Vom Taue glänzt der Rasen; beweglicher Eilt schon die wache Quelle; die Birke neigt Ihr schwankes Haupt und im Geblätter Rauscht es und schimmert; und um die grauen Gewölke streifen rötliche Flammen dort, Verkündende, sie wallen geräuschlos auf; Wie Fluten am Gestade, wogen Höher und höher die Wandelbaren. Komm nun, o komm, und eile mir nicht zu schnell, Du goldner Tag, zum Gipfel des Himmels fort! denn off'ner fliegt, vertrauter dir mein Auge, du Freudiger! zu, solang du In deiner Schöne jugendlich blickst und noch Zu herrlich nicht, zu stolz mir geworden bist; Du möchtest immer eilen, könnt ich, Göttlicher Wandrer! mit dir: doch lächelst Des frohen Übermütigen du, daß er Dir gleichen möchte; segne mir lieber dann Mein sterblich Tun und heitre wieder Gütiger! heute den stillen Pfad mir!
Lebenskreise
Song Cycle by Hans Gál (1890 - 1987)
1. Der Morgen
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Des Morgens", appears in Gedichte 1784-1800
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Das Werk
Hat Natur, nach ihrem dunklen Walten, Hier sich Bergreih'n hingezogen, droben Felsen aufgezackt und gleich daneben Über Talgestein und Höh'n und Höhlen Heilig ruhend alten Wald gepfleget, Daß den unwirtbaren Labyrinthen Sich der Wand'rer grausend gern entzöge: Sieh ! da dringt heran des edlen Menschen Meisterhand; sie darf es unternehmen, Darf zerstören tausendjähr'ge Schöpfung. Schallet nun das Beil im tiefsten Walde, Klingt das Eisen an dem schroffen Felsen, Und in Stämmen, Splittern, Massen, Trümmern Liegt zu unbegreiflich neuem Schaffen Ein Zerstörtes gräßlich durcheinander. Aber bald dem Winkelmaß, der Schnur nach Reihen sich die Steine, wachsen höher; Neue Form entspringt an ihnen, herrlich Bildet mit der Ordnung sich die Zierde, Und der alte Stamm, gekantet, fügt sich, Ruhend bald und bald emporgerichtet, Einer in den andern. Hohen Giebels Neuer Kunstwald hebt sich in die Lüfte. Sieh! Des Meisters Kränze wehen droben, Jubel schallt ihm, und den Weitbaumeister Hört man wohl dem irdischen vergleichen. Zündet das Feuer an! Feuer ist obenan. Höchstes, er hat's getan, Der es geraubt. Wer es entzündete, Sich es verbündete, Schmiedete, ründete Kronen dem Haupt. Wasser, es fließe nur! Fließet es von Natur Felsenab durch die Flur, Zieht es auf seine Spur Menschen und Vieh. Fische, sie wimmeln da, Vögel, sie himmeln da, Ihr' ist die Flut. Die unbeständige, Stürmisch lebendige, Daß der Verständige Manchmal sie bändige, Finden wir gut. Erde, sie steht so fest. Wie sie sich quälen läßt! Wie man sie scharrt und plackt! Wie man sie ritzt und hackt! Da soll's heraus. Furchen und Striemen zieh'n Ihr auf den Rücken hin Knechte mit Schweißbemüh'n; Und wo nicht Blumen blüh'n, Schilt man sie aus. Ströme du, Luft und Licht, Weg mir vom Angesicht! Schürst du das Feuer nicht, Bist du nichts wert. Strömst du zum Herd herein, Sollst du willkommen sein, Wie sich's gehört. Dring nur herein ins Haus; Willst du hernach hinaus, Bist du verzehrt. Rasch nur das Werk getan! Feuer nun flammt's heran, Feuer schlägt obenan; Sieht's doch der Vater an, Der es geraubt. Der es entzündete, Sich es verbündete, Schmiedete, ründete Kronen dem Haupt.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Sinnen und Suchen Sung Text
