPA Spanish (Español) (Elisa Rapado) , "Sueño al atardecer", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
9. Schlagende Herzen
Über Wiesen und Felder ein Knabe ging,
Kling-klang schlug ihm das Herz;
Es glänzt ihm am Finger von Golde ein Ring.
Kling-klang, schlug ihm das Herz.
"Oh Wiesen, oh Felder,
Wie seid ihr schön!
Oh Berge, oh Wälder,
Wie seid ihr schön!
Wie bist du gut, wie bist du schön,
Du gold'ne Sonne in Himmelshöhn!"
Kling-klang schlug ihm das Herz.
...
Zwischen Wiesen und Feldern ein Mädel stand,
Kling-klang schlug ihr das Herz.
Hielt über die Augen zum Schauen die Hand,
Kling-klang schlug ihr das Herz.
"Über Wiesen und Felder
Schnell kommt er her.
Über Berge und Wälder,
Schnell kommt er her.
Zu mir, zu mir, schnell kommt er her!
Oh, wenn er bei mir nur, bei mir schon wär!"
Kling-klang schlug ihr das Herz.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Schlagende Herzen", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Lieder
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- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Cors bategants", copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Kloppende harten", copyright © 2019, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Laura Prichard) , "Beating hearts", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English [singable] (John Bernhoff) , "Longing Hearts", first published 1897
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Cœurs battants", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
11. Schmied Schmerz
Der Schmerz ist ein Schmied, Sein Hammer ist hart, Von fliegenden Flammen Ist heiß sein Heerd; Seinen Blasebalg bläht Ein stoßender Sturm Von wilden Gewalten. Er hämmert die Herzen Und schweißt sie mit schweren Und harten Hieben Zu festem Gefüge. Gut, gut schmiedet der Schmerz. Kein Sturm zerstört, Kein Frost zerfrißt, Kein Rost zerreißt, Was der Schmerz geschmiedet.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Schmied Schmerz", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Gedichte, in In Gleichnissen
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- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , copyright © 2023, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
12. Alb
So bebebange ... Die schwarze Nacht Hat mit hohem Gewölbe die Welt überdacht. Willst schlafen und träumen? Es geht nicht an. Dich knebelt und knechtet ein dumpfer Bann. Lieg stille und lausche Im schweigenden Raum, Dich umschleiert kein Schlaf, dich tröstet kein Traum. Gedulde und warte: Es wird schon Licht, Und es hebt sich das schwere, das schwarze Gewicht.
Text Authorship:
- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Alb"
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13. Des Narren Regenlied
Regenöde, regenöde Himmel, Land und See; Alle Lust ist Last geworden, Und das Herz thut weh. Graugespinstig hält ein Nebel Alles Sein in Haft, Weher Mut weint in die Weiten, Krank ist jede Kraft. Die Prinzessin sitzt im Turme; Ihre Harfe klingt, Und ich hör, wie ihre Seele Müde Sehnsucht singt. Regenöde, regenöde Himmel, Land und See; Alle Lust ist Last geworden, Und das Herz thut weh.
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- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Des Narren Regenlied", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Lieder
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- ENG English (Sharon Krebs) , "The rain-song of the fool", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chanson de la pluie du bouffon", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
14. Aus der Ferne in der Nacht
Wenn im braunen Hafen Alle Schiffe schlafen, Wach' ich auf zu dir. Stille in der Runde, Heilig diese Stunde, Denn sie bringt dich, atemhaltend, mir. Stehst in Mondenhelle Wartend an der Schwelle, Und ich fühle dich; Komm, daß ich dich halte, Deine Seele walte Über meinen Träumen mütterlich.
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- by Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), "Aus der Ferne in der Nacht", appears in Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900, in Lieder
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- ENG English [singable] (John Bernhoff) , "When all sails are sleeping"
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Au loin dans la nuit", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission