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Zwischen den Sternen. Gedichte. Briefe. Leben.

Song Cycle by Oliver Steller (b. 1967)

1. Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 2, first published 1905

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Walter A. Aue) , "I'm living my life in spiraling gyres", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Je vis ma vie en cercles croissants", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 157.


Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]

2. Ich war ein Kind  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Ich war ein Kind und träumte viel
und hatte noch nicht Mai:
da trug ein Mann sein Saitenspiel
an unserm Hof vorbei.
Da hab ich bange aufgeschaut:
"O Mutter lass mich frei..."
    Bei seiner Laute erstem Laut
    brach etwas mir entzwei.

Ich wusste, eh sein Sang begann:
Es wird mein Leben sein.
Sing nicht, sing nicht, du fremder Mann:
Es wird mein Leben sein.
Du singst mein Glück und meine Müh' 
mein Lied singst du und dann:
mein Schicksal singst du viel zu früh,
so daß ich, wie ich blüh und blüh, --
es nie mehr leben kann.

Er sang. Und dann verklang sein Schritt, --
er musste weiterziehn;
und sang mein Leid, das ich nie litt,
und sang mein Glück, das mir entglitt
und nahm mich mit, und nahm mich mit, --
und keiner weiss wohin...

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich war ein Kind und träumte viel", written 1898, appears in Frühe Gedichte, in Mädchen-Gestalten, no. 4

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "J'étais un enfant et je rêvais beaucoup", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this page: Peter Donderwinkel

3. Lösch mir die Augen aus  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füße kann ich zu dir gehn,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Lösch mir die Augen aus", appears in Das Stundenbuch, in 2. Das Buch von der Pilgerschaft, no. 7

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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

4. Du, Nachbar Gott  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manchesmal
in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, -
so ists, weil ich dich selten atmen höre
und weiß: Du bist allein im Saal.
Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da,
um deinem Tasten einen Trank zu reichen:
Ich horche immer. Gieb ein kleines Zeichen.
Ich bin ganz nah.

Nur eine schmale Wand ist zwischen uns,
durch Zufall; denn es könnte sein:
ein Rufen deines oder meines Munds -
und sie bricht ein
ganz ohne Lärm und Laut.

Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut.

Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen.
Und wenn einmal in mir das Licht entbrennt,
mit welchem meine Tiefe dich erkennt,
vergeudet sichs als Glanz auf ihren Rahmen.

Und meine Sinne, welche schnell erlahmen,
sind ohne Heimat und von dir getrennt.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Du, Nachbar Gott", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 6, first published 1905

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission

Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 159.


Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]

5. Was wirst du tun Gott?  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe?
Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?)
Ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?)
Bin dein Gewand und dein Gewerbe
mit mir verlierst du deinen Sinn.

Nach mir hast du kein Haus, darin
dich Worte, nah und warm, begrüssen.
Es fällt von deinen müden Füssen
die Samtsandale, die ich bin.
Dein großer Mantel läßt dich los.
Dein Blick, den ich mit meiner Wange
warm, wie mit einem Pfühl, empfange,
wird kommen, wird mich suchen, lange --
und legt beim Sonnenuntergange
sich fremden Steinen in den Schoss.

Was wirst du tun, Gott? Ich bin bange.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 36, first published 1905

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Que feras-tu, Dieu, quand je mourrai", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

6. Zum Einschlafen zu sagen  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüsste: die Nacht war kalt.
Und möchte horchen herein und hinaus
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf dich gelegt;
und sie halten dich sanft und lassen dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Zum Einschlafen zu sagen", written 1900, appears in Das Buch der Bilder, first published 1920

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "À dire pour endormir", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

7. Liebes‑Lied  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher [Geiger]1 hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Liebeslied", appears in Neue Gedichte, first published 1892

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Cançó d'amor", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Ruth Schonthal) , "Love song", copyright ©
  • ENG English (Elisabeth Siekhaus) , "Love song", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Chant d'amour", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Canto d'amore", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

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1 Martinsson: "Spieler"

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

8. Der Panther  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
       Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Panther", appears in Neue Gedichte, first published 1892

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "La panthère", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

9. Die Städte  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Die Städte aber wollen nur das Ihre
und reißen alles mit in ihren Lauf.
Wie hohles Holz zerbrechen sie die Tiere
und brauchen viele Völker brennend auf.

Und ihre Menschen dienen in Kulturen
und fallen tief aus Gleichgewicht und Maß,
und nennen Fortschritt ihre Schneckenspuren
und fahren rascher, wo sie langsam fuhren,
und fühlen sich und funkeln wie die Huren
und lärmen lauter mit Metall und Glas.

Es ist, als ob ein Trug sie täglich äffte,
sie können gar nicht mehr sie selber sein;
das Geld wächst an, hat alle ihre Kräfte
und ist wie Ostwind groß, und sie sind klein
[und ausgehohlt und warten, daß der Wein
und alles Gift der Tier- und Menschensäfte
sie reize zu vergänglichem Geschäfte]1.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 31

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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Stunden-Buch, Leipzig : Insel-Verlag, 1908, p.100

1 omitted by Medek.

Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]

10. Lied vom Meer  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Uraltes Wehn vom Meer,
Meerwind bei Nacht:
  du kommst zu keinem her;
wenn einer wacht,
so muß er sehn, wie er
dich übersteht:
  uraltes Wehn vom Meer,
welches weht
[nur wie für]1 Ur-Gestein,
lauter Raum
reißend [von]2 weit herein . . .

O wie fühlt dich ein
treibender Feigenbaum
oben im Mondschein.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Lied vom Meer", subtitle: "Capri. Piccola Marina", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Sharon Krebs) , "Song of the Sea", subtitle: "Capri. Piccola Marina", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission

View original text (without footnotes)

Confirmed with Rainer Maria Rilke, Die Gedichte, Frankfurt am Main: Insel Verlag, 1997, pages 546-547.

1 Jarnach: "wie nur für"; Zinsstag: "nur für die"
2 Apostel, Paulsen: "wie"

Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]

11. Erste Duineser Elegie  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel 
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem 
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, 
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf 
dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen
wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht, 
und die findigen Tiere merken es schon,
daß wir nicht sehr verläßlich zu Haus sind
in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht 
irgend ein Baum an dem Abhang, daß wir ihn täglich 
wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern 
und das verzogene Treusein einer Gewohnheit,
der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.
O und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum 
uns am Angesicht zehrt –, wem bliebe sie nicht, die ersehnte, 
sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen
mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter?
Ach, sie verdecken sich nur mit einander ihr Los.
Weißt du's noch nicht? Wirf aus den Armen die Leere
zu den Räumen hinzu, die wir atmen; vielleicht daß die Vögel 
die erweiterte Luft fühlen mit innigerm Flug.

Ja, die Frühlinge brauchten dich wohl. Es muteten manche 
Sterne dir zu, daß du sie spürtest. Es hob
sich eine Woge heran im Vergangenen, oder
da du vorüberkamst am geöffneten Fenster,
gab eine Geige sich hin. Das alles war Auftrag.
Aber bewältigtest du's? Warst du nicht immer
noch von Erwartung zerstreut, als kündigte alles
eine Geliebte dir an? (Wo willst du sie bergen,
da doch die großen fremden Gedanken bei dir
aus und ein gehn und öfters bleiben bei Nacht.)
Sehnt es dich aber, so singe die Liebenden; lange
noch nicht unsterblich genug ist ihr berühmtes Gefühl. 
Jene, du neidest sie fast, Verlassenen, die du
so viel liebender fandst als die Gestillten. Beginn
immer von neuem die nie zu erreichende Preisung;
denk: es erhält sich der Held, selbst der Untergang war ihm 
nur ein Vorwand, zu sein: seine letzte Geburt.
Aber die Liebenden nimmt die erschöpfte Natur
in sich zurück, als wären nicht zweimal die Kräfte,
dieses zu leisten. Hast du der Gaspara Stampa
denn genügend gedacht, daß irgend ein Mädchen,
dem der Geliebte entging, am gesteigerten Beispiel
dieser Liebenden fühlt: daß ich würde wie sie?
Sollen nicht endlich uns diese ältesten Schmerzen 
fruchtbarer werden? Ist es nicht Zeit, daß wir liebend
uns vom Geliebten befrein und es bebend bestehn:
wie der Pfeil die Sehne besteht, um gesammelt im Absprung 
mehr zu sein als er selbst. Denn Bleiben ist nirgends.

Stimmen, Stimmen. Höre, mein Herz, wie sonst nur 
Heilige hörten: daß sie der riesige Ruf
aufhob vom Boden; sie aber knieten,
Unmögliche, weiter und achtetens nicht:
So waren sie hörend. Nicht, daß du Gottes ertrügest
die Stimme, bei weitem. Aber das Wehende höre,
die ununterbrochene Nachricht, die aus Stille sich bildet. 
Es rauscht jetzt von jenen jungen Toten zu dir.
Wo immer du eintratst, redete nicht in Kirchen
zu Rom und Neapel ruhig ihr Schicksal dich an?
Oder es trug eine Inschrift sich erhaben dir auf,
wie neulich die Tafel in Santa Maria Formosa.
Was sie mir wollen? leise soll ich des Unrechts 
Anschein abtun, der ihrer Geister
reine Bewegung manchmal ein wenig behindert.

Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen, 
kaum erlernte Gebräuche nicht mehr zu üben,
Rosen, und andern eigens versprechenden Dingen
nicht die Bedeutung menschlicher Zukunft zu geben; 
das, was man war in unendlich ängstlichen Händen, 
nicht mehr zu sein, und selbst den eigenen Namen 
wegzulassen wie ein zerbrochenes Spielzeug.
Seltsam, die Wünsche nicht weiter zu wünschen. Seltsam, 
alles, was sich bezog, so lose im Raume
flattern zu sehen. Und das Totsein ist mühsam
und voller Nachholn, daß man allmählich ein wenig 
Ewigkeit spürt. – Aber Lebendige machen
alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden. 
Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter 
Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung 
reißt durch beide Bereiche alle Alter
immer mit sich und übertönt sie in beiden.

Schließlich brauchen sie uns nicht mehr, die Früheentrückten, 
man entwöhnt sich des Irdischen sanft, wie man den Brüsten 
milde der Mutter entwächst. Aber wir, die so große 
Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
seliger Fortschritt entspringt –: könnten wir sein ohne sie?
Ist die Sage umsonst, daß einst in der Klage um Linos
wagende erste Musik dürre Erstarrung durchdrang;
daß erst im erschrockenen Raum, 
dem ein beinah göttlicher Jüngling 
plötzlich für immer enttrat, das Leere in jene
Schwingung geriet, die uns jetzt hinreißt und tröstet und hilft.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die erste Elegie", appears in Duineser Elegien, no. 1

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Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Malcolm Wren [Guest Editor] , Joost van der Linden [Guest Editor]

12. Herbsttag  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los. 

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein. 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Herbsttag", appears in Das Buch der Bilder, first published 1920

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • CHI Chinese (中文) [singable] (Dr Huaixing Wang) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Elisabeth Siekhaus) , "Fall day", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Jour d'automne", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
  • GRE Greek (Ελληνικά) [singable] (Christakis Poumbouris) , "Φθινοπωρινή μέρα", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

13. O Herr, gib jedem seinen eignen Tod  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
O Herr, gib jedem seinen eignen Tod.
Das Sterben, das aus jenem Leben geht,
darin er Liebe hatte, Sinn und Not.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 6

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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):

  • ENG English (Walter A. Aue) , "Oh Lord, award to each his fitting death", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • ENG English (Bertram Kottmann) , "O Lord", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
  • ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Concedi a ognuno, o Dio, la sua propria morte", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission

Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Stunden-Buch, Leipzig : Insel-Verlag, 1908, p.86


Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]

14. Zwischen den Sternen  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Zwischen den Sternen, wie weit; und doch, um wievieles noch weiter,
was man am Hiesigen lernt.
Einer, zum Beispiel, ein Kind ... und ein Nächster, ein Zweiter —,
o wie unfaßlich entfernt.

Schicksal, es mißt uns vielleicht mit des Seienden Spanne,
daß es uns fremd erscheint;
denk, wieviel Spannen allein vom Mädchen zum Manne,
wenn es ihn meidet und meint.

Alles ist weit —, und nirgends schließt sich der Kreis.
Sieh in der Schüssel auf heiter bereitetem Tische,
seltsam der Fische Gesicht.

Fische sind stumm ..., meinte man einmal. Wer weiß?
Aber ist nicht am Ende ein Ort, wo man das, was der Fische
Sprache wäre, ohne sie spricht?

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 2, no. 20

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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]

15. Du mußt das Leben nicht verstehen  [sung text not yet checked]

Language: German (Deutsch) 
Du mußt das Leben nicht verstehen, 
dann wird es werden wie ein Fest. 
Und laß dir jeden Tag geschehen 
so wie ein Kind im Weitergehen 
von jedem Wehen 
sich viele Blüten schenken läßt.
Sie aufzusammeln und zu sparen, 
das kommt dem Kind nicht in den Sinn. 
Es löst sie leise aus den Haaren, 
drin sie so gern gefangen waren, 
und hält den lieben jungen Jahren 
nach neuen seine Hände hin.

Text Authorship:

  • by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title

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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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