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Echo des Himmels, heiliges Herz! warum, Warum verstummst du unter den Lebenden, Schläfst, freies! von den Götterlosen Ewig hinab in die Nacht verwiesen? Wacht denn, wie vormals, nimmer des Äthers Licht? Und blüht die alte Mutter, die Erde, nicht? Und übt der Geist nicht da und dort, nicht Lächelnd die Liebe das Recht noch immer? Nur du nicht mehr ! doch mahnen die Himmlischen, Und stillebildend weht, wie ein kahl Gefild, Der Atem der Natur dich an, der Alleserheiternde, seelenvolle! O Hoffnung ! bald, bald singen die Haine nicht Des Lebens Lob allein, denn es ist die Zeit, Daß aus der Menschen Munde sie, die Schönere Seele, sich neu verkündet. Und er, der sprachlos waltet und unbekannt Zukünftiges bereitet, der Gott, der Geist Im Menschenwort, am schönen Tage Kommenden Jahren, wie einst, sich ausspricht.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]Wohl ist sie schön, die Welt! In ihrer Weite Bewegt sich so viel Gutes hin und her. Ach, daß es immer nur um einen Schritt Von uns sich zu entfernen scheint Und uns're bange Sehnsucht durch das Leben Auch Schritt vor Schritt bis nach dem Grabe lockt! So selten ist es, daß die Menschen finden, Was ihnen doch bestimmt gewesen schien; So selten, daß sie das erhalten, was Auch einmal die beglückte Hand ergriff! Es reißt sich los, was erst sich uns ergab, Wir lassen los, was wir begierig faßten. Es gibt ein Glück, allein wir kennen's nicht: Wir kennen's wohl und wissen's nicht zu schätzen. Einig, unverrückt, zusammenwandernd Leuchten ewig sie herab, die Sterne; Mondlicht überglänzet alle Höhen, Und im Laube rauschet Windesfächeln, Und im Fächeln atmet Philomele, Atmet froh mit ihr der junge Busen, Aufgeweckt vom holden Frühlingstraume. Ach ! warum, ihr Götter, ist unendlich Alles, alles, endlich unser Glück nur? Sternenglanz und Mondes Überschimmer, Schattentiefe, Wassersturz und Rauschen Sind unendlich, endlich unser Glück nur. Sternenglanz, ein liebereich Beteuern, Mondenschimmer, liebevoll Vertrauen, Schattentiefe, Sehnsucht wahrer Liebe Sind unendlich, endlich unser Glück nur.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Natur Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Leichte Silberwolken schweben Durch die erst erwärmten Lüfte, Mild, von Schimmer sanft umgeben, Blickt die Sonne durch die Düfte. Leise wallt und drängt die Welle Sich am reichen Ufer hin; Und wie reingewaschen helle, Schwankend hin und her und hin, Spiegelt sich das junge Grün. [Still ist Luft und Lüftchen stille; Was bewegt mir das Gezweige? Schwüle Liebe dieser Fülle, Von den Bäumen durchs Gesträuche. Nun der Blick auf einmal helle, Sieh! der Bübchen Flatterschar, Das bewegt und regt so schnelle, Wie der Morgen sie gebar, Flügelhaft sich Paar und Paar. Fangen an, das Dach zu flechten - Wer bedürfte dieser Hütte? - Und wie Zimmrer, die gerechten, Bank und Tischchen in der Mitte! Und so bin ich noch verwundert, Sonne sinkt, ich fühl es kaum; Und nun führen aberhundert Mir das Liebchen in den Raum, Tag und Abend, welch ein Traum!]1
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Mai", appears in Goethe's Werke. Vollständige Ausgabe, letzter Hand, Band III, in 1. Lyrisches
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Mai", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
1 omitted by Gál.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
Tausend, aber tausend Stimmen Hör ich durch die Lüfte schwimmen - Wie sie wogen, wie sie schwellen! Mich umgeben ihre Wellen, Die sich sondern, die sich einen, Sie, die ewig schönen, reinen. Wie sie mir ins Ohr gedrungen, Wie sie sich ins Herz geschlungen, Stürmen sie nach allen Seiten, Von der Nähe zu den Weiten, Berghinan und talhernieder, Und das Echo schickt sie wieder.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), appears in Prolog zu Eröffnung des Berliner Theaters im Mai 1821
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]Welche Stille, welches Grausen Liegt auf einmal um uns her! Welch ein dumpfes, fernes Sausen, Welch ein tiefbewegtes Brausen, Wie der Sturm im fernen Meer! Immer lauter aus der Ferne Hör ich alle Wetter drohen. Welche Nacht bedeckt den goldnen, Heiter'n Himmel, Und die Sterne Schwinden schon vor meinem Blick.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), appears in Der Zauberflöte zweiter Teil
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]Und von den niedern zu den höchsten Stufen Sind Kräfte der Natur hervorgerufen. Die Atmosphäre trübt sich, ist erregt, Der Donner rollt, ein Blitz, der prasselnd schlägt, Zersplittert Wald und Fels, die moosigen Alten, Die Rinde gar des Bodens wird gespalten. Erdschlünde tun sich auf, ein Feuerqualm Zuckt flammend übers Feld, versengt den Halm, Versengt der Bäume lieblich Blütenreich. Nun herrscht die Nacht, das Leben stockt sogleich, Und aus den Grüften hebt sich leis heran Das Gnomenvolk und wittert alles an, Und wittert alles aus und spürt den Platz Und forscht und gräbt : da glitzert mancher Schatz. Das altverborg'ne Gold bringt keinem Heil, Der Finsternis Genosse will sein Teil, [Im Innern siedet's, schäumt und schleudert wilder Durch's Feuermeer furchtbare Schreckensbilder; Wie Salamander lebt es in der Gluth, Und streitet häßlich mit vulkanischer Wuth.]1 Schon hüben und drüben sind Berge versunken, Schon gähnet der Abgrund, schon sprühen die Funken. [Was ist mir ? Was leuchtet ein wunderlich Licht? So leuchtet der Furie Feuergesicht. Und unter dem Kopfschmuck phosphorischer Schlangen, Weiß glühen die Augen und rothbraun die Wangen.]1 Der Schrecken ergreift mich, wo rett' ich mich hin? Noch kracht es entsetzlicher, Felsen erglüh'n, Sie bersten, sie stürzen, sie öffnen mir schon Der grauesten Tiefe plutonischen Thron! Kehrst du wieder, Himmelshelle? Iris mit gewohnter Schnelle Trennt die grausen Wolken schon, Augenfunkelnd für Entzücken, Den Geliebten zu erblicken Auf dem goldnen Wagenthron. Phöbus glänzt ihr hold entgegen; Himmlischer Vermählung Segen Fühlt der Erde weiter Kranz. Um des Bogens bunten Frieden Schlingen lieblichste Sylphiden, Schillernd zierlich, Kettentanz. Und da unten Silberwellen Grünlich-purpurn wogen, schwellen Auch empor in Liebesglut, Schalkisch locken gleich Undinen, Blauen Aug's, verschämter Mienen, Sich den Himmel in die Flut. Blüht's am Ufer, wogt's in Saaten, Alles ist dem Gott geraten, Alles ist am Ende gut!
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), no title, appears in Prolog zu Eröffnung des Berliner Theaters im Mai 1821
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View original text (without footnotes)1 omitted by Gál.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
5. Dämmerung Sung Text
Note: this is a multi-text setting
Wo bist du? [trunken]1 dämmert die Seele mir [Von all deiner]2 Wonne; denn eben ist's, Daß ich gelauscht, wie goldner Töne Voll der [entzückende]3 Sonnenjüngling Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt'; Es [tönten]4 rings die Wälder und Hügel nach. Doch fern ist er zu frommen Völkern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Sonnenuntergang", appears in Gedichte 1784-1800
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John H. Campbell) , no title, copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Où es-tu ?", copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Stéphane Goldet) (Pierre de Rosamel) , "Coucher de soleil", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Friedrich Hölderlin, Sämtliche Gedichte und Hyperion, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1999, page 203.
1 Magnus: "Träumend"; further changes may exist not shown above.2 Cornelius: "nach allen deinen"; Apostel, Greif, Hauer, Stöhr: "Von aller deiner"
3 Stöhr: "strahlende"
4 Stöhr: "tönen"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor] , Johann Winkler
[Theilen kann ich euch nicht dieser Seele Gefühl. Fühlen kann ich euch nicht Allen ganzes Gefühl. Wer, wer wendet dem Flehn sein Ohr, Dem bittenden Auge den Blick? Sieh! Er blinket herauf, Gad, der freundliche Stern. Sei mein Herr du, mein Gott! Gnädig winkt er mir zu! Bleib! Bleib! Wendst du dein Auge weg? Wie? Liebt' ich ihn, der sich verbirgt?]1 Sei gesegnet, o Mond! Führer du des Gestirns, Sei mein Herr du, mein Gott! Du beleuchtest den Weg. Laß! laß nicht in der Finsternis Mich irren mit irrendem Volk. Sonn', dir glühenden, weiht sich das glühende Herz. Sei mein Herr du, mein Gott! Leit', allsehende, mich. Steigst auch du hinab, Herrliche ! Tief hüllt mich Finsternis ein. Hebe, liebendes Herz, dem Erschaffenden dich! Sei mein Herr du, mein Gott! du allliebender, du, Der die Sonne, den Mond und die Stern' Schuf, Erde und Himmel und mich.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Mahomet"
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View original text (without footnotes)1 omitted by Gál.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
Einen vergänglichen Tag lebt' ich und wuchs mit den Meinen, Eins um's andere schon schläft mir und fliehet dahin. Doch ihr Schlafenden wacht am Herzen mir, in verwandter Seele ruhet von euch mir das entfliehende Bild. Und lebendiger lebt ihr dort, wo des göttlichen Geistes Freude die Alternden all, alle die Toten verjüngt.
Text Authorship:
- by Friedrich Hölderlin (1770 - 1843), "Die Entschlafenen"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "The deceased", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Friedrich Hölderlin, Sämtliche Gedichte und Hyperion, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1999, page 279.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
Immer enger, leise, leise Ziehen sich die Lebenskreise, Schwindet hin, was prahlt und prunkt, Schwindet Hoffen, Hassen, Lieben, Uns ist nichts in Sicht geblieben Als der letzte dunkle Punkt.
Text Authorship:
- by Theodor Fontane (1819 - 1898), "Ausgang"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Ending", copyright © 2017, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
6. Das ewige Licht
Komm, Heiliger Geist, du Schaffender, Komm, Deine Seelen suche heim; Mit Gnadenfülle segne sie, Die Brust, die du geschaffen hast! Du heißest Tröster, Paraklet, Des höchsten Gottes Hochgeschenk, Lebend'ger Quell und Liebesglut Und Salbung heiliger Geisteskraft. Du siebenfaltiger Gabenschatz, Du Finger Gottes rechter Hand, Von ihm versprochen und geschickt, Der Kehle Stimm' und Rede gibst. Den Sinnen zünde Lichter an, Dem Herzen frohe Mutigkeit, Daß wir im Körper Wandelnden Bereit zum Handeln sei'n, zum Kampf! Den Feind bedränge, treib ihn fort, Daß uns des Friedens wir erfreu'n, Und so an deiner Führerhand Dem Schaden überall entgeh'n! Vom Vater uns Erkenntnis gib, Erkenntnis auch vom Sohn zugleich, Uns, die dem beiderseit'gen Geist Zu allen Zeiten gläubig fleh'n! Darum sei Gott dem Vater Preis, Dem Sohne, der vom Tod erstand, Dem Paraklet, dem wirkenden, Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Based on:
- a text in Latin by Rabanus Maurus Magnentius, Archbishop of Mainz (c784 - 856), Pentecost hymn
